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Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition)

Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Squires
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dekadent halten?«
    »Sie war nur einige Jahre älter als ich. Aber ich denke, der eigentliche Skandal war, dass sie meine Halbschwester war.« Er sagte es kalt, um sie zu schockieren. Sein Mund war hart.
    Sie schwieg kurz. »Nun, das sollte bei Landadligen als dekadent durchgehen.« Sie zuckte die Schultern.
    »Ich vermute, dass das für jemanden, der in Milch badet und die Crème de la Crème der Londoner Gesellschaft ›unterhält‹, nicht aus dem Rahmen des Gewöhnlichen fällt.« Seine Stimme klang bitter.
    Sie sah ihm prüfend in die Augen. Sie blickten hart, aber nicht grausam drein. Er war verletzt worden. Er hatte Dinge getan, auf die er nicht stolz war. Sein noch kurzes Leben hatte ihm bereits einige Ohrfeigen verpasst. Aber er hatte Wahrheit in sich, eine Mitte. Es lag in seinen Augen. Er wandte den Blick ab. Wie anrührend, dass es ihn noch immer schmerzte! Sie hatte beschlossen, dass niemand sie je wieder verletzen würde, nicht Asharti … nicht Stephan … nicht einmal ihre Mutter. »Ich denke«, sagte sie, »dass junge Männer von achtzehn Jahren sich wie wahnsinnig in höchst unpassende Partnerinnen verlieben, und dass es an ihren Eltern oder einem Mentor ist, sie zu führen und zu beschützen. Zu beschützen vor den Konsequenzen daraus, zu jung zu sein und einen zu starken Geschlechtstrieb zu haben und obendrein noch romantisch zu sein. Es scheint, dass man Sie im Stich gelassen hat.«
    Seine Augen weiteten sich fast unmerklich.
    Sie fuhr fort. »Ich würde wetten, Sie wussten nicht einmal, dass sie Ihre Halbschwester war. Nach allem, was ich von eurer Aristokratie weiß, könnte das Land vor Halbgeschwistern wimmeln. Ich habe gehört, dass Lady Jerseys Kinder ›die Sammlung‹ genannt werden, weil sie so viele verschiedene Väter haben.«
    Er schluckte; offensichtlich war er sich nicht sicher, was er darauf erwidern sollte. Dann fasste er sich. »Sie sind sehr kritisch für jemanden von Ihrem Ruf.«
    »Sie meinen doch wohl: ›sehr scheinheilig‹«, korrigierte sie ihn. »Und Sie sind sehr selbstkritisch. Ich wette, Sie haben sich geradezu auf die Aufgabe gestürzt, genauso schlecht zu werden, wie jeder es von Ihnen glaubt. Der Kontinent? Das ist der übliche Zufluchtsort für junge Männer mit gebrochenem Herzen.« Sie sah, dass sie ins Schwarze getroffen hatte. Sie konnte nichts gegen die Weichheit tun, die sich in ihr Lächeln schlich. »Der gute Ruf … nun, mein Ruf ist nicht verdienter als Ihrer, vielleicht sollten wir daher einen Waffenstillstand vereinbaren.« Seine Augen zeigten deutlich seine Betroffenheit. Sie zog eine Augenbraue hoch.
    Für einen Moment glaubte sie, er könnte zurückschießen und irgendeine Bemerkung zu ihrem Ruf machen, um zu versuchen, sie aus der Reserve zu locken. Aber offensichtlich erkannte er, dass er so nur verlieren konnte, auch wenn es ebenso rüde wie befriedigend gewesen wäre. Er atmete aus und schaute zu Boden. Dann hob er den Kopf und sah sie direkt an. »Einverstanden.« Er machte eine kurze Pause und räusperte sich. »In diesem Fall sollten wir noch einmal von vorn anfangen –«
    In diesem Augenblick stieß Ponsonby mit zweien seiner Freunde zu ihnen. »Verzeihen Sie, Gräfin, aber diese Burschen lauerten mir am Champagnerbrunnen mit gezücktem Messer auf.« Der Junge war niemals weniger willkommen gewesen als in diesem Moment. Er stellte Lord Sherrington vor. Melly kannte sie bereits. Sherrington sah aufgeregt aus. Er war ganz offensichtlich auf eine Einladung in ihren Salon aus.
    Beatrix war es plötzlich leid, so en vogue zu sein. Was bedeuteten ihr all diese jungen Bewunderer? Ihre Bewunderung war so leicht gewonnen, dass sie keinen Wert hatte. Doch sie würden sich als willige Quelle erweisen, um die Bedürfnisse ihres Gefährten zu befriedigen. Sie seufzte. »Sie müssen kommen und mich besuchen. Ich werde Ihnen eine Einladung schicken; falls Sie also am nächsten Donnerstag frei sind …«
    »Ab-ab-absolut«, stammelte Sherrington. Seine Krawatte war so gewaltig, dass sie in seine Wangen stach. Sein blondes, gewelltes Haar lockte sich an den Ohren.
    »Ich werde ihn mitbringen«, bestätigte Melly mit einer Stimme, die er tief und schroff klingen zu lassen versuchte. Sein Versuch wirkte lächerlich im Vergleich zu Langleys natürlichem Vibrato, aber er bemerkte es nicht.
    »Natürlich werden Sie auch da sein, lieber Ponsonby.« Es war fast drollig, ihn so aufstrahlen zu sehen.
    »Lady Lente, zu Ihren Diensten.« Langley machte auf dem Absatz

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