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Der Ruf des Satyrs

Der Ruf des Satyrs

Titel: Der Ruf des Satyrs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Amber
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jedes Detail ihrer Person. Ein Trick, den er in der Spezialeinheit gelernt hatte.
    Mit schwarzem Kajal um die Augen, Ringen an jedem Finger und dicken Armreifen an beiden Handgelenken ähnelte sie einer ägyptischen Wahrsagerin. Welche Art Frau trug ein aufreizendes Ballkleid, um Geschäfte zu tätigen, wenn nicht eine Kurtisane? Ein Durcheinander an Halsketten bedeckte ihren üppigen Busen, das Merkmal einer Frau, zu dem er sich besonders hingezogen fühlte. Er rutschte ein wenig in seinem Stuhl, so dass das Leder knarrte, und wandte den Blick ab. Wenn er sich von ihrem Charme zu sehr bezaubern ließ, wäre das gleichbedeutend mit einer Einladung an Dante, hier in seiner Haut aufzutauchen.
    In dem Moment, als sie den Raum betrat, hatte die Heiratsvermittlerin ihren Kopf geneigt und schnell einen hauchdünnen Schleier angelegt, den sie über Kopf und Schultern gezogen hatte. Dieser war zwar transparent und verbarg fast nichts von ihren Gesichtszügen, doch es war eine Art von Magie hineingewoben, denn wie Dane feststellte, konnte er sich nicht an ihr Gesicht erinnern, sobald er den Blick abwandte. Doch noch merkwürdiger war die Tatsache, dass ihr Duft so schwer definierbar war, dass er ihre Spezies nicht recht ausmachen konnte. Vor allem das reizte seine Neugier. Seine Fähigkeit, Duftnoten voneinander zu unterscheiden, war in der Anderwelt legendär. Doch irgendetwas in ihm – vielleicht Dante – behinderte mit voller Absicht seine Fähigkeit, ihren Duft zu erkennen. Weshalb? Sie und ihr Gefolge stellten ein Rätsel für ihn dar. Und das war etwas, dem er noch nie hatte widerstehen können.
    »Sie sind zu mir gekommen, weil Sie eine Braut suchen?« Es war schon das zweite Mal, dass die Frau ihm diese Frage stellte. Eine rhetorische Frage. Die Schriftrolle, die der Rat seinen Brüdern geschickt hatte, lag offen vor ihr auf dem Tisch, knisternd vor Anderweltmagie, und sie trug ihre Adresse gut sichtbar darauf. Ihre Finger fuhren rastlos an den Rändern entlang. Sie war nervös. Was für gewöhnlich bedeutete, dass jemand etwas zu verbergen hatte.
    Dane schlug seine Beine übereinander und verschränkte die Arme. »Nein, ich bin zu Ihnen gekommen, weil ich einen Vorarbeiter für meinen Hain suche.«
    Das ältere der beiden Mädchen sah von seiner Zeichnung auf. »Aber Mademoiselle vermittelt keine Vorarbeiter«, erklärte es mit einem Ernst, der seltsam wirkte an jemandem, der so jung war. »Sie findet Ehefrauen.«
    Mimi, die ihren Spielzeugzug unter den Schreibtisch gefahren hatte, spähte darunter zu ihm hinauf und nickte. Die Dienerin wand sich auf dem Stuhl in der Ecke, auf dem sie mit ihrer Flickarbeit saß. Das altkluge Benehmen der Kinder verärgerte sie, und Dane war klar, dass sie ihnen nicht gerade zugetan war.
    »Nun, in diesem Fall, vermute ich, muss ich mich wohl mit einer Braut begnügen.« Damit richtete er seinen Blick direkt auf das Objekt seines Interesses, entschlossen, mehr über die Frau vor ihm zu erfahren. »Sagen Sie mir«, bat er die Mademoiselle, »welche Art von Legitimation braucht man, um eine Heiratsvermittlerin zu werden?«
    »Ehemaklerin«, korrigierte sie. »Ich bin halb Fee und halb Mensch, so wie meine Mutter und ihre Mutter vor ihr. Zertifiziert als überwiegend Fee. Mein Talent habe ich geerbt, und wenn ich nicht gut in meiner Arbeit wäre, hätte der Rat Sie nicht zu mir geschickt.« In ihrem Ton lag ein Anflug von Herausforderung, als ginge sie davon aus, dass er einen Teil oder ihre gesamte Aussage anfechten wollte. Das hier wurde immer merkwürdiger.
    Der Kobold, der sich auf einem hohen Schemel vor einem
scrivania
niedergelassen hatte, hielt mit seinem Gekritzel inne. »Sie ist die Beste.«
    Mademoiselle Delacorte streckte eine Hand aus, tätschelte den kleinen Mann am Arm und schenkte ihm ein liebevolles Lächeln. »Vielen Dank, Pinot.«
    Die ältere der beiden Kleinen war inzwischen zur Fensterbank gewechselt, um dort weiterzuzeichnen, wo das Licht besser war. Die Jüngere spielte noch immer unter dem Schreibtisch und spähte gelegentlich zu Dane hoch. Hin und wieder fuhr die Heiratsvermittlerin der Kleinen abwesend übers Haar, und diese war sichtlich stolz angesichts der Aufmerksamkeit, die sie erhielt. Die alte Frau schwieg und sah finster drein, und der Kobold kauerte sich über die Notizen, die er von ihrem Treffen hier machte, während er Dane mit Argusaugen beobachtete.
    Für die meisten wäre es eine enervierende Situation gewesen. Dane allerdings fand das Ganze

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