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Der Ruf des Kookaburra

Der Ruf des Kookaburra

Titel: Der Ruf des Kookaburra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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fröhlicher Mensch gewesen war.
    Seelenlos, dachte Emma. Ja, das traf es genau.
    »Ich glaube, du solltest mitkommen, Yileen«, sagte sie kurzentschlossen. »Wir müssen die Ältesten davon überzeugen, dass Purlimil Hilfe braucht, welcher Art auch immer.«
    Yileen nickte. »Du hast recht. So kann es mit meiner Frau nicht weitergehen.«
    Die drei Ältesten, Emma und Yileen saßen vor Dayindis Hütte am Rande des Lagers. Hohe Nadelbäume umstanden die Behausung des law man. Doch während die hoop pine , unter der Emmas Zelt stand, ihr stets wie ein mächtiger Beschützer vorkam, wirkten die gleichen Bäume um Dayindis Hütte herum bedrohlich und düster.
    Emma hätte das Gespräch mit den Ältesten lieber an einem anderen Platz geführt, doch Dayindi hatte sich ihrer Bitte verweigert. Wenn er sich schon unbedingt mit Purlimil befassen müsse, hatte er Emma beschieden, dann zumindest so, dass es ihm möglichst wenig Umstände bereite. Emma hatte seine mangelnde Kooperationsbereitschaft zähneknirschend akzeptiert, wusste sie doch, worin sie wurzelte: Seit Purlimil mit Emma gemeinsame Sache gemacht hatte, um Belles Leben zu retten, war auch sie in Dayindis Ansehen rapide gesunken.
    Eben knurrte der law man : »Es liegt doch auf der Hand, was dem Weib fehlt!«
    »Ach ja?«, fragte Emma gereizt.
    »Ja«, sagte er. »Für mich jedenfalls.« Herausfordernd sah er sie an.
    Wie schaffte der Kerl es nur, sie regelmäßig mit seinen knapp bemessenen Worten zur Weißglut zu treiben? Wie auch immer, heute brauchte sie Dayindi, also musste sie gute Miene zum bösen Spiel machen. Zwei der Ältesten zu befragen, während man den dritten außen vor ließ, war nach den ungeschriebenen Regeln des Clans ein Ding der Unmöglichkeit. Deshalb musste Emma freundlich bleiben, egal, wie sehr der grimmige law man sie auch nervte.
    Also sagte sie beherrscht: »Du hast recht. Es liegt auf der Hand, woran Purlimil leidet: an Schwermut. Weniger klar ist allerdings, wie wir ihr helfen können. Aber helfen müssen wir ihr, sonst werden wir sie verlieren.«
    Dayindi sah nicht so aus, als würde ihn diese Vorstellung übermäßig schrecken. Birwain jedoch wirkte bekümmert, und auch Gunur schien sich ernsthafte Sorgen zu machen.
    »Was sagt denn dein junger Doktor dazu?«, fragte die Alte an Emma gewandt.
    Emma spürte, wie sie rot wurde. Gunur pflegte John und sie mit Argusaugen zu beobachten, und es war kein Geheimnis, dass die Alte den Neuankömmling nicht mochte. Aus ihrer Sicht drängte er sich dem Clan seit Wochen auf.
    »John glaubt, dass man Schwermut nicht heilen kann«, sagte Emma langsam. »Man müsse auf die Zeit vertrauen oder Purlimil in ein Irrenhaus einweisen lassen.«
    Yileen stieß einen erschrockenen Laut aus. »Niemals!«
    »Purlimil gehört zu uns!«, pflichtete Birwain ihm bei. »Nicht in eine Anstalt der Weißen.«
    Beruhigend sagte Emma: »Natürlich, das finden wir ja auch. Keine Angst, John hat nicht vor, Purlimil irgendwohin zu entführen!«
    »Das würde auch nichts nützen«, sagte Gunur leise. »Denn ich glaube, Purlimil ist nicht krank. Nein. Sie wurde bestohlen.«
    Bestohlen? Emma runzelte die Stirn. Was meinte die Alte damit? Noch ratloser als ihre Worte machte Emma die Wirkung, die diese auf die anderen Eingeborenen hatten: Yileen starrte Gunur entsetzt an; Birwain schlug sich die runzelige Hand vor den Mund. Selbst Dayindi sah erschrocken aus.
    Gunur verzog den Mund. »Ihr kennt die Anzeichen ebenso gut wie ich. Ihr wisst, was sie bedeuten. Birwain, du bist der Schamane! Warum siehst du nicht, was so offensichtlich ist? Irgendjemand hat Purlimil ihre Seele geraubt.«
    Emma verstand immer noch nichts. Eine Seele konnte man doch nicht stehlen wie ein Stück Brot! Und selbst wenn die Schwarzen davon überzeugt waren, dass das möglich war, warum holten sie Purlimils Seele dann nicht einfach zurück? So schwierig konnte das doch nicht sein … jedenfalls einfacher, als sich einzubilden, Organe aus dem Körper zu lösen und mit Zaubersprüchen zu heilen. Und das machte Birwain schließlich auch alle Tage.
    Ein Blick auf den Schamanen überzeugte Emma jedoch, dass er die Sache wesentlich ernster nahm als sie. Birwain sah aus, als sei er auf einen Schlag um zehn Jahre gealtert: Sein Gesicht schien nur noch aus kummervollen Falten zu bestehen.
    »Seelenraub«, krächzte er. »Alle Ahnen und guten Geister mögen verhüten, dass das stimmt!«
    »Du weißt, dass es stimmt«, sagte Gunur traurig.
    Emma sah, dass Yileen die

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