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Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition)

Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Squires
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Gnade walten zu lassen. Auf gewisse Weise war sie die ehrenhafteste, tugendhafteste Frau, der er je begegnet war. Sie hatte die Verantwortung dafür übernommen, dass sie ihn mit ihrem Blut infiziert hatte. Sie wollte die Verantwortung dafür übernehmen, dass Asharti freigelassen wurde. Wie seltsam, das von einer Kurtisane zu denken, von einem Vampir, der menschliches Blut trank.
    »So sei es denn«, stimmte Sincai zu. »Vielleicht sollte sie wirklich begnadigt werden, Kätzchen. Aber ich denke, dass eine Zeit der inneren Einkehr nötig ist.« Sincai wandte sich an Asharti. Seine Stimme wurde unerbittlich. »Dir ist es nicht erlaubt, Vampire zu schaffen. Du wirst keine politischen Intrigen mehr spinnen. Ich schlage für den Anfang vierzig Tage und Nächte in der Wüste vor, oder besser vielleicht vierzig Jahre. Ich werde dich persönlich dorthin begleiten.«
    »Brauchst … brauchst du Hilfe?«, fragte Beatrix mit leiser Stimme und errötete.
    John wappnete sich innerlich. Er hatte gewusst, das es geschehen würde. Seine Aufgabe war es, stillzuhalten und abzuwarten.
    Stephan ging zu Beatrix. Er schob ihr eine der Locken, die so roh beschnitten worden waren, aus der Stirn. »Wir müssen reden.« Er sah zu Khalenberg. »Kann ich Sie vielleicht dazu bringen, unsere Möchtegernkaiserin zu beaufsichtigen?«, fragte er leise, während er schon wieder Beatrix ansah.
    Khalenberg presste die Lippen zu einem dünnen Strich zusammen. Aber er protestierte nicht.
    Sincai bemerkte es nicht. »Komm, Kätzchen.« Er nahm ihre Hand.
    Beatrix schaute zu ihm auf und folgte ihm in die Dunkelheit.
    John schluckte und sah die beiden davongehen. Das war es. Der Würfel war gefallen. Er würde allein zurückbleiben, allein in seiner Verdammnis. Er holte tief Luft. Es gab noch immer die Guillotine. Aber bei dem bloßen Gedanken an die scharfe Klinge erhob sich sein Gefährte protestierend in ihm. Er erschauerte vor Abscheu und wusste, dass er es niemals tun könnte. Vielleicht hatte ihm das alte Blut Sincais den Willen zum Selbstmord geraubt, so wie es ihm genug Kraft gegeben hatte, die Place de Grève noch rechtzeitig zu erreichen. Ein fairer Handel, alles in allem: ewige Verdammnis dafür, dass Beatrix lebte.

Kapitel 24
    B eatrix folgte Stephan durch das Mittelschiff der Kirche. Unglaubliche Massen von Stein balancierten auf dem gebogenen Maßwerk über ihnen in der Dunkelheit. Kirchen waren ein Ort der Kontemplation, an dem man seine Seele betrachtete und herausfand, was zu tun war. Sie hatte noch nie weniger als jetzt gewusst, was sie tun sollte, und in ihrer Seele fand sich nicht die Spur von Ruhe.
    Was war geschehen? Sie hatte die Kraft gefunden, dem Tod zu widerstehen. John war zu ihr gekommen. Hing beides zusammen? Jerry war gestorben, obwohl er sie gerettet hatte, und sie hatte es nicht verhindern können. Und Stephan – Stephan war hier nach all diesen Jahrhunderten. John hatte ihn geholt, und er war gekommen. Sein liebes Gesicht war irgendwie anders als das in ihrer Erinnerung, aber jetzt, da sie ihn gesehen hatte, vermochte sie nicht zu sagen, was anders war. Ihre Gedanken wirbelten durcheinander. Sie hatte ihn geliebt. Er hatte sie als Experiment betrachtet. Dafür hatte sie ihn gehasst. Jetzt hasste sie ihn nicht. Was fühlte sie? Sie wandte sich in der Dunkelheit um. Sie sah John dort stehen. Die Hände in die Taschen vergraben, starrte er ihr nach. Wenn Stephan jetzt sagen würde: »Komm mit mir, Kätzchen, es bist immer nur du gewesen« – was würde sie tun?
    Sie schüttelte den Kopf. Stephan würde das nicht sagen. Und John wollte kein Ungeheuer an seiner Seite. Er war ihr aus einem Gefühl der Verpflichtung heraus zu Hilfe gekommen, weil sie ihn vor Asharti gerettet hatte. Wenn Naivität Kraft erforderte, dann erforderte sie auch die Gelegenheit.
    »Bea …«
    Beim Klang von Stephans Stimme wandte sie sich um. Ein Lächeln zitterte auf ihren Lippen. Verdammt! Sie wollte nicht zittern. »Stephan?« Das war alles, was sie herausbrachte.
    »Es gibt Dinge, die gesagt werden müssen.«
    Sie stieß den Atem aus, den sie angehalten hatte. »Was müsste denn nach all der Zeit noch gesagt werden?«
    »Du hast gedacht, ich hätte dich nicht geliebt. Aber das habe ich.«
    Sie zuckte zusammen, als ihr bewusst wurde, dass er in der Vergangenheitsform sprach. Rechtfertigung und Bedauern mischten sich zu etwas, das sie weder verkraften noch verstehen konnte. Aber sie sagte nichts.
    »Das Verdammte daran war, dass ich Asharti lieben

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