Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition)
mit ihm eingelassen hatte? All die Verletzungen der verflossenen Jahre stürmten auf sie ein. Mutter, Stephan, Asharti … Wie konnte sich je etwas ändern? Die Dunkelheit sammelte sich … »Melde dich, wenn du zurück bist. Vielleicht können wir eine weitere Nacht wie diese verabreden. Es hat mir gefallen.«
Seine Miene wurde hart, nachdem so etwas wie Erschrecken darin aufgeblitzt war. »Es könnte eine Zeit lang dauern.«
Sie zuckte die Schultern und richtete sich auf. »Ganz wie du willst, Liebster.« Es gelang ihr irgendwie, es nicht nach einem Kosewort klingen zu lassen. »Wenn ich dann nicht schon verabredet bin, kannst du auf eine Nacht voller Lust zählen.«
Er schwang sich aus dem Bett. Sie sah die rosafarbenen Streifen auf seinem Rücken, die bald vernarbt sein würden. Er hatte sie vergessen, nachdem er sich so viele Stunden gesorgt hatte, sie könnte sie sehen. Sie wandte sich ab, gerade als er sich erschreckt umdrehte, weil er seinen Fehler bemerkt hatte. »Soll ich jemanden nach deinen Tageskleidern schicken?«
»Ich werde es wohl so, wie ich bin, riskieren«, knurrte er und zerrte sich das Hemd über den Kopf.
Sie hatte einen Knoten im Magen, es schnürte ihr die Kehle zu. Zum Teufel mit ihm! Sie wickelte sich in die schwere Bettdecke und stand auf; sie wollte nicht, dass er sie noch einmal nackt sah. »Ich nehme an, du möchtest kein Frühstück?«, fragte sie. Ihr Angriff war reine Selbstverteidigung. Er sah kampflustig aus. »Nein? Nun, denn.« Sie floh ins Ankleidezimmer und zog einen roséfarbenen Morgenrock über. Sie konnte spüren, wie sie rot wurde. So lange lebte sie schon, und noch immer konnte sie es nicht verhindern, dass ihr das Blut in die Wangen stieg!
Langley verbeugte sich, ein Mal, sehr formell. Er war angekleidet, auch wenn sein Krawattentuch jetzt nachlässig gebunden war. »Zu Ihren Diensten, Gräfin«, sagte er steif.
»Nicht doch«, entgegnete sie. »Das Vergnügen war ganz auf meiner Seite.«
Er wandte sich zum Gehen. Die Tür schloss sich hinter ihm. Er war fort.
Sie blinzelte erschrocken. Dunkelheit lauerte in den Ecken des Zimmers. Bevor sie sich wehren konnte, überfielen sie die Erinnerungen. Ihre Mutter, Stephan … und nach Stephan hatte sie sich an Asharti geklammert, weil sie der einzige Ausweg war, der irgendwohin zu führen schien … O Gott im Himmel …
Burg Sincai, Transsilvanische Alpen, 1105
Nachdem Beatrix Stephan mit Liebe getröstet hatte, als würden seine Bekenntnisse und sein Verrat nicht zählen, war sie zwischen den widerstreitendsten Gefühlen hin und her gerissen. Sie liebte Stephan. Er brauchte sie. Aber ganz egal, was er sagte, er erwiderte ihre Liebe nicht. Wie konnte er das, wenn er sagte, er liebte Asharti ebenso? Sie brauchte jemanden, der ihr sagte, was sie tun sollte. Stephan war der Einzige gewesen, an den sie sich um Rat wenden konnte, wenn sie verwirrt war oder litt. Jetzt konnte er ihr nicht helfen.
Wer würde das verstehen? Die Antwort überraschte sie. Asharti musste gewusst haben, dass Stephan mit ihnen beiden schlief. Wie ging es ihr damit? Sie war nur wenige Jahre älter, aber sie hatte in der Gesellschaft der Menschen gelebt, während Beatrix fast nur außerhalb der Menschenwelt existiert hatte. Konnte sie sich überwinden, ihre Rivalin um Rat zu fragen?
Es war ein Zeichen für den Aufruhr in ihr, dass sie sich entschloss, es zu versuchen. Sie schlüpfte aus dem Stall. Stephan schlief im frischen Heu unter einer Pferdedecke. Beatrix betrat den Wohnturm und stieg die gewundene Treppe zu Ashartis Zimmer hinauf. Sie stieß die schwere Holztür auf, ohne um Einlass zu bitten. Sie war nicht sicher, ob Asharti würde mit ihr reden wollen, und so wollte sie ihr erst gar keine Wahl lassen.
Der Anblick, der sich ihr bot, verwirrte sie. Die Decken des Bettes, erhellt nur vom Schein des Feuers im Kamin, schienen zu leben, bewegten und hoben sich. Ein seltsames zweifaches Stöhnen drang darunter hervor. Dann fiel die Decke zur Seite und enthüllte Ashartis geschmeidigen, nackten Rücken; das schwarze Haar hing ihr bis zur Taille, als sie sich aufsetzte. Sie saß mit gespreizten Beinen über einem Jungen, der sich an ein paar Kissen lehnte. Beatrix erkannte in ihm einen der Stallknechte. Blut rann seinen Hals hinab. Der Junge hob Ashartis Hüften an, und sie presste sich gegen seine Lenden. Ihre Leiber waren von einem leichten Schweißfilm bedeckt und glänzten im Feuerschein.
Beatrix stand wie angewurzelt da, während die
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