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Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition)

Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Squires
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ihn persönlich gerichtete Nachricht in seine Räume, ein Abend voll der Aufmerksamkeit, die ausschließlich ihm galt; so einfach war es gewesen. Männern gefiel es, wenn man ihnen huldigte. Dann die geseufzte Enthüllung, dass sie leider nicht auf der Gesellschaft am kommenden Abend dabei sein würde, und … die Einladungskarte war um zehn Uhr am Sonnabendvormittag gekommen.
    Eine Kurtisane in einer solchen Situation hatte zwei Möglichkeiten. Sie konnte versuchen, sich in die Masse einzufügen und dabei demütiger und angenehmer als jeder andere aufzutreten. Oder sie konnte sich dafür entscheiden aufzufallen und all jenen ein Dorn im Auge zu sein, die der Meinung waren, sie sollte nicht anwesend sein. Beatrix entschied sich stets fürs Auffallen.
    Als sie jetzt die Treppe zum großen Säulenvorbau von Bessborough House hinaufging, war sie die Ruhe in Person. Ihr Zobelumhang und der Muff schützten sie vor dem rauen Märzwind. Das Kleid darunter war aus schwerem, dunkelrotem Satin und es würde, das wusste Beatrix schon jetzt, den Neid jeder Frau im Raum wecken, ganz egal wie abfällig sie darüber tuscheln würden, dass die Farbe zu dunkel war, um modisch zu sein. Sie machte sich nichts aus den winzigen Puffärmeln, die in Mode waren, deshalb trug sie die Ärmel bis zu den Ellbogen. Die Schneiderin hatte sie am Saum je mit einem Schlitz versehen, aus dem, der Mode des sechzehnten Jahrhunderts entlehnt, cremefarbene Spitze hervorlugte. An dem eckigen Dekolleté, das Gefahr lief, jeden Moment gesprengt zu werden, wiederholten sich sowohl die Spitze als auch die Schlitze. Dazu trug sie Granatsteine, rostrot und verteilt in einem Nest aus Gold um den Hals sowie auf den Nadeln, die in ihrem Haar funkelten, und an ihren Ohren.
    Sie ließ sich vom Diener den Umhang abnehmen. Er war vielleicht nicht hier, sollte er sich von seiner Verletzung noch nicht erholt haben. Ein nagender Wurm der Enttäuschung fraß sich durch Beatrix, doch sie verdrängte ihn. Sie war hier, weil es sie amüsierte, seine Herausforderung anzunehmen. Sollte er sie zufällig sehen, so würde er vielleicht noch nachträglich die Gelegenheit zu schätzen wissen, die er vorgestern zurückgewiesen hatte; aber das war ihr gleichgültig. Natürlich konnte sie ihm nicht wirklich seine Ablehnung vorhalten, wenn er sich zu schwach gefühlt hatte, seinen Teil zu tun. Bedeutete das, sie würde ihm eine zweite Chance geben? Sie und Ponsonby stiegen die Treppe hinauf.
    »Beatrix Lisse, Gräfin von Lente.« Ponsonby stellte sie seinen Eltern genau in dem Durchgang zu dem großen, in der ersten Etage gelegenen Ballsaal vor. Beatrix spürte die Verachtung der Herzogin deutlich. Aber sie war schon von bedeutenderen Frauen als der Herzogin verachtet worden. Sie lächelte der Frau zu, die einmal sehr schön und eine intime Freundin des Prinzregenten gewesen war. Sie ließ ihren Blick über deren Kleid aus apfelgrüner Seide und den Turban mit der Feder gleiten. Sie neigte den Kopf zu einem Nicken, gerade ausgeprägt genug, um nicht unhöflich zu sein, aber doch keinesfalls unterwürfig.
    »Lady Bessborough«, murmelte sie. »Vielen Dank für die Einladung.«
    Die Herzogin sah verwirrt aus. Beatrix konnte spüren, dass Ponsonby errötete. Natürlich hatte seine Mutter nichts davon gewusst. »Viel Vergnügen«, sagte Lady Bessborough und verzog den Mund missbilligend.
    »Dank Ihres liebenswürdigen Sohnes werde ich dieses Vergnügen gewiss haben«, murmelte Beatrix und ging weiter. Sollte die gute Herzogin eine Weile darüber zu grübeln haben. Von der Tür aus ließ sie den Blick über die Menge schweifen, während Ponsonby sich bei seiner Mutter unter Stammeleien entschuldigte. Sie entdeckte die hochgewachsene Gestalt nicht, nach der sie suchte.
    Doch halt! Dort war er. Er stand abseits in einer Ecke und beobachtete die Gäste, obwohl die meisten Anwesenden im tanzfähigen Alter sich in der Mitte des Saales drehten. Seine Augen waren genauso zynisch und grün, wie sie sie in Erinnerung hatte. Sie sah, dass er ohne große Erwartung zum Eingang schaute, ganz so, als hätte er schon den ganzen Abend dorthin geschaut. Voller Genugtuung sah sie, dass sein Blick erkennend auf ihr verweilte. Sie erwiderte den Blick unerschrocken. Touché. Sie war hier.
    Ponsonby trat an ihre Seite und folgte ihrem Blick. »Langley«, rief der junge Colonel und hob die Hand. Er wandte sich aufgeregt an Beatrix. »Ich habe gesehen, wie er Hackfleisch aus drei Schlägertypen gemacht hat.

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