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Der Ruf des Kookaburra

Der Ruf des Kookaburra

Titel: Der Ruf des Kookaburra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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Schlaf gefallen; in einen Schlaf voller Träume, für die sie sich maßlos geschämt hatte, als sie erhitzt und aufgewühlt wieder aufgeschreckt war.
    Keine anständige Frau träumte auf diese Art, und wenn doch, dann ausschließlich von ihrem Ehemann.
    Du hast keinen Ehemann mehr . Du bist allein, und du bist mitten im australischen Regenwald. Wer sollte dir vorschreiben, was du tun darfst und was nicht? Die Gesellschaft? In deinem Leben gibt es keine Gesellschaft mehr, mit deren Gunst du es dir verscherzen könntest.
    Emma spürte, dass John den Kopf in ihre Richtung drehte und sie ansah.
    Er wollte dasselbe wie sie.
    Streck einfach nur die Hand nach seiner aus, alles andere ergibt sich von allein . Du bist erst dreiundzwanzig. Du hast ein Recht darauf, zu leben und zu lieben.
    Reglos lag Emma auf ihrer Decke und rang darum, weiter das Zeltdach anzustarren. Sich nicht zu bewegen. John kein Zeichen zu geben, dass sie kurz davor war, etwas Unverzeihliches zu tun, die schlummernde Belle einfach an den äußersten Rand des Zeltes zu schieben, Vergangenheit und Zukunft zu vergessen und sich hier und jetzt von diesem hinreißenden Engländer lieben zu lassen. Und damit nicht nur ihren Körper aus seinem Schlaf zu erwecken, sondern auch die Leere in ihrer Seele zu füllen, die seit Carls Verschwinden in ihr klaffte wie eine Wunde.
    Monotone Rhythmen und hypnotisierende Melodien wirbelten durch die Dunkelheit. Tanzten über dem Lager, erfüllten das Zelt, ließen die Luft vibrieren. Die uralten Klänge lockten die Ahnen und Geister an, berauschten die Menschen und verwischten die Trennlinie zwischen Realität und Fantasie.
    Übermächtig pulsierte das Verlangen in Emmas Körper und in ihrem Kopf das Bedürfnis, eine einzige Nacht lang allen Kummer zu vergessen. Es drängte sie danach, endlich die Hand nach John auszustrecken, ihm die Erlaubnis zu geben, sie zu berühren … ihren Körper zu entzünden … ihren Verstand auszuschalten … alle Trauer mit süßer Lust zu überdecken …
    Doch Emmas Herz raunte Carls Namen. Beschwor sein Bild herauf, seine liebevolle Stärke, das Glück ihrer Ehe, und erinnerte sie an die Hoffnung, die sie immer noch hegte wie eine schwache, schöne Blume. Ihr Denken setzte wieder ein.
    Sie zuckte innerlich zusammen unter dem, was sie gerade fast getan hätte. Verflucht sollte sie sein, wenn sie Carl wiedersähe und dann die Ansprüche eines anderen Mannes zwischen ihnen stünden! Eines Mannes, der Emmas Körper, ihr Begehren und ihre Träume auf die gleiche Art kennengelernt hätte wie Carl.
    Nein.
    Um keinen Preis der Welt durfte John merken, wonach sie sich verzehrte. Niemals durfte sie ihm offenbaren, dass sie in seinen kühlen, graugrünen Augen versinken wollte, sich in seiner Umarmung verlieren, dass es sie danach drängte, in sein blondes Haar zu greifen, seine Lippen zu schmecken und seine Haut an ihrer zu spüren … Jesusmaria, sie durfte John auf keinen Fall anschauen! Denn dann, das wusste sie, hätte sie den Kampf verloren.
    Ihr widerspenstiger Leib schien Tonnen zu wiegen, als sie sich umdrehte, weg von ihm, der sie so qualvoll in Versuchung führte. Emma zog die Beine an die Brust und schlang sich die Decke fest um ihren zusammengerollten Körper.
    Diese Nacht, das schwor sie sich mit grimmiger Inbrunst, würde die letzte sein, die sie mit John in einem Zelt verbrachte. Gefahr hin oder her, lieber schlief sie mit einem Messer zwischen den Zähnen, als dass sie die Tortur einer solchen Zerrissenheit noch ein einziges Mal mitmachte!
    Gegen Dayindi würde sie sich schon irgendwie wehren können. Sie brauchte keinen Beschützer mehr! Sie hatte gelernt, mit dem Messer umzugehen, sie hatte ein Baby vor dem sicheren Tod gerettet, und sie meisterte tapfer ihren Alltag, obwohl die Sehnsucht nach Carl sie an manchen Tagen fast umbrachte. Und da sollte es ihr nicht gelingen, einen selbstgerechten law man in seine Schranken zu weisen – und einem attraktiven jungen Engländer zu widerstehen?
    Unwillkürlich dachte Emma an Deutschland. In ihrer Heimat gab es etliche gelehrte Herren, die dem weiblichen Geschlecht unterstellten, dass es sich ohne Willen und Verstand von seinen Emotionen hin und her werfen ließ wie ein Schiff auf stürmischer See. Oh, wie sehr sie diese Denkweise immer gehasst hatte!
    Sollte ihr eigenes Verhalten den arroganten Professoren recht geben? Ganz sicher nicht. Sie würde sich dem Drängen ihres Körpers nicht unterwerfen, nur weil die Gelegenheit gerade

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