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Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Galbraith
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Hardacre die E-Mail-Adresse der Detektei, dann beendeten sie nach ein paar knappen Erkundigungen über das jeweilige Wohlergehen sowie wechselseitigen besten Wünschen das Gespräch.
    Es war fünf vor elf. Mit dem Handy in der Hand stand Strike noch immer auf dem friedlichen grünen Platz, über dem ein winziges silbernes Flugzeug eine dicke weiße Spur durch den hellblauen Himmel zog. Endlich erreichte ihn mit einem kurzen, in der stillen Straße deutlich hörbaren Zirpen die SMS mit Bristows Antwort:
    Heute geht es nicht. Musste nach Rye. Vielleicht morgen?
    Strike seufzte. »Tut mir leid, John«, murmelte er, stieg die Stufen hinauf und drückte Lady Bristows Klingel.
    Die Eingangshalle mochte noch so still, geräumig und sonnendurchflutet sein, sie strahlte dennoch das leicht deprimierende Flair von gemeinschaftlichem Eigentum aus, das weder die eimerförmige Vase mit Trockenblumen übertünchen konnte noch die Kombination von dunkelgrünem Teppichboden und blassgelben Wänden, die man wahrscheinlich ihrer Unaufdringlichkeit wegen gewählt hatte. Genau wie in den Kentigern Gardens gab es hier einen Aufzug, diesmal allerdings mit Holztüren. Strike entschied sich für die Treppe. Das Gebäude hatte etwas leicht Heruntergekommenes an sich, was jedoch nichts an der dezenten Aura von Reichtum änderte, die es verströmte.
    Die Tür zur obersten Wohnung wurde von einer lächelnden karibischen Pflegedienstschwester geöffnet, die ihn auch schon ins Haus gelassen hatte.
    »Sie sind nicht Mr. Bristow«, stellte sie fröhlich fest.
    »Nein, ich bin Cormoran Strike. John ist unterwegs.«
    Sie ließ ihn herein. Lady Bristows Flur war angenehm unaufgeräumt, in verblichenem Rot tapeziert und mit zahllosen Aquarellen in alten vergoldeten Rahmen dekoriert; in einem Schirmständer drängten sich die Gehstöcke, und an den Kleiderhaken hingen mehrere Mäntel. Zu seiner Rechten konnte Strike am Ende des Flurs einen schmalen Ausschnitt des Arbeitszimmers ausmachen: einen schweren Holzschreibtisch und einen Drehstuhl, der mit dem Rücken zur Tür stand.
    »Würden Sie bitte im Wohnzimmer warten, während ich nachsehe, ob Lady Bristow Sie empfangen kann?«
    »Natürlich.«
    Er trat durch die Tür, die sie ihm gewiesen hatte, in einen gemütlichen, schlüsselblumengelb tapezierten Raum mit mehreren Bücherregalen, in denen gerahmte Fotos aufgestellt waren. Auf einem Couchtisch neben dem bequemen Chintzsofa stand ein altmodisches Wählscheibentelefon. Strike überzeugte sich schnell davon, dass die Pflegerin außer Sichtweite war, hob dann den Hörer ab und setzte ihn leicht schief wieder auf die Gabel.
    Neben dem Erkerfenster thronte auf einem Bonheur du jour ein großes, in Silber gerahmtes Hochzeitsfoto von Sir und Lady Alec Bristow. Der Bräutigam, ein rundlicher, strahlender bärtiger Mann, sah deutlich älter aus als seine Gemahlin; die Braut war dünn, blond und auf unauffällige Weise hübsch. Strike positionierte sich mit dem Rücken zur Tür, tat so, als würde er das Foto bewundern, und zog die kleine Schublade des zierlichen Kirschholztischchens auf. Darin lag ein Vorrat an elegantem hellblauem Briefpapier mit passenden Umschlägen. Er schob die Schublade leise wieder zu.
    »Mr. Strike? Sie können jetzt zu ihr.«
    Er trat zurück in den rot tapezierten Flur und von dort aus in ein großes Schlafzimmer, das hauptsächlich in gedecktem Hellblau und Weiß gehalten war und insgesamt einen eleganten, geschmackvollen Eindruck vermittelte. Linker Hand führten zwei angelehnte Türen in ein kleines Bad sowie in einen weiteren, größeren Raum, der offenbar als Ankleidezimmer diente. Die Möbel waren grazil und im französischen Stil gehalten; die Requisiten einer schweren Krankheit – ein Infusionsbeutel an einer Metallstange, eine sauber glänzende Bettpfanne auf der Kommode, ein Sortiment an Medikamenten – wirkten wie brutale Eindringlinge.
    Die sterbende Frau trug eine dicke elfenbeinweiße Bettjacke und lagerte, zwergenhaft in ihrem ausladenden, mit Schnitzereien verzierten Bett, auf Bergen von weißen Kissen. Nichts war von Lady Bristows jugendlicher Schönheit geblieben. Inzwischen zeichneten sich die Knochen unter der dünnen, glänzenden, schuppigen Gesichtshaut ab. Die Augen waren eingesunken und von einem matten Film überzogen, und ihr flaumiges, babyfeines graues Haar ließ rosafarbene Kopfhaut durchscheinen. Die ausgezehrten Arme lagen schlaff auf der Decke, unter der ein Katheterschlauch heraushing. Der Tod war

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