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Der Ruf des Abendvogels Roman

Titel: Der Ruf des Abendvogels Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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selbst die Zügel in der Hand zu halten. Tara warf Tadd einen Blick zu und überlegte, ob er Victoria vielleicht absichtlich von sich abhängig gemacht haben konnte. Als sie zu Ethan hinüberschaute, stellte sie fest, dass dieser Tadd und Victoria ebenfalls aufmerksam beobachtete. Ob er dasselbe dachte wie sie? Ihre Tante war nicht mehr die Frau, die sie einmal gewesen war, die unabhängige, willensstarke Persönlichkeit, die sich im Umkreis von einigen Hundert Meilen den Respekt der Nachbarn erarbeitet hatte.
    »Ich bin sicher, dass du es auch so geschafft hättest, Tante Victoria«, sagte sie lächelnd in der Hoffnung, das angeschlagene Selbstbewusstsein der Älteren wieder ein wenig aufzurichten. »Jeder hier spricht in höchsten Tönen von deinen Fähigkeiten. Ahnst du wirklich nicht, wie sehr man dich für die Leitung dieser große Farm bewundert?«
    Victoria wirkte sehr überrascht. »Du übertreibst bestimmt maßlos«, gab sie zurück, doch Tara sah, dass ihre Worte sie gefreut hatten.
    »Niemand könnte das ganz allein bewerkstelligen, Tara«, wandte Tadd ein, und Victorias schwaches Lächeln erlosch.
    »Das sehe ich ein«, erwiderte Tara vieldeutig.
    »Man braucht fähige Angestellte – und ich habe mit meinen Glück gehabt«, meinte Victoria.
    »Ganz sicher«, stimmte ihre Nichte ihr zu. »Aber Führungsqualitäten sind auch sehr wichtig.«
    Wieder strahlte Victoria vor Freude. »Ich bin nicht gerade das,was man eine Führungsperson nennt – ich war immer gern draußen bei den Schafen und Rindern.«
    »Mein Gott, Tante Victoria, du hast dich wirklich sehr verändert seit der Zeit, als du nur die gehobene Gesellschaft und ihre Partys im Kopf hattest!«, stellte Tara lachend fest.
    Victoria stimmte ein wenig verlegen in das Lachen mit ein. »Ich weiß, dass ich nicht mehr dieselbe bin. Ich habe mich gehen lassen. Aber man darf sich auch keine Gedanken über sein Aussehen machen, wenn man ständig staubbedeckt im Schafsdung herumläuft, sonst wird man verrückt. Die Arbeit hier draußen hat mir so viel Befriedigung verschafft – viel mehr als all diese Partys mit ihrem leeren Geschwätz! Hier habe ich das Gefühl gehabt, etwas sehr Lohnendes zu tun, und nach einem Tag im Sattel habe ich immer wunderbar geschlafen. Wenn nur meine Augen mich nicht im Stich lassen würden ...« Sie starrte wehmütig vor sich hin, offensichtlich die alten Zeiten zurückwünschend. Tadd jedoch zuckte nur mit den Schultern, als sei all das völlig unwichtig.
    »Wir werden alle nicht jünger, stimmt’s?«, meinte er mit gezwungener Fröhlichkeit. »Zum Glück habe ich noch ein paar Jahre mehr Zeit, aber bei mir wird auch der Tag kommen, an dem ich nicht mehr so arbeiten kann, wie ich es gewohnt war. Irgendwann fangen die alten Knochen an zu knacken, oder, wie in deinem Fall, Victoria, es lassen einen die Augen im Stich.«
    »Meine Tante ist nicht blind, Mr. Sweeney«, sagte Tara.
    »Nein, natürlich nicht ... Ich meine ...«
    Ohne ihn weiter zu beachten, wandte sich Tara Victoria zu. »Wann bist du das letzte Mal geritten?«, fragte sie sanft.
    »Das ist jetzt fast ein Jahr her.«
    »Meinst du, dass du es noch kannst?«
    »Das verlernt man nie. Aber meine Augen ...«
    »Tara könnte doch mit dir ausreiten«, schlug Ethan vor. »Deine treue alte Stute würde dich sicher nicht auf Abwege führen!«
    Victoria begann zu strahlen. »Würdest du das tun, Tara? Taddhat keine Zeit, Kindermädchen für mich zu spielen, aber ich würde so gern einen Ritt um die Farm machen.«
    »Natürlich – sogar sehr gern!« Ein Blick in Tadd Sweeneys Richtung sagte Tara, dass dieser alles andere als glücklich war. Doch ihr war nicht ganz klar, ob er sich um Victorias Sicherheit sorgte oder ob es ihm nicht recht war, dass sie nun wieder beweglicher wurde. Misstrauisch geworden überlegte Tara, ob er vielleicht etwas zu verbergen hatte.
    »Ethan hat mich heute Morgen mit Nugget bekannt gemacht«, wandte sie sich wieder an ihre Tante. »Er war dabei, Schafe zu treiben, und sagte irgendetwas von einer Heuschreckenplage.«
    »Nugget ist ein guter Arbeiter«, meinte Victoria lächelnd. »Wenn die Heuschrecken wirklich unterwegs sind, dann werden wir sie bald eimerweise aus dem Haus fegen können!«
    Taras Augen wurden bei dieser Vorstellung vor Schrecken ganz groß.
    »Man muss ihn ständig antreiben«, ließ sich jetzt Tadd zum Thema Nugget vernehmen. »Diese Eingeborenen sind manchmal verdammt faul!«
    Tara blickte zu Nerida hinüber, sah, wie sich

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