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Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Galbraith
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Abzweigung zu ihrer Straße fünfundvierzig Minuten im Wagen, bevor sie schließlich um die Ecke bog.«
    »Aber warum?«, fragte Robin, während die U-Bahn durch den langen Tunnel ratterte.
    »Tja, das ist die entscheidende Frage. Um irgendetwas zu beweisen? Um ihn zu zermürben? Ihn zu provozieren? Ihn zu bestrafen? Ein wenig Spannung in ihre festgefahrene Ehe zu bringen? Jeden Donnerstag eine knappe Stunde ohne jede Erklärung. Er ist ein cholerischer Stinker und hat den Köder natürlich sofort geschluckt. Die Sache trieb ihn in den Wahnsinn. Er war davon überzeugt, dass sie sich einmal wöchentlich mit ihrem Geliebten traf und dass ihre Freundin Maggie mit ihr unter einer Decke steckte. Er hatte seine Frau schon auf eigene Faust beschattet, aber er war der Meinung, sie wäre da immer nur deshalb zum Bingo gefahren, weil sie ihn bemerkt hatte.«
    »Also haben Sie ihm gesagt, was wirklich los war?«
    »Genau. Er glaubte mir nicht. Er bekam einen Tobsuchtsanfall und begann herumzubrüllen und zu schreien, dass sich alle gegen ihn verschworen hätten. Meine Rechnung wollte er auch nicht bezahlen. Ich hatte Angst, dass er ihr etwas antun könnte, und da beging ich eine Riesendummheit. Ich rief seine Frau an und erzählte ihr, dass ich sie in seinem Auftrag beschattet habe; dass ich wisse, was sie tat; und dass ihr Mann kurz vor dem Durchdrehen sei. Um ihrer selbst willen sollte sie vorsichtig sein und es nicht zu weit treiben. Sie sagte kein Wort, sondern legte einfach auf. Dummerweise kontrollierte er regelmäßig ihr Handy. Er stieß auf meine Nummer und zog daraus die naheliegenden Schlüsse.«
    »Dass Sie ihr von der Beschattung erzählt haben.«
    »Nein, dass ich ihrem Charme verfallen und ihr neuer Lover wäre.«
    Robin schlug die Hände vors Gesicht. Strike lachte.
    »Haben Sie viele verrückte Klienten?«, fragte Robin, die Hände wieder im Schoß.
    »Er ist eindeutig verrückt. Aber für gewöhnlich stehen sie nur unter großem Druck.«
    »Ehrlich gesagt habe ich dabei an John Bristow gedacht«, bekannte Robin zaghaft. »Seine Freundin glaubt, dass er sich das alles nur einbilde. Und Sie selbst dachten, er sei vielleicht ein bisschen … Sie wissen schon … oder nicht?«, fragte sie. »Wir haben Sie«, ergänzte sie leicht verlegen, »durch die Tür gehört. Das mit den ›Hobbypsychologen‹.«
    »Stimmt«, sagte Strike. »Also … Womöglich habe ich meine Meinung geändert.«
    »Wie meinen Sie das?« Robin sah ihn mit großen graublauen Augen an. Der Zug bremste ruckartig ab; mit jeder Sekunde waren die vor dem Fenster vorbeijagenden Schemen deutlicher zu erkennen. »Wollen Sie … Soll das heißen, er ist gar nicht … er könnte recht haben … sie wurde tatsächlich …?«
    »Wir müssen hier aussteigen.«
    Die von außen weiß getünchte Boutique, die sie im Visier hatten, befand sich auf der Conduit Street in der Nähe der New Bond Street und somit auf dem teuersten Quadratkilometer Londons. In Strikes Augen häufte sich in den schrillbunt dekorierten Schaufenstern ein unüberschaubares Sammelsurium von Entbehrlichkeiten: perlenbesetzte Kissen und Duftkerzen auf versilberten Schalen; artistisch drapierte Chiffonbahnen; farbenfrohe Kaftane, die man gesichtslosen Schaufensterpuppen übergestreift hatte; unförmige Handtaschen von protziger Hässlichkeit – das alles dargeboten vor einer Pop-Art-Kulisse in einer grell ausgeleuchteten Feier hemmungslosen Konsums, die Strike auf die Netzhaut und aufs Gemüt schlug. Er meinte fast vor sich zu sehen, wie Tansy Bestigui und Ursula May hier mit Expertenblick Preisschilder prüften und freudlos Krokoledertaschen im vierstelligen Bereich erstanden, um ihre lieblosen Ehen geldwert zu machen.
    Robin stand neben ihm und starrte ebenfalls auf die Auslage, registrierte aber kaum, was sie da sah. Am Morgen hatte man ihr, während Strike vor dem Haus eine Rauchpause eingelegt und kurz bevor Temporary Solutions angerufen hatte, telefonisch eine Stelle zugesagt. Jedes Mal, wenn sie darüber nachdachte, dass sie das Angebot in den nächsten zwei Tagen annehmen oder ablehnen musste, verkrampfte sich ihr Magen in einem intensiven Gefühl, das sie gern für Freude gehalten hätte, das aber, wie sie immer stärker vermutete, wohl Furcht war.
    Natürlich sollte sie die Stelle annehmen. Eigentlich sprach alles dafür. Dort würde man ihr genau das Gehalt zahlen, das Matthew und sie sich vorgestellt hatten. Die eleganten Büros lagen für sie gut erreichbar im West End. Sie

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