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Der Ruf des Kolibris

Der Ruf des Kolibris

Titel: Der Ruf des Kolibris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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geholfen hast, Susanne Schuster zu entführen, absichtlich, meine ich.«
    Damián senkte den Blick. Sein Atem ging tief und heftig. Sein Blick suchte Ausflüchte und blieb im grünen Dickicht hängen. Man sah nichts von der Stadt, aber sie rauschte um uns herum und übertönte den Wind in den Bäumen.
    Ich streichelte seine Hand. »Was ist? Bitte sag es mir.«
    Er hob den Blick. »Meine tapfere Jasmin«, sagte er leise. »Du willst einfach nicht wahrhaben, dass es für uns keine gemeinsame Zukunft gibt.« Er strich mir mit dem Handrücken über die Wange. »Du bist eine Kämpferin. Ich bin sehr stolz darauf, dich zu lieben!«
    Er sagte es einfach so, aber mir fuhr es in die Glieder. Er liebte mich. Es war das erste Mal, dass er es in der Sprache sagte, in der er fühlte und träumte: auf Spanisch. Lange hatte ich darauf gewartet, und nun tat er es, als sei es eine Selbstverständlichkeit. Nein, keine Selbstverständlichkeit, das nicht, sondern als sei es etwas, worauf er auch noch besonders stolz war.
    Auch ich war stolz darauf, Damián zu lieben. Aber ich konnte es ihm nicht so sagen. Es schien ihm auch nicht wichtig zu sein. Er zweifelte nicht an mir, er glaubte an mich. Sein Blick war zärtlich. In seiner Haltung lag eine Ruhe und Kraft, die mich überwältigte.
    Unwillkürlich hob ich meine Hand und strich ihm über die Wange. Es war wie ein elektrischer Schlag. Im nächsten Moment küssten wir uns. Der Wald, in dessen Nische wir saßen, schloss sich um uns mit seiner mächtigen Stille. Damián schlang seine Arme um mich. Auf einmal fand ich es natürlich und schön, dass seine Hand über mein Schlüsselbein rutschte und meine Brust berührte. In seinem Körper zitterten Sehnsucht und Leidenschaft. Es war das Natürlichste von der Welt, dass ich die Härte seines Geschlechts spürte. Ich wünschte, dass wir jetzt sofort irgendwohin gehen könnten, wo wir alleine und ungestört gewesen wären. Ich wollte es. Keinen Augenblick hätte ich jetzt noch darüber nachgedacht. Ich sah wieder seinen Körper vor mir, wie ich ihn unter Wasser im Smaragdsee gesehen hatte. Gab es denn in dieser verdammten riesigen Stadt keinen Ort, wo wir allein sein konnten als zwei erwachsene Menschen, die sich liebten? Ja, ich war mit einem Mal erwachsen geworden. So kam es mir vor. Ich würde mit Damián schlafen.
    Ein Gelächter irgendwo fern zwischen den Bäumen fuhr zwischen uns und katapultierte uns in die Wirklichkeit zurück. Wir lösten uns voneinander. Damiáns Augen schimmerten dunkel.
    Wir brauchten einen Moment, um uns zu orientieren. Wir befanden uns in einer Grünanlage der Universität, und es fiel uns schwer, nicht mehr zu tun, als verliebte Studenten im Park miteinander taten.
    »Ich werde der Polizei mitteilen, dass ich im Zusammenhang mit der Entführung von Susanne Schuster den Namen Schwarzes Wasser gehört habe«, sagte ich irgendwann. »Ich werde sagen, ich hätte es in Yat Wala die Leute sagen hören. Was dann passiert, ist Sache des Militärs. Aber wenn Susanne ohnehin nicht mehr dort ist ...«
    »Es ist ganz egal, was du sagst, Jasmin«, unterbrach er mich. »Es wird nichts ändern.«
    »Woran?«
    »Das kann ich dir nicht sagen. Ich kann dir nur so viel sagen, dass Susanne Schuster bald freikommen wird.«
    »Wieso? Wirst du ...«
    »Jasmin, bitte frag nicht! Und ich möchte dich auch bitten, mit deinen Leuten nicht darüber zu reden. Ich meine, mit Elena oder deinen Eltern oder Mrs Melroy.«
    Ein Anflug von Ärger streifte mich. Warum sprach er von meinen Leuten, als ob wir in einander feindlichen Welten lebten? Dabei fiel mir etwas ein. »Sag mal, als ich dich kürzlich gesehen habe, das war doch im Gebäude der Anthropologen.«
    Damián runzelte die Stirn. Er spürte das Misstrauen, das mich veranlasst hatte, die Frage zu stellen, was er dort gesucht hatte, auch wenn ich es nicht direkt aussprach.
    »Mir hatte jemand erzählt«, antwortete er nach einer kleinen Pause, »dass ein Konzert mit indigenen Instrumenten stattfinden würde, und ich habe am Schwarzen Brett nachgeschaut, wann und wo es stattfindet.«
    Ich schämte mich sofort. Es war eine einfache Erklärung, die keinen Raum für Misstrauen ließ. Was hatte ich eigentlich gedacht? Dass auch er bei Professor Torres y Torres gewesen war? Warum hätte er das tun sollen? Es war vertrackt. Aber wie sollte ich ihm auch voll vertrauen, wenn er aus seinem Denken und Tun immer wieder ein Geheimnis machte?
    Damiáns Lächeln war nachsichtig. »Ich glaube«, sagte

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