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Der Ruf des Abendvogels Roman

Titel: Der Ruf des Abendvogels Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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als Nerida im Esszimmer einen riesigen Gong anschlug, dessen Klang im ganzen Haus nachzuhallen schien.
    »Das Essen ist fertig«, erklärte Victoria und stand auf. »Ich hoffe, du bleibst, Ethan?«
    »So sehr ich deine Gesellschaft schätze, Victoria, aber du weißt, dass ich Curry nicht gerade liebe«, gab er vorsichtig zurück.
    »Aber du magst doch Dhal und Fladenbrot. Ich habe Sanja eigens für dich etwas backen lassen!«
    Tara sah, dass Ethan lieber zu seinen Kamelen zurückgekehrt wäre, doch eine so großzügige Einladung konnte er nicht ablehnen. Sie folgten Victoria ins Esszimmer, wo ein riesiger gedeckter Tisch mit feinem Geschirr auf Platzsets aus Bambusgeflecht auf sie wartete. Die erstickende Hitze hing trotz der weit geöffneten Türen und Fenster im Raum, und ein heißes Mittagessen war so ziemlich das Letzte, wonach Tara jetzt zumute war. Sie spürte einen unwahrscheinlichen Durst, hatte jedoch absolut keinen Appetit.
    In der Mitte des Tisches standen verschiedene Platten mit dampfenden Gerichten, die Tara vollkommen fremd waren. Als sie gerade im Begriff waren, sich zu setzen, tauchte zu ihrer Überraschung Tadd Sweeney von irgendwoher auf, und sie beobachtete verblüfft, wie er Victoria den Stuhl zurechtrückte und dann wie selbstverständlich neben ihr Platz nahm.
    Der Koch hatte sich offensichtlich viel Mühe gemacht. In der Mitte stand eine silberne Schüssel mit dunklem, stark gewürztemFleisch – das ›Rinder-Vindaloo‹. Sogar der aufsteigende Dampf schien scharf zu sein, soweit man das feststellen konnte. Eine andere Schüssel enthielt gedämpften Reis, außerdem gab es eine Platte mit flachem, indischem Fladenbrot und kleinere Schüsseln mit Zutaten für das Currygericht. Außerdem gab es noch einen grünlichen Brei, den Nerida auf die Teller der Kinder löffelte.
    »Was ist denn das für ein grünes Zeug?«, fragte Jack und rümpfte die Nase.
    Tara hob die Hand, um das Mädchen daran zu hindern, ihm zu viel aufzutun, denn sie fürchtete, er werde es nicht essen. In diesen schweren Zeiten kam die Verschwendung von Essen fast einem Verbrechen gleich. Und hier im Haus ihrer Tante war es Tara noch unangenehmer als anderswo, so sorglos Victoria auch immer tun mochte.
    »Jack, bitte achte auf deine Manieren«, ermahnte sie den Jungen und fühlte, wie ihr aus Verlegenheit die Röte in die Wangen stieg. Der Junge senkte den Kopf und setzte eine trotzige Miene auf, die Tara sich nicht recht erklären konnte.
    Zum Glück bemerkte Victoria Jacks Verstimmung nicht und lachte nur. »Das ist Dhal, mein Junge. Es wird aus Linsen und Gewürzen zubereitet und schmeckt wirklich gut.«
    »Es sieht eher aus wie das Futter in Hannibals Maul«, murmelte er, und Tara warf ihm einen warnenden Blick zu. Dann jedoch unterdrückte sie ihren Ärger, bemüht, das sehr lebhafte Bild zu verdrängen, das Jacks Worte in ihr hervorgerufen hatten, und wandte sich Hannah zu. Während sie noch überlegte, was sie der Kleinen außer Brot anbieten sollte, starrte sie fassungslos auf das Durcheinander, das Hannah gerade anrichtete, indem sie das Dhal und den Reis von ihrem Teller auf Tisch und Boden verteilte. Tara nahm ihr den Löffel ab und warf Nerida einen Hilfe suchenden Blick zu, während sie eine Serviette ergriff.
    »Hannah, das ist ungezogen«, sagte sie leise, während Nerida aus der Schublade des Sideboards noch mehr Servietten zumVorschein brachte. Die Augen der Kleinen füllten sich mit Tränen. Tara fürchtete einen neuen Ausbruch und gab ihr ein Stück Brot, um sie zu beschäftigen, während sie selbst Nerida half, alles wieder wegzuwischen. Sie hockte noch auf Knien unter dem Tisch, als plötzlich etwas zwischen den Tischbeinen hervorschoss. Beinahe hätte sie laut aufgeschrieen.
    »Nur eine Maus«, flüsterte Nerida. »Sie sind hier eine Plage!«
    Kurz darauf hörte man hinter dem Sideboard das Geräusch einer zuschnappenden Falle, und Nerida erklärte mit breitem Lächeln: »Gefangen!«
    Als Tara sich einigermaßen gefasst hatte und wieder auf ihrem Platz saß, stellte sie entsetzt fest, dass Hannah das Brot in kleine Stückchen gerissen hatte und den Reis mit den Fingern aß. Allerdings fiel mehr davon auf ihr Kleid und den Stuhl, als sie tatsächlich zum Mund führte.
    »Vielleicht sollten Sie sie füttern«, meinte Ethan leise.
    Tara errötete. Sie hatte noch gar nicht darüber nachgedacht, dass das kleine Mädchen vielleicht nicht gewohnt war, bei Tisch selbstständig zu essen. Auf der Reise hatte Hannah

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