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Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Galbraith
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jene Beziehung ihren Anfang genommen, die fünfzehn Jahre später darin geendet hatte, dass Strike – nicht nur von körperlichen Schmerzen gepeinigt – allein auf einer Campingliege lag und sich wünschte, er könnte endlich die Erinnerung an Charlotte abschütteln.

8
    Als Robin am nächsten Morgen eintraf, stand sie zum zweiten Mal vor der verschlossenen Glastür. Sie ließ sich mit dem Ersatzschlüssel ein, den Strike ihr inzwischen anvertraut hatte, trat an die Tür zu seinem Zimmer, blieb davor stehen und lauschte. Nach ein paar Sekunden hörte sie gedämpft, aber unverkennbar ein tiefes Schnarchen.
    Das stellte sie vor ein delikates Problem; sie hatten die stillschweigende Übereinkunft, kein Wort über Strikes Campingliege zu verlieren und überhaupt so zu tun, als würde er nicht in seinem Büro wohnen. Andererseits musste Robin ihrem temporären Arbeitgeber etwas Dringendes mitteilen. Sie zögerte und wägte die Alternativen ab. Am einfachsten wäre es, Strike zu wecken, indem sie laut im Vorzimmer herumfuhrwerkte, wodurch sie ihm Zeit geben würde, sich und sein Büro in Ordnung zu bringen – aber das dauerte womöglich zu lange. Ihre Nachricht duldete keinen Aufschub. Also holte Robin tief Luft und klopfte.
    Strike schreckte sofort aus dem Schlaf. Einen Moment lang lag er desorientiert auf dem Rücken und sah, wie sich das Tageslicht tadelnd durch die Jalousie zwängte. Dann fiel ihm ein, wie er das Handy nach Charlottes SMS auf den Boden zurückgelegt hatte, und begriff, dass er vergessen hatte, den Wecker zu stellen.
    »Einen Moment!«, bellte er.
    »Möchten Sie vielleicht eine Tasse Tee?«, rief Robin durch die Tür.
    »Ja … ja, das wäre toll. Ich komme gleich«, ergänzte Strike laut und wünschte sich dabei erstmals, er hätte die Tür zwischen seinem Büro und dem Vorzimmer mit einem Schloss versehen. Sein falscher Fuß lehnte mitsamt der Wade an der Wand, und er trug nichts als seine Boxershorts.
    Robin verschwand nach draußen, um den Wasserkocher aufzufüllen, und Strike kämpfte sich aus seinem Schlafsack. Hastig schlüpfte er in seine Sachen, schnallte ungeschickt die Prothese an, klappte die Campingliege zusammen, verstaute sie in der Ecke und schob den Schreibtisch wieder an seinen Platz. Zehn Minuten, nachdem sie an seine Tür geklopft hatte, humpelte er in einer Deodorantwolke ins Vorzimmer, wo Robin am Schreibtisch saß und ihn aufgeregt ansah.
    »Ihr Tee«, sagte sie und deutete auf den dampfenden Becher.
    »Wunderbar. Danke. Ich brauche nur noch eine Sekunde«, sagte er und verschwand zum Pinkeln auf die Toilette im Treppenhaus. Während er den Reißverschluss hochzog, fiel sein Blick in den Spiegel und auf sein verknittertes, unrasiertes Gesicht. Nicht zum ersten Mal tröstete er sich mit dem Gedanken, dass es bei seinen Haaren keinen Unterschied machte, ob er sich kämmte oder nicht.
    »Ich habe Neuigkeiten«, sagte Robin, als er die Glastür zu seinen Büroräumen hinter sich geschlossen und unter erneuten Dankesbezeugungen die Teetasse an sich genommen hatte.
    »Ach ja?«
    »Ich habe Rochelle Onifade gefunden!«
    Er ließ die Tasse sinken.
    »Sie machen Witze! Wie zum Teufel …«
    »Ich habe in der Akte gelesen, dass sie regelmäßig zur Kontrolle in die Tagesklinik St. Thomas’ kommen soll«, sprudelte Robin aufgeregt und mit geröteten Wangen los. »Also habe ich gestern Abend dort angerufen, mich als sie ausgegeben und behauptet, ich hätte vergessen, wann ich den nächsten Termin habe, und sie haben gesagt, der wäre am Donnerstag um halb elf. Sie haben«, sie sah kurz auf ihren Computermonitor, »noch fünfundfünfzig Minuten.«
    Warum war ihm nicht eingefallen, ihr das aufzutragen?
    »Sie sind ein Genie, ein verfluchtes Genie …«
    Er hatte sich heißen Tee über die Hand gekippt und stellte den Becher wieder auf ihren Schreibtisch.
    »Wissen Sie, wo genau …«
    »In der Psychiatrischen Abteilung auf der Rückseite des Hauptgebäudes«, antwortete Robin euphorisch. »Also, am besten kommen Sie von der Grantley Road aus dorthin, da gibt es einen zweiten Parkplatz …«
    Sie hatte den Monitor zu ihm hingedreht und deutete auf den Lageplan des St. Thomas Hospital. Er sah auf sein Handgelenk; seine Armbanduhr lag noch auf seinem Schreibtisch.
    »Wenn Sie gleich losgehen, schaffen Sie das leicht«, drängte Robin ihn.
    »Gut – ich hole nur noch meine Sachen.«
    Strike ging nach nebenan, um seine Uhr, die Geldbörse, Zigaretten und das Handy einzusammeln. Er hatte schon

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