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Der Ruf des Kookaburra

Der Ruf des Kookaburra

Titel: Der Ruf des Kookaburra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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ist … oder sich in die Stille zurückgezogen hat … oder einfach schon vorausgegangen ist?«
    John neben ihr lachte, verbarg seine Heiterkeit aber rasch hinter einem Hüsteln.
    »Niemand hier geht einfach voraus, Emma«, sagte Birwain, und in seiner Stimme schwangen gleichzeitig Traurigkeit und Nachsicht mit. »Wir sind nicht auf dem Weg in eines eurer Gasthäuser. Wir wandern zu Ehren der Geister. Unsere Reise ist von unbedingtem Zusammenhalt geprägt, und wer seine Habseligkeiten packt und sich entfernt, ohne einem von uns eine Erklärung zu geben, der hat sich dafür entschieden, uns unwiderruflich den Rücken zu kehren. Er ist freiwillig gestorben.«
    Dann, frohlockte Emma im Stillen, sind wir meinen alten Feind wohl endgültig los. Und das heißt, ich werde weder mit John neben mir noch mit dem Messer zwischen den Zähnen schlafen müssen!
    Eine sehr beruhigende Vorstellung, fand sie, und ein tiefes Gefühl der Erleichterung breitete sich in ihr aus.
    Erst als Emma sich zwischen all den herumwuselnden Menschen, Kindern und Dingos ihren Weg zu Purlimil bahnte, damit Belle ihr Frühstück bekam, ging ihr auf, was Dayindis Verschwinden noch für sie bedeutete.
    Wie vom Donner gerührt blieb sie stehen, als sie es begriff.
    Nie, niemals würde sie erfahren, was wirklich mit Carl geschehen war . Ihre einzige Chance, die Wahrheit herauszufinden, war mit dem verschlagenen law man in die Tiefen des Regenwaldes geflüchtet.

26
    S obald Birwain die Erwachsenen um sich versammelt und ihnen erzählt hatte, was geschehen war, war die fröhliche Ausgelassenheit des Morgens dahin.
    Umgehend machten Yileen, Birrinbirrin und ein paar andere Männer sich mit finsteren Mienen an die Arbeit. Der Platz, an dem Dayindi geschlafen und von dem er sich auf Nimmerwiedersehen fortgeschlichen hatte, wurde mit Feuer und düsteren Gesängen gereinigt – damit war die Sache für die Eingeborenen offiziell erledigt. Dayindi, so erklärte Yileen es der staunenden Emma, verdiene es nicht, dass man sich Gedanken um ihn mache oder ihm nachtrauere. Sobald das Wanderritual beendet sei, würde man sich um einen neuen law man kümmern; bis dahin müsse es eben ohne gehen.
    Nichtsdestoweniger blieb Dayindi zumindest bei den Frauen des Clans das Gesprächsthema Nummer eins.
    Gunur und die anderen Schwarzen waren überzeugt, dass sich der wahre Charakter des law man nicht zufällig in der ersten Nacht des Wanderrituals offenbart hatte. Hatte der Clan nicht mit vereinten Kräften die Marmbeja angerufen, um ihre Hilfe gegen die D’anba zu erbitten? Nun, dies war die erste Auswirkung des Rituals: Dayindi war ein D’anba in Menschengestalt gewesen, der nun erschreckt das Weite gesucht hatte. Wie tückisch und geschickt dieser D’anba gewesen war, dass er es sogar bis zum Ältesten gebracht hatte! Oder hatte er Dayindi erst in jüngster Zeit besetzt? Jedenfalls, so versicherten die Frauen einander gegenseitig schaudernd, konnten sie alle sich glücklich schätzen, dass der betrügerische, besessene law man fort war.
    Als der Clan am späten Vormittag weiterzog, war die Stimmung gedämpft. Dass niemand Dayindi durchschaut hatte, erschreckte und verunsicherte Frauen wie Männer. Nur die Kinder hüpften so unbeschwert wie immer durchs Dickicht, und auch Purlimil zeigte sich den neuesten Geschehnissen gegenüber gleichgültig.
    Auf sie, dachte Emma traurig, hatte die Kraft der Marmbeja noch nicht abgefärbt.
    Es ging nur langsam voran.
    Das Ziel der ersten Etappe sollte die Gegend um die junge Ortschaft Warwick sein, doch in Zielen und Etappen dachten nur Emma und John. Für die Schwarzen war die gesamte Wanderung eine einzige heilige Handlung. Wie lange sie dafür brauchten, wann sie wo sein würden und nach wie vielen Wochen sie schließlich zu ihren Hütten am Bach zurückkehren würden, darüber machte sich niemand im Clan Gedanken. Wichtig war es nicht, eine bestimmte Anzahl an Meilen pro Tag zurückzulegen, sondern einen bestimmten Stein, Baum oder Hügel zu erreichen – jene Kraftpunkte der Erde, an denen die Grenzen zwischen den Dimensionen nach Ansicht der Schwarzen besonders durchlässig waren.
    Und so wurde nach kaum drei Stunden Wanderung schon wieder Halt gemacht, um das nächste abendliche Ritual vorzubereiten.
    »Wenn wir in diesem Tempo weiterziehen, können wir in Warwick Weihnachten feiern«, witzelte John, als er Sirius absattelte.
    Emma verzichtete auf eine Antwort. Was machte es schon für einen Unterschied, ob sie schnell oder

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