Der Ruf des Kookaburra
gingen sie auf das Haus zu, die Pferde hatten sie am Zaun festgebunden. Knorrige Apfelbäume säumten den Weg. Sie blühten in rosa überhauchtem Weiß und kündeten vom Frühling.
Es müsste düster hier aussehen, nicht so hoffnungsfroh, schmuck und sauber.
Aber was waren schon Äußerlichkeiten? Oskar sah man ja auch nicht an, dass er ein D’anba war.
Liebe Güte, jetzt denke ich auch schon so!
John klopfte an die Haustür.
Eine Magd in einem kratzig aussehenden, dunkelkarierten Wollkleid öffnete ihnen. Neugierig beäugte sie die Fremden. »Sie wünschen?«
»Wir möchten zu deinem Herrn.« John verbarg seine Anspannung hinter einem gewinnenden Lächeln. »Ist er da?«
Die rundlichen Wangen der Magd verfärbten sich rosa. »Nein, Sir. Tut mir leid, Sir. Aber Madam ist zu sprechen, wenn Sie mit ihr vorliebnehmen möchten, Sir.«
»Wann kommt dein Herr denn wieder?«, mischte Emma sich ein.
»Heute Abend?« Die Magd klang zweifelnd. »Der Herr ist nur unregelmäßig zu Hause, Madam. Er ist sehr beschäftigt.«
»Tja. Dann führe uns zu deiner Herrin«, sagte John. »Wir wollen den Weg ja nicht umsonst gemacht haben.«
Das Mädchen knickste, und John und Emma betraten das Haus. Als auch Birwain und Birrinbirrin an der Magd vorbeiwollten, schüttelte sie jedoch den Kopf. »Keine Wilden. Ihr beiden wartet draußen.«
John drehte sich langsam zu der Magd um. »Wie bitte?«
»Anweisung vom Herrn. Keine Wilden im Haus.« Sie duckte sich unter Johns Blick. »Tut mir leid, Sir, aber da ist Mr Crusius gnadenlos. Mit den Wilden hat er’s einfach nicht, Sir, aber das kann man ja auch verstehen. Vor Kurzem hat einer geklopft, den Mr Crusius wohl von irgendwoher kannte. Ich sage Ihnen lieber nicht, Sir, was mein Herr mit dem gemacht hat.«
Dayindi!, schoss es Emma durch den Kopf.
Ein kurzer Blick auf ihre Freunde zeigte ihr, dass sie dasselbe dachten.
John zwinkerte der Magd zu, nun wieder ganz der charmante junge Mann aus gutem Hause, der gerne mal mit dem Personal anbandelte.
»Jetzt machst du mich neugierig, Mädchen. Was hat Mr Crusius denn mit dem Wilden angestellt? So schlimm kann es doch wohl nicht gewesen sein.«
Die Magd biss sich auf die Lippen. Sie schaute von dem gut aussehenden Engländer, dessen Stimmungswechsel und Blicke sie sichtlich verwirrten, furchtsam zu Emma und den beiden anderen Männern.
»Nein, ich sag nichts. Ich hätt’ gleich meinen Mund halten sollen. Wenn Sie mir jetzt folgen wollen, Sir. Madam. Und die Wilden …«
»… warten draußen. Kein Problem, Mädchen. Wir wollen ja nicht, dass du Ärger bekommst.« John drehte sich zu Birwain und Birrinbirrin um. »Vielleicht findet ihr irgendwo Wasser für die Pferde.«
Emma schämte sich, als sie ihren Freunden nachsah, die stumm kehrtmachten und zu Sirius und Princess hinübergingen.
»Denk daran, warum wir hier sind«, ermahnte John sie leise und nahm Emmas Arm. Gemeinsam folgten sie der Magd durchs Haus. »Ein Aufstand wegen Birwain und Birrinbirrin ist das Letzte, was wir brauchen können. Oskar scheint mit Schwarzen wirklich nicht zimperlich umzugehen.«
»Glaubst du, er hat Dayindi umgebracht?«, flüsterte Emma zurück.
»Das kriege ich auch noch raus«, knurrte John. »Fünf Minuten allein mit der Magd, dann weiß ich alles.«
»John! Du willst die Magd bezirzen?«
»Nur für den guten Zweck.«
Das Mädchen öffnete eine Tür. »Madam, hier ist Besuch für Sie. Die Herrschaften wollten eigentlich zu Ihrem Gemahl.«
»Oh, wie schön!«, erklang eine sanfte Stimme aus dem Zimmer. »Besuch ist mir immer willkommen in dieser Einsamkeit.«
Emmas Herz begann wie wild zu klopfen.
Oskars Frau. Sie freut sich über unseren Besuch. Wie absurd.
John zog Emma in den Salon. Obwohl das Ehepaar Crusius auf einer Schafstation wohnte, sah die gute Stube keineswegs bäuerlich aus: Im Kamin brannte trotz der frühlingshaften Temperaturen ein behagliches Feuer, und auf einem schweren Tisch aus Eichenholz lagen etliche Bücher. Der Boden war mit Perserteppichen belegt, auf denen ein zierliches, mit rotem Stoff bezogenes Sofa stand; daneben zwei passende Sessel. In einem davon saß Mrs Crusius .
Emma konnte nicht anders, als die junge Frau blitzartig zu mustern. Sie war klein und schmal, das dunkle Haar trug sie modisch zurückgebunden. Ihr ebenmäßiges Gesicht war vornehm blass und bezeugte ebenso wie ihr Kleid, ein unpraktischer Traum in Creme und Bordeaux, dass Mrs Crusius ihr Haus nur selten verließ. Anmutig erhob sie sich
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