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Der Ruf des Kookaburra

Der Ruf des Kookaburra

Titel: Der Ruf des Kookaburra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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geblieben war: eine Weiße, die an nichts glaubte, was sie nicht sehen und anfassen konnte.
    Und jetzt beschuldigte Emma auf ungeheuerliche Art einen der Ältesten.
    Ob sie log? Oder glaubte sie wirklich, was sie gesagt hatte? War sie von John Roberts beeinflusst, oder war es ihre eigene Gehässigkeit, die sie dazu gebracht hatte, den law man derart anzuschwärzen?
    Birwain wusste es nicht.
    Er fragte sich, was er überhaupt noch wusste.
    Alles wuchs ihm über den Kopf. Er war zu alt für seine Aufgabe, das wurde ihm mit jedem Tag klarer. Die Vorbereitungen der geheimen Rituale strengten ihn an, seine Ahnungen strengten ihn an, die Verdächtigungen strengten ihn an. Er hatte Angst vor den D’anba, und er fürchtete, Emma endgültig zu verlieren, noch bevor sie ihre Aufgabe erfüllen konnte. Worin bestand ihre Aufgabe? Würde sie die Zeichen erkennen? Und wie würden die Marmbeja reagieren, wenn Emma beschloss, einfach blind zu bleiben?
    Es war höchste Zeit, dachte Birwain müde, dass er sich nach einem Nachfolger umsah. Aber nicht heute.
    Morgen.

22
    N iedergeschlagen trottete Emma zurück zu ihrem Zelt.
    »Es war ein Fehler, Birwain ins Vertrauen zu ziehen«, sagte sie und schlug mit dem Arm einen Ast zur Seite.
    »Einen Versuch war es wert«, meinte John. »Was hast du denn erwartet? Dass er Dayindi gleich am nächsten Baum aufknüpfen lässt?«
    Sie warf ihm einen konsternierten Blick zu. »Nein. So etwas machen höchstens die Weißen.«
    »Außerdem finde ich das Ergebnis unseres Gesprächs gar nicht so schlecht«, fuhr John fort, als hätte Emma nichts gesagt. »Birwain ist zwar sauer, dass du Dayindi beschuldigt hast, aber er hat dich zumindest angehört. Vielleicht denkt er ja doch noch darüber nach und glaubt dir.«
    »Hm. Bis Dayindi kommt und ihm seine Version der Geschichte auftischt.«
    Emma schüttelte mutlos den Kopf.
    »Ach John, ich fürchte, ich habe riesigen Mist gebaut. Birwain mochte mich immer gern, aber jetzt ist er furchtbar wütend auf mich. Weißt du nicht mehr, was er gesagt hat? ›Ohne triftigen Grund wird einer der Unsrigen nicht beschuldigt, merkt euch das! Beim nächsten Mal müsst ihr beide den Clan verlassen.‹ Das ist doch ziemlich deutlich, oder?«
    »Ja. Und dumm«, versetzte John. »Er hat unseren Verdacht bezüglich deines Mannes und Dayindi überhaupt nicht ernst genommen. Ehrlich gesagt hätte ich dem Schamanen mehr Weisheit zugetraut.«
    »Dayindi ist eben einer der Ältesten. Und die beschuldigt man nicht ungestraft.«
    Emma seufzte.
    »Wahrscheinlich sind wir noch glimpflich davongekommen. Es ist zwar schade, dass wir nun doch nicht am Ritual heute Abend teilnehmen dürfen. Aber die Strafe hätte weit schlimmer ausfallen können.«
    Johns Kiefer wurde hart, und in seiner Stimme schwang die ganze Arroganz seiner Klasse mit, als er sagte: »Von Schwarzen, meine Liebe, wird keiner von uns sich bestrafen lassen, zu keiner Zeit. Das wäre ja noch schöner.«
    Emma schwieg. Sie spürte einen schmerzlichen Stich, weil sich alles so sehr verändert hatte. Statt in Frieden und Eintracht mit dem Clan zusammenzuleben, wie sie es mit Carl getan hatte, wurde die Kluft zwischen ihr und den Schwarzen immer tiefer. Purlimil hatte kein Interesse mehr an ihr, Dayindi war ihr zum unversöhnlichen Feind geworden, und selbst Birwain war wütend auf sie.
    Welche Auswirkungen diese Entwicklung auf ihre Forschungen haben würde, mochte Emma sich gar nicht vorstellen.
    »Ich schlafe heute Nacht bei dir«, verkündete John entschlossen und riss sie damit abrupt aus ihren kummervollen Gedanken.
    »Bei mir? Aber John, das geht nicht!«, wehrte sie erschrocken ab. »Ich weiß deinen Trost ja sehr zu schätzen, aber …«
    »Du missverstehst mich«, unterbrach er sie gelassen. »Ich habe nicht vor, dich, nun ja, noch eingehender zu trösten. Ich denke mehr an deine Sicherheit. Mein Gewehr wird Dayindi zuverlässig von dir fernhalten, meinst du nicht?«
    »Ach so. Natürlich«, murmelte sie und blickte zu Boden. »Danke, John.«
    Verdammt, wie peinlich! Warum musste sie ihm bloß ständig unterstellen, dass er sie verführen wollte, wo ihm doch scheinbar nichts ferner lag?
    »Ich habe eine gute Idee: Während die Schwarzen ihre Zeremonie ausführen, halten wir beide Kriegsrat«, schlug John aufgeräumt vor. »Wäre doch gelacht, wenn wir nicht auch allein mit diesem knochengeschmückten Schreckgespenst fertigwürden, oder?«
    Emma nickte. Gemeinsam konnten sie es mit Dayindi aufnehmen, davon war

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