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Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Galbraith
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ihn drückte, ging die Tür von innen auf, und er betrat einen kahlen und zugleich eleganten Flur, der von einer Klimaanlage einen Hauch zu kühl temperiert war. Ein Klimpern und Klackern ging der Ankunft einer Frau mit tomatenrotem Haar voraus, die von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet war und eine Vielzahl silberner Armreife trug.
    »Oh«, sagte sie, als sie Strike sah.
    »Ich habe um zehn einen Termin mit Mr. Somé«, sagte er. »Cormoran Strike.«
    »Oh«, wiederholte sie. »Okay.«
    Sie verschwand wieder dorthin, von wo sie gekommen war. Strike nutzte die Wartezeit, um Rochelle Onifades Handy anzurufen, was er seit ihrem Treffen etwa zehnmal täglich tat. Doch es ging niemand ran.
    Nach einer weiteren Minute erschien wie aus dem Nichts ein kleiner dunkelhäutiger Mann, der geschmeidig und auf seinen Gummisohlen fast geräuschlos über den Flur auf Strike zustolzierte. Dabei schwang er übertrieben die Hüften, wobei er den Oberkörper mit den steifen Armen bis auf eine leichte Gegenbewegung der Schultern völlig gerade hielt.
    Guy Somé war knapp einen Kopf kleiner als Strike und trug etwa hundertmal weniger Körperfett mit sich herum. Auf dem schwarzen T-Shirt des Designers schillerten Hunderte von Silbernieten, die zu einem dreidimensional wirkenden Elvis-Gesicht angeordnet waren und an ein Nagelspiel erinnerten. Das Auge wurde des Weiteren durch ein wohldefiniertes Sixpack irritiert, das sich unter dem engen Lycra abzeichnete. Somé trug figurbetonte graue Jeans mit dezenten Nadelstreifen sowie Turnschuhe aus Lack- und Wildleder.
    In auffälligem Gegensatz zu seinem sehnigen, schlanken Körper wies sein Gesicht eine Vielzahl prägnanter Rundungen auf: Die weit auseinanderstehenden Augen traten aus den Höhlen wie die eines Fisches; die vollen Lippen unter den glänzenden Apfelbäckchen bildeten ein großes Oval; sein kleiner Kopf war annähernd kugelförmig. Somé sah aus, als wäre sein Haupt wie von Meisterhand aus weichem Ebenholz geschnitzt. Allerdings war der Bildhauer, seiner eigenen Perfektion überdrüssig, leicht ins Groteske übergeschwenkt.
    Der Designer streckte die Hand aus, wobei er das Handgelenk ein wenig anwinkelte. »Ja, da ist eine gewisse Ähnlichkeit mit Jonny«, sagte er, als er zu Strikes Gesicht aufsah; seine affektierte Stimme hatte einen leichten Cockney-Einschlag. »Aber Sie sind so viel männlicher .«
    Strike gab ihm die Hand. Somés Finger waren überraschend kräftig. Die klimpernde Rothaarige stieß wieder zu ihnen.
    »Trudie, ich will in der nächsten Stunde nicht gestört werden. Keine Anrufe!«, befahl Somé. »Und bring uns Tee und ein paar Kekse, Süße!«
    Er wirbelte mit der Anmut eines Tänzers herum und bedeutete Strike, ihm zu folgen.
    Sie gingen einen weiß getünchten Flur entlang und kamen an einer offen stehenden Tür vorbei, hinter der das runde Gesicht einer Asiatin mittleren Alters Strike durch eine Lage des hauchdünnen Goldstoffs hindurch anstarrte, den sie gerade über eine Schneiderpuppe warf. Der Raum, in dem sie arbeitete, war so grell ausgeleuchtet wie ein Operationssaal und mit Werkbänken und Stoffballen vollgestellt. An den Wänden hingen flatternde Collagen aus Skizzen, Fotografien und Notizen. Eine zierliche Blondine in einem Kleid, das Strike – Laie in derlei Dingen – wie eine große, schwarze, schlauchförmige Bandage vorkam, öffnete eine Tür und durchquerte vor ihnen den Flur. Sie warf ihm den exakt gleichen kühlen, desinteressierten Blick zu, mit dem ihn auch schon Trudie bedacht hatte. Strike kam sich abartig groß und behaart vor. Wie ein pelziges Mammut, das sich in eine Horde Kapuzineräffchen einzufügen suchte.
    Er folgte dem stolzierenden Designer zum Ende des Flurs und eine Wendeltreppe aus Eisen und Gummi hinauf, die zu einem großen, rechteckig geschnittenen Büro führte. Auf der rechten Seite bot sich ihm hinter den deckenhohen Fenstern ein beeindruckendes Panorama des Themse-Südufers dar. An den übrigen, weiß gestrichenen Wänden hingen Fotografien. Die gewaltige, gut drei Meter hohe Vergrößerung des berüchtigten »Fallen Angels«-Bildes an der Wand gegenüber von Somés Schreibtisch erregte Strikes Aufmerksamkeit. Bei näherer Betrachtung stellte er jedoch fest, dass es sich nicht um das weltberühmte Foto handelte; in der Version vor ihm hatte eine lachende Lula den Kopf zurückgeworfen: Ihr Hals ragte wie eine wohlgeformte Säule senkrecht aus der Haarpracht hervor, die durch den Heiterkeitsausbruch in Unordnung

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