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Der Ruf des Kookaburra

Der Ruf des Kookaburra

Titel: Der Ruf des Kookaburra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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Birwain der Schamane, Purlimil war für die Pflanzenmedizin zuständig, die alte Gunur leitete die Rituale der Frauen, Yileen war geschickt im Herstellen von Gebrauchsgegenständen … und Dayindi war eben für das Gesetz zuständig. Ihn befragte man, wenn man sich einer bestimmten Regelung unsicher war, er verhängte die Strafen für Gesetzesbrüche, und obwohl Dayindi kaum mehr als vierzig Jahre zählen mochte, war er bereits einer der eldest . Emma wusste, welch hohes Ansehen diese »Ältesten« genossen, zu denen außer Dayindi auch Birwain und Gunur gehörten. Anfangs hatte es Emma erstaunt, dass die Ältesten gar nicht unbedingt alt sein mussten; sie waren einfach diejenigen, die aufgrund ihrer Lebenserfahrung, ihrer herausragenden Fähigkeiten oder ihrer natürlichen Autorität das höchste Ansehen im Clan genossen. Der Rat der Ältesten war bei allen Entscheidungen maßgeblich, und die Schwarzen schenkten ihnen ihr uneingeschränktes Vertrauen.
    Emma hingegen vertraute zumindest dem law man nicht. Sie hatte ihn von Anfang an merkwürdig gefunden: seine abweisende Art; seinen Tick, kleine Kinder mit einem fauchenden Geräusch anzuhauchen, so dass sie anfingen zu weinen, und, zugegeben, auch den gruseligen Knochen in seiner breiten Nase. Außerdem lebte Dayindi abgesondert am äußersten Rande des Lagers, mochte keine Geselligkeiten und zog sich häufig allein in den Regenwald zurück.
    Und er war ein erklärter Freund harter Strafen. Dass er den Knochen auf sie und Carl hatte richten wollen, passte genau zu ihm.
    »Sieh mal, Nowalingu kümmert sich schon wieder um Birrinbirrins Verletzungen«, drang Purlimils Stimme in ihre Gedanken. »Wie selbstlos von ihr!«
    Emma sah zu den jungen Schwarzen hinüber. Tatsächlich, Nowalingu hatte begonnen, mit Hingabe und Sorgfalt schwarze Asche auf Birrinbirrins Brustwunden zu reiben.
    Und das sollte heilend wirken?
    »Wird durch die Asche nicht alles nur noch schlimmer?«, fragte Emma stirnrunzelnd.
    »Nun ja, die Asche heilt nicht. Aber sie führt zu den wulstförmigen Narben, die unsere Männer anstreben. Ließe man die Brandwunden einfach zuwachsen, blieben mehr oder weniger glatte Narben zurück. Und die will natürlich keiner haben!«
    »Natürlich nicht«, murmelte Emma. In Gedanken machte sie sich eine Notiz, dass sie diese Information unbedingt in ihrem nächsten Forschungsbericht verwenden musste. Aufmerksam beobachtete sie die beiden Schwarzen weiter.
    »Nowalingu schaut Birrinbirrin ja ziemlich verliebt an«, bemerkte sie.
    Purlimil lachte. »Nowalingu schaut viele Männer verliebt an. Und glaub mir, es bleibt nicht beim Schauen!«
    Emma dachte daran, wie ein solches Verhalten in Deutschland beurteilt werden würde, und zuckte unwillkürlich zusammen.
    »Wie weit, ich meine …« Sie räusperte sich. »Wie weit gehen denn ihre, ähm, Zuneigungsbezeugungen?«
    »Das wissen nur sie und der jeweilige Glückliche.« Purlimil grinste. »Aber warum sollen wir uns den Kopf darüber zerbrechen? Solange ihr Zukünftiger nichts davon ahnt, ist alles in Ordnung.«
    »Sie ist verlobt?« Das fand Emma angesichts Nowalingus Freizügigkeit nun doch seltsam.
    »Wenn du es so nennen willst: ja. Mit einem alten Mann aus dem Wasserfall-Clan.«
    Emma wusste, dass der Wasserfall-Clan ihren Freunden eng verbunden war. Die beiden Clans gehörten zum selben Stamm: Seine Mitglieder sprachen dieselbe Sprache, bei Schwierigkeiten half man sich aus, und es bestanden diverse verwandtschaftliche Beziehungen, die jedoch mehr als kompliziert geregelt waren.
    »Wie alt ist er denn?«
    Purlimil zuckte die Schultern. »Er mag sechzig Sommer gesehen haben … vielleicht auch mehr.«
    »Sechzig!« Emma blickte mit neuem Mitgefühl auf Nowalingu, die kaum ein Drittel dieser Zeitspanne auf der Welt sein konnte. »Aber warum heiratet sie einen alten Mann?«
    »Es wurde vor langer Zeit schon so vereinbart«, sagte Purlimil gleichmütig.
    Emma schwieg. Fest entschlossen, nicht schon wieder die Sitten der Eingeborenen zu kritisieren, behielt sie ihr Mitleid für die junge Frau für sich. Das arme Mädchen! Hübsch und ganz offensichtlich hungrig nach Leben und Liebe war Nowalingu sicher nicht dazu geschaffen, einem Großväterchen die Schlafstatt zu wärmen.
    Andererseits: War es denn besser – was in Emmas alter Welt nur allzu oft vorkam –, einen alten Mann zu heiraten, nur weil er reich und angesehen war? Dieser Fall war in Emmas Bekanntschaft häufiger vorgekommen … und auch wenn sie

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