Der Ruf des Satyrs
Absicht, ihr ein eigenes Haus zur Verfügung zu stellen und ihr Bett nur so lange zu besuchen, bis sie ein Kind erwartet. Solange sie eine respektable Frau von ehrbarer Natur ist, wird sie mir genügen.«
»Du willst tatsächlich, dass ich deine Ehefrau aussuche?«
Er nickte. »Du kannst das wahrscheinlich besser als ich. Und wenn wir schon dabei sind: Warum lässt du mich nicht im Gegenzug deinen Ehemann wählen?«
Eva atmete hörbar verärgert aus. »In diesem Fall ist deine Aufgabe weit einfacher als meine, denn ich habe bereits gewählt.«
»Patrizzi?« Ein Muskel zuckte in Danes Wange auf ihr kurzes Nicken hin. »Ein wenig zu alt für dich, findest du nicht?«
»Was? Nein!«
»Verzeih, ich gehe zu weit.« Spöttisch deutete er eine Verbeugung an. »Ich hege kaum Zweifel, dass er dir zu Füßen fallen wird.«
Sie hörte, wie er noch etwas vor sich hinmurmelte, dass der andere dies umso mehr tun würde, da ein älterer Mann ja einen Gehstock brauche, doch sie beschloss, das zu ignorieren und zuckte nur mit den Schultern. »Ich sehe freilich aus wie meine
Maman,
aber ich bin klüger, als sie es war. Ich werde mich nicht von unberechenbaren Leidenschaften beherrschen lassen. Und jetzt setz dich in Bewegung! Wenn wir uns das nächste Mal treffen, erwarte ich einen vollen Bericht über mindestens zwei Frauen, die du heute Abend getroffen hast und die dir gefallen!«
Damit stolzierte Eva davon und zog sich in eine Ecke am anderen Ende des Saals zurück. Dort wollte sie im Stillen ihrer Sucht nach ihm frönen, indem sie ihn den Rest der Nacht nach Herzenslust beobachtete. Doch es sollte nicht sein, denn nur einen Augenblick später erklang eine leise Stimme neben ihr. »Er sieht gut aus.«
Eva drehte sich um und sah Signora Patrizzi neben sich stehen. Auch sie betrachtete Dane und hatte offenbar bemerkt, wie Eva ihn beobachtete. Sie war eine ungewöhnlich schöne Frau, doch Eva fragte sich verdrossen, was sie wohl denken würde, wenn sie wüsste, dass ihre Aura nur aus einem unansehnlichen Braunton bestand.
»Signora.« Eva nickte ihr höflich zu, ignorierte aber den Gesprächseinstieg in der – vergeblichen – Hoffnung, sie würde dann das Thema Dane fallenlassen.
Serafina jedoch ließ nur ihren Fächer flattern, um damit für andere Augen zu verbergen, dass sie miteinander sprachen. »Ich hoffe sehr, Sie haben kein Auge auf meinen Sohn geworfen«, bemerkte sie beiläufig. »Er weiß sehr genau, dass er zu Besserem bestimmt ist.«
Zorn stieg in Eva auf. Genau solche Frauen wie diese hier hatten das Selbstwertgefühl ihrer Mutter zerstört. »Wenn Sie sich dessen so sicher wären, dann wären Sie jetzt nicht hier, um mir davon abzuraten.«
Serafina winkte höflich jemandem im Saal zu, den sie kannte. »Ich hatte nicht die Absicht, Sie zu verunsichern. Ich möchte Ihnen lediglich verschwendete Mühe und unvermeidbare Enttäuschung ersparen. Guten Abend, Signorina.« Damit entfernte sie sich ohne ein weiteres Wort und ließ Eva, in ihrem eigenen Ärger schmorend, zurück.
»Hexe!«, murmelte eine Stimme.
Eva sah sich um. Ein Tablett, nur ein paar Schritte von ihr entfernt, hob sich ein wenig und enthüllte den grinsenden Kobold darunter. Sie zog ein Gesicht. »Pinot? Was tust du denn hier?«
Seine funkelnden Augen verschwanden, als er das Tablett wieder auf seinen Kopf sinken ließ. »Na, ich arbeite, oder wonach sieht’s aus? Ich verdien gern etwas Geld fürs Haus, wenn ich kann. Ich brauch keine zwei Frauen, die mich aushalten.«
»Das, was du machst, nennt man wohl eher spionieren. Mich hältst du nicht zum Narren!« Servierer hatten jede Menge Zeit und Gelegenheit unter ihren Tabletts, und Eva wusste genau, dass einige daraus ihren Vorteil zogen. Die Hände eines Kobolds waren immer beschäftigt, gelegentlich eine Geldbörse oder goldene Uhr zu entwenden oder einfach nur aus Spaß die Taschen von Gästen zu durchstöbern.
»Ja, das auch ein bisschen. Die Leute vergessen einfach, dass wir da sind unter diesen Tabletts. Die denken, wir hätten keine Ohren, nur weil sie uns nicht sehen. So kommt man leicht an Neuigkeiten ran.« Übermütig schaukelte er auf den Absätzen vor und zurück. »O ja, ’
ne Menge
Neuigkeiten.«
»Nämlich?«
»Nämlich Neuigkeiten über so ’nen gewissen Herrn im Büchlein von deiner
Maman.
Ein Signor Rrrusso«, antwortete Pinot und machte sich mit dem übertrieben gerollten R über die hohe gesellschaftliche Stellung jenes Herrn lustig. »Ich hab aus ’ner guten
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