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Der Ruf des Abendvogels Roman

Titel: Der Ruf des Abendvogels Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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versuchte, seine Gefühle nicht durchklingen zu lassen, doch es fiel ihm so schwer. Sie blickte ihn aus tränenfeuchten Augen an, und unter ihrem nassen Nachthemd sah er deutlich, wie sich ihre vollen Brüste im Rhythmus ihrer Atemzüge hoben und senkten.
    »Himmel!«, murmelte er. Ahnte sie denn nicht, wie sehr sie ihn aus dem Gleichgewicht brachte? Er wusste genau, wenn er sie in die Arme nahm, würde das seinen Untergang bedeuten. Deshalb räusperte er sich und wandte den Blick ab. »Man muss lernen, sich ihnen auszuliefern – wenn man niedergestoßen wird, steht man einfach wieder auf. Wenn Sie sich das hier zu sehr zu Herzen nehmen, wird dieses Land Sie zerstören!«
    Taras Blick hing an seinen Lippen, als mache er sie zur Teilhaberin jahrhundertealten Wissens. Regentropfen rannen ihm über das Gesicht und tropften aus seinem schwarzen Haar. Obwohl er die Stirn runzelte und sich bemühte, ernst und sachlich zu sprechen, sah sie die Zuneigung und das Mitgefühl in seinen ausdrucksvollen dunklen Augen, und etwas anderes, das sie nicht zu deuten wusste. Er hatte an ihrer Seite gearbeitet, um ihre Pflanzen zu retten. Aber auch, wenn sie nicht sehr erfolgreich gewesen waren, fühlte sie, wie eine tiefe Dankbarkeit in ihr aufstieg. Dieses Gefühl war so überwältigend, dass sie einen Augenblick lang den Impuls verspürte, ihn zu küssen. Ihr Blick ruhte auf seinem wohlgeformten Mund, doch sie sah, wie sich seine Muskeln spannten, sah seine halb geschlossenen Augen und die zu Fäusten geballten Hände und widerstand der Versuchung.
    »Ich habe nicht den Garten gemeint, als ich sagte, dass alles verloren ist, Ethan.« Sie wandte sich von ihm ab und blickte sich traurig um. »Es scheint nur alles so sinnlos!«
    »Vielleicht sieht jetzt manches hoffnungslos aus, aber glaub mir, in ein paar Tagen wirst du dich fragen, warum du soverzweifelt warst!« Ohne sich dessen bewusst zu sein, war er zum vertraulichen Du übergegangen, doch Tara schien es kaum zu bemerken. Sie schüttelte nur den Kopf, und Ethan begriff, dass ihr Kummer noch einen ganz anderen Grund haben musste als nur die zerstörten Pflanzen.
    »Ich weiß, dass dich schon länger etwas bedrückt, Tara«, meinte er sanft. Wieder fühlte er, wie seine Gefühle ihn zu überwältigen drohten, und bemühte sich um eine ruhige und sachliche Haltung. »Wenn du mir sagen würdest, was es ist, könnte ich dir vielleicht helfen!«
    Tara hatte eigentlich vorgehabt, erst einmal mehr über Tadd herauszufinden, bevor sie etwas sagte. Inzwischen wusste sie allerdings, dass das unmöglich sein würde. Tadd war zu raffiniert. Sie fürchtete, dass er mithilfe der ahnungslosen Kinder versuchte, so viel wie möglich über sie alle drei herauszufinden. Wenn er erfuhr, dass sie Jack und Hannah unrechtmäßig mit sich genommen hatte, würde er sie sicher anzeigen, und in diesem Fall musste sie mit einer Gefängnisstrafe rechnen. Dann würde ihre Tante mit dem Verlust von Tambora allein fertig werden müssen. Die Last all dieser Probleme war zu schwer geworden – sie musste mit jemandem darüber reden.
    »Vor ein paar Tagen habe ich herausgefunden, dass meine Tante der Bank eine große Summe Geld schuldet«, begann sie. Ethan war ebenso erschrocken wie verblüfft. Tara schloss für einen Moment die Augen. »Und was noch schlimmer ist, ich glaube nicht, dass sie es überhaupt weiß!«
    »Wie soll das möglich sein?« Ethan war zutiefst verwirrt. »Hat Tom vor seinem Tod eine Hypothek auf den Besitz aufgenommen?«
    Daran hatte Tara nicht gedacht – doch keiner der Briefe stammte aus der Zeit um Toms Tod. »Ich glaube, Tadd hat über einen langen Zeitraum ohne ihr Wissen Geld bei der Bank geliehen. Ich weiß, dass das kaum glaubhaft klingt, aber meine Tante hat mir erst vor ein paar Tagen gesagt, wie froh sie ist, keineSchulden bei der Bank zu haben.« Ein Schluchzen stieg ihn ihr auf. »Die Summe ist inzwischen riesig, und die Zinsen sehr hoch – es besteht keine Hoffnung, dass wir jemals alles zurückzahlen können. Die Bank wird die Farm zu Weihnachten übernehmen.« Diese Worte laut auszusprechen führte ihr die Realität noch deutlicher vor Augen. Tara ließ sich wieder in den Schlamm sinken. Sie war von einem Gefühl tiefer Hilflosigkeit erfüllt, kam sich schwach und verletzlich vor, doch sie hatte keine Tränen mehr.
    Ethan fasste sie sanft an den Schultern und zog sie zu sich hoch. »Woher weißt du all das, Tara? Hat Tadd etwa zugegeben, diese schrecklichen Dinge getan zu

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