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Der Ruf des Bösen: Die Erleuchtete 2 - Roman (German Edition)

Der Ruf des Bösen: Die Erleuchtete 2 - Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf des Bösen: Die Erleuchtete 2 - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimee Agresti
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Kerben, auf die man eine Schlange gemalt hatte. Ich fand es ziemlich beunruhigend, wie das Tier uns anzustarren schien.
    Dante klopfte, und eine tiefe, volle Stimme rief gedehnt: »Tritt ein, mein Kind.«
    Er wackelte mit den Augenbrauen und vermittelte mir mit Blicken, dass ich mich auf so einiges gefasst machen konnte. Vorsichtig schob er die Tür auf und gab den Blick auf eine wunderschöne Frau frei, die am Boden auf einem seidenen Tuch hockte. Sie schien Ende zwanzig zu sein und hatte eine lange, üppige schwarze Mähne, markante Gesichtszüge und makellose schokoladenbraune Haut. Ihr Trägerkleid war lang genug, um sich um sie herum auszubreiten. Mariette saß vor einem niedrigen runden Holztischchen, auf dem Kerzen flackerten. Das ganze fensterlose Kämmerchen roch nach Gewürzen und Kräutern, die ich schlecht einordnen konnte. Der Raum war mit buntem Schnickschnack vollgestopft, man schien jeden Zentimeter dafür ausgenutzt zu haben: Da gab es Voodoofiguren, Kerzen jeder Höhe und Breite, ein Skelett, ein paar Totenschädel, Kinderpuppen, Steine, Masken, Perlen, Dollarnoten und einen kleinen plätschernden Brunnen. Es war viel zu viel, um das alles in mich aufzunehmen.
    »Kommt«, bat Mariette und winkte uns mit ihrem langen, kräftigen Arm herein, an dessen Handgelenk goldene Armreifen klimperten. »Setzt euch doch bitte.« Wir nahmen auf der anderen Seite des filzbedeckten Tisches am Boden Platz. »Du musst Haven sein. Ich habe schon so viel von dir gehört«, sagte sie in einem gemächlichen, tröstlichen Tonfall, bei dem es mich nicht gewundert hätte, wenn er mich in den Schlaf gewiegt oder in Trance versetzt hätte. Sie streckte mir die Hand entgegen, aber nicht, um wie üblich die meine zu schütteln. Stattdessen bot sie mir ihre linke Handfläche dar. Als ich es ihr nachtat, umfing sie meine Hand mit beiden Händen und drückte sie. »Ich bin Priesterin Mariette.«
    »Ich freue mich, Sie kennenzulernen«, sagte ich mit gedämpfter Stimme und versuchte, ihren Gleichmut zu imitieren. Sie schloss einen Moment die Augen. Ich sah zu Dante hinüber, er wandte den Blick jedoch nicht von ihr ab. Die Sekunden verstrichen unendlich langsam. Während ich auf eine Reaktion von ihr wartete, fragte ich mich, wann wohl der richtige Moment gekommen war, ein Foto von ihr zu machen. Da gab es vermutlich keinen passenden Augenblick, also beschloss ich, es einfach darauf ankommen zu lassen, als sie die Lider wieder aufschlug.
    »Äh, ich hab mir gedacht, also, ich bin so eine Art Amateurfotografin. Könnte ich vielleicht eine Aufnahme von Ihnen hier machen? Das alles ist einfach so … so wunderschön.«
    »Selbstverständlich, ich verstehe«, versetzte sie. Mit dieser Antwort hatte ich nicht gerechnet, aber hier war ja alles ein wenig merkwürdig. Schnell holte ich meine Kamera hervor und schoss ein paar Bilder.
    Mariette machte sich nicht die Mühe zu lächeln oder zu posieren, aber das brauchte sie auch gar nicht: Sie war der Typ, der selbst in diesem Chaos einfach umwerfend aussah, trotz der furchteinflößenden Schlangentätowierung, die sich um ihren Arm wand.
    »Vielleicht könntest du im Gegenzug jetzt auch etwas für mich tun. Darf ich für dich wahrsagen, Haven?«, fragte sie mit so weicher Intonation, dass es kaum wie eine Frage klang.
    »Wie bitte?«
    »Möchtest du gerne, dass ich für dich in die Zukunft schaue? Mir wäre daran nämlich sehr gelegen.« Ich war ganz geblendet von ihrem strahlend weißen Lächeln. »Deine Aura schreit geradezu danach. Ich glaube, das muss ich einfach tun … ich dulde keine Widerrede.«
    »Oh, äh … okay. Klar, sicher«, sagte ich, da ich aus der Nummer ja nicht mehr rauszukommen schien. Bedächtig faltete sie einen roten Satinschal auseinander, als zerpflücke sie ein Taschentuch, und breitete ihn auf dem Tisch aus. Sie zündete zwei schwarze Kerzen an, die etwa so groß waren wie eine Zweiliterflasche Cola, dann zog sie einen Block und eine Metallschachtel aus einer Schublade des Tischchens und reichte sie Dante. Er schlug den Block auf einer leeren Seite auf und holte einen spitzen Bleistift aus der Dose. Als er bereit war, griff Mariette nach dem schwarzen Samtbeutel, der neben ihr gelegen hatte, hob ihn an den Mund und flüsterte Worte einer Sprache in den weichen Stoff, die ich nicht verstand. Sie umfing den Beutel mit beiden Händen, schüttelte ihn und summte eine leise, kehlige Melodie. Diese ganze Rüttelei ließ es so aussehen, als würde sich die Schlange

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