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Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition)

Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Squires
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Ellbogen stützen konnte. Auf dem Kanonendeck mochte es im Licht des späten Nachmittags dämmrig sein, aber John musste dagegen blinzeln, denn er war das Tageslicht nicht mehr gewöhnt. »Das habe ich doch gesagt, oder, Dupré?«
    »Du hast es gesagt.« Dupré wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Rose mit Teer zu bewerfen …«
    John schloss die Augen. Er war noch immer steif vom Auspeitschen, obwohl sie ihm gesagt hatten, dass es länger als eine Woche zurücklag. Seine Lippen waren aufgesprungen, sein Mund fühlte sich wie Wolle an. »Du hast damit angefangen, Reynard«, krächzte er.
    »Du hättest mich eben nicht nachäffen sollen«, murmelte Reynard, während er John half, Wasser aus einem Blechbecher zu trinken. »Langsam, Bruder. Du bist so schwach wie ein Kätzchen. Wir dachten, du wärst tot.« Er berührte Johns Schulter, wo die Kugel von Calais für einen rosafarbenen Kreis neuer Haut gesorgt hatte, und betrachtete die anderen Narben. Es gab viele davon, zwölf Jahre Geheimdienst waren auf seinem Körper verewigt.
    Dupré stand über ihn gebeugt. »Für einen Kaufmann scheinst du aber schon eine Menge erlebt zu haben.«
    John war zu benommen, um sich mit ihm auf einen Schlagabtausch einzulassen. »Ich habe dir ja gesagt, was mit mir ist«, murmelte er.
    »Und die Marseillaise zu singen – das war richtig dumm von dir.« Dupré schüttelte den Kopf.
    Eine näselnde Stimme erklang hinter Dupré. »Ich habe ein wenig Salbe retten können, falls der Gentleman sie gebrauchen kann.« Ein blasser junger Mann nickte und hob die Hand zum Marinegruß.
    »Danke«, raunte John.
    Reynard nickte dem Seemann zu und nahm die Salbe. »Die Marseillaise zu singen war dumm«, wiederholte er. »Aber ihr Geist könnte einige von uns gut und gern am Leben gehalten haben angesichts dessen, was danach geschehen ist.«
    »Was hat Rose getan?«, fragte John mit rauer Kehle, während er dem Seemann nachsah.
    Reynard und Dupré drehten John mit vereinten Kräften auf den Bauch. »Er hat uns alle auf dem Toppdeck antreten lassen, wo wir wie die Sardinen stehen mussten.« Raue Hände verrieben die Salbe auf seinem Rücken. John biss die Zähne zusammen, um nicht aufzuschreien. »Er hat eine Pumpe und einen Wasserschlauch in ein Boot bringen lassen, das um das Gefängnisschiff gerudert wurde. Und dann hat er den Rest des Tages und den größten Teil der Nacht eiskaltes Wasser auf uns spritzen lassen.« Reynards Stimme senkte sich unheilvoll. »Einige sind krank geworden, so wie Dupré. Wir haben seitdem sechs Mann verloren.«
    »Ich werde schon wieder«, sagte Dupré gereizt. Aber er musste schon wieder husten, und der Husten klang nach Auswurf. »Eine Grippe, die vorbeigehen wird, weiter nichts.«
    John sah den Ausdruck in Reynards Augen und wusste, dass er das Schlimmste befürchtete.
    »Du bist auch nicht gerade auf dem Posten«, sagte Reynard zu John. »Das Dreckwasser in dem verdammten Loch ist in deine Wunden eingedrungen. Du glühst vor Fieber.«
    »Ich bitte um Entschuldigung«, ließ sich eine sanfte Stimme vernehmen.
    John wandte den Kopf. Die Striemen auf seinem Rücken kreischten vor Schmerz. Ein schüchterner Mann mittleren Alters, der aussah, als gehörte er eher in eine Bäckerei als auf ein Gefängnisschiff, hielt Reynard eine Holzschüssel hin. »Wir haben etwas von dem Fleisch gesammelt, das wir heute von den Dieben in Portsmouth bekommen haben. Und wir haben von einem Matrosen etwas Grog eingetauscht. Wir dachten, es könnte Sie wieder ein bisschen aufmöbeln.«
    John brachte ein schiefes Lächeln zustande. »Ein bisschen Aufmöbeln könnte ich gebrauchen, denke ich. Ich habe nichts, was ich Ihnen dafür geben könnte. Sie haben mir all mein Geld abgenommen.«
    »Oh, nein, Sir«, wehrte der Mann entsetzt ab. »Sie dürfen nicht denken, dass wir bezahlt werden wollten.«
    »Danke«, sagte John, gerührt, dass sie das bisschen teilten, was sie hatten. »Danken Sie auch den anderen.«
    Reynard nahm die Schüssel. Der Mann verbeugte sich und ging davon. Reynard wandte sich an John.
    »Rose hat eingelenkt?«, krächzte John.
    Reynard berührte sanft seine Lippen mit der klebrigen Salbe. »Wenn du damit meinst, dass er die Händler wieder an Bord lässt – ja. Er wird sich ja nicht ins eigene Fleisch schneiden«, sagte Reynard. »Und Garneray hat seine Materialien bekommen und einen neuen Handel begonnen.«
    »Sammelt Rose das Geld von uns ein oder von den Händlern?«, fragte John. Plötzlich war das

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