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Der Ruf des Kookaburra

Der Ruf des Kookaburra

Titel: Der Ruf des Kookaburra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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genannt?« Emma schüttelte den Kopf. »Vor dir, einem Fremden? Und mit seinem Reichtum angegeben hat er auch? Ja, das passt so richtig zu ihm.«
    John sah sie ernst an. »Wir müssen da nicht hin, Emma.«
    »Doch, das müssen wir«, krächzte Birwain hinter Johns Rücken. »Allerdings erst morgen früh. Es hat keinen Sinn, das Misstrauen des Wächters zu erregen und womöglich mit vorgehaltenem Gewehr zu Crusius getrieben zu werden, als seien wir Viehdiebe.«
    »Birwain hat recht.« John wies mit der Hand in die Ferne. »Irgendwo zwischen den Hürden muss der Schafwächter seine Hütte haben. Wenn wir Unruhe in die Herden bringen, werden wir ihn und seinen Hund schneller auf den Fersen haben, als uns lieb sein kann.«
    Unbehaglich meinte Emma: »Dieser Wächter ist doch kein Spitzbube, sondern ein einfacher Hirte. Warum sollte er uns Böses wollen? Er kennt uns doch gar nicht.«
    »Der einfache Hirte, von dem du sprichst, ist nur tagsüber für seine Herde zuständig«, erklärte John. »Abends treibt er die Schafe in den Pferch, und dann übernimmt der Wächter die Aufsicht. Dieser Wächter hat eine Hütte, ein Feuer, ein Gewehr und einen Hund – und die Aufgabe, die Herden vor wilden Hunden zu schützen, aber auch vor Schafdieben. Mit denen machen die Wächter kurzen Prozess. Es kommt nämlich immer mal wieder vor, dass die Eingeborenen Schafe rauben, und dagegen wehren die Farmer sich natürlich.«
    »Natürlich.« Birrinbirrin stieß einen verächtlichen Laut aus. »Ist ja auch ein schreckliches Verbrechen, nicht wahr? Ein Schaf hier, ein Schaf dort. Meinst du das eigentlich ernst, Engländer? Ihr Weißen nehmt uns das Land weg, das uns heilig ist, ihr schneidet unsere Traumpfade mit euren Hürden und Zäunen ab, ihr drängt uns zurück in unfruchtbare Gebiete, die für eure Zwecke zu schlecht sind, die für uns Wilde aber gut genug sein sollen. Und dann regt ihr euch auf, wenn euch ein paar Schafe fehlen?«
    John bedachte ihn mit einem kühlen Blick. »Das Land gehört euch nicht, Birrinbirrin. Ihr wandert hierhin und dorthin, baut weder Häuser noch Ställe, haltet kein Vieh und beackert den Boden nicht. Warum sollten wir nicht in Besitz nehmen, was so offensichtlich frei verfügbar ist?«
    »So kannst du nur denken, weil du nichts begriffen hast!«, stieß Birrinbirrin hervor. Seine Wut übertrug sich auf Emmas Pferd, das nervös tänzelte. »Den ganzen Winter über hast du bei uns gelebt, aber du siehst uns immer noch als Tiere an, nicht wahr? Uns und unsere Frauen.«
    »Hört auf, ihr beiden, und zwar sofort!« Emmas Stimme war schrill vor Anspannung. »Wir haben eine Aufgabe, und während wir diese Aufgabe erfüllen, müssen wir allen Streit ruhen lassen. Wie sollen wir Oskar bekämpfen, wenn wir unsere Kräfte gegeneinander richten statt gegen ihn?«
    »Es ist die Macht der D’anba, die nach uns greift«, unkte Birwain. »Sie sät Unfrieden und Zorn.«
    John sah aus, als wolle er etwas Bissiges erwidern. Er hielt jedoch den Mund, als er Emmas warnenden Blick auffing.
    »Wir werden jetzt in ausreichendem Abstand zu den Schafen die Nacht abwarten, und zwar friedlich.« Emmas Stimme duldete keinen Widerspruch. »Das gilt auch für gewisse junge Männer, die es kaum abwarten können, ihren Aggressionen freien Lauf zu lassen.«
    Birrinbirrin und John nickten widerwillig.
    »Sobald es hell wird«, fuhr Emma fort, »werden wir Oskar aufsuchen. Als freie Menschen, mit hocherhobenen Häuptern und vor allem: fest zusammenhaltend!«
    Birwain lächelte ihr respektvoll zu. Emma wendete Princess, bemühte sich, Birrinbirrins Gegrummel an ihrem Ohr zu überhören, und ritt zu einem Eukalyptushain, der ihnen für die restliche Nacht guten Schutz bieten würde. Vier, fünf Stunden Schlaf würden ihr auch guttun. Schließlich wollte sie Oskar nicht geschwächt und übernächtigt entgegentreten. Wer wusste schon, wie er auf ihr Auftauchen reagieren würde?
    Es wird dich nie mehr loslassen …
    Doch, schoss es Emma durch den Kopf, doch, Oskar, dafür bin ich gekommen!

9
    D er liebe Gott beweist Humor. Einen schöneren Sonnenaufgang habe ich selten gesehen, und das ausgerechnet heute.«
    Emma lachte nervös und wies auf die glühend aufgehende Sonne, die Wiesen, Baumgruppen und Schafe in ein aprikosenfarbenes Licht tauchte.
    John reckte sich verschlafen. Im Gegensatz zu Emma, die kein Auge zugetan hatte, war er eingenickt, sobald sein Rücken am Stamm einer der Eukalypten gelehnt hatte.
    »Ist ja vielleicht ein gutes

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