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Der Ruf des Satyrs

Der Ruf des Satyrs

Titel: Der Ruf des Satyrs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Amber
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Quelle, dass er gleich da drüben ist, bei der Statue da.«
    Russo war der erste Name auf ihrer kurzen Liste der Personen, die als ihr Vater in Frage kamen. Aufgeregt folgte Eva Pinots Blick. »Welche Statue? Hier gibt es Hunderte. Wie sieht er aus?«
    »Schwer zu übersehen. Der größere von den drei Fratres de Misericordia – den Barmherzigen Brüdern. Die alle in Schwarz da drüben, wie große dürre Krähen. Da krieg ich Zustände von!«
    Inzwischen hatte auch Eva das Trio entdeckt. Ihre langen Kapuzen waren über die Schultern zurückgeworfen, und ihre langen Roben reichten bis auf den Boden. Sie hatten schwarze Seidenmasken angelegt, die ihre Gesichter teilweise verbargen.
    Bei den echten Brüdern handelte es sich um Kapuzinermönche, die Wohltätigkeitsarbeit leisteten. Sie waren ein vertrauter Anblick bei Bestattungen und auf den Straßen der Stadt, wenn sie Schwerkranke auf Tragen zum Hospital brachten. Doch sie waren nie auf Bällen anwesend.
    »Warum sind sie so angezogen? Die Kapuziner sind nicht gerade Geschöpfe der römischen Mythen«, bemerkte Eva.
    »Wer weiß? Aber einer von den Servierern hier arbeitet in Russos Haus. Er isses auf jeden Fall, aber er is’ kein Mönch.«
    »Nein, so viel habe ich selbst auch schon herausgefunden.« Sie tätschelte dem Kobold unauffällig die Schulter und steuerte dann auf das schwarzgekleidete Trio zu. »Danke, Pinot. Ich denke, ich werde mal dorthin schlendern.«
    »Nich’ so schnell!« Pinot stellte sein Tablett beiseite und trottete hinter ihr her. »Ich komm mit. Odette spießt mich auf, wenn dir was passiert. Außerdem will ich ein wenig lauschen.«
    Eva drehte sich um, um ihn daran zu hindern.
    Doch Pinot deutete mit dem Finger nach vorn. »Keine Zeit für Debatten. Er verschwindet!«
     
    »Gaetano!«
    Gaetano Patrizzi stand an dem großen Flügelfenster vorn in der Großen Halle des Palazzo Nuovo und spielte mit dem goldenen Ring an seinem kleinen Finger herum, während er zusah, wie Eva ging. Zwei Stockwerke tiefer stand die Reiterstatue des Imperators Marc Aurel auf einem Podest mitten auf dem Platz und glänzte im flackernden Licht der Fackeln. Zwei Gestalten eilten daran vorbei über den trapezförmigen schwarz und weiß gepflasterten Boden. Evangeline und ihr merkwürdiger kleiner Gnom verließen die Gala der Mythen zu Fuß.
    Wenn er sie erst geheiratet hatte, würde Gaetano dafür sorgen, dass dieser Schwachkopf aus ihrem Gefolge verschwand, notfalls auch mit Gewalt. Und sie würde keinesfalls mehr mit seiner Nemesis – Herrn Scheiß-Dane Satyr – tanzen oder Umgang haben, weder mit ihm noch mit seinen Brüdern.
    Nachdem Gaetano sie erspäht hatte, wollte er ihr eigentlich folgen wie eine Biene dem Honig, doch wie es schien, hatte ihm die letzte Person, mit der er jetzt reden wollte, hier aufgelauert: seine Mutter Serafina.
    »Gaetano, ich rede mit dir!«, sagte sie gerade in ihrem herrischen Tonfall.
    »Ja, was ist?« Hinter ihnen spielten die Musikanten weiter, und der Lärm der plaudernden Gäste war ohrenbetäubend. Hier in ihrer Ecke jedoch waren sie in ihrer Unterhaltung ungestört.
    »Seit neuestem bist du fast unmöglich zu finden.« Sie stand mit dem Rücken zu dem Fenster, vor dem er sich aufhielt, und beugte sich zu ihm. »Sergio hat sich beschwert, dass unsere Schützlinge unruhig werden. Er braucht wieder frisches Serum. Warum hast du keine Oliven mehr gesammelt, um welches zu brauen?«
    Wut stieg in ihm auf, und urplötzlich freute er sich darauf, ihr die Neuigkeit mitzuteilen. Er drehte sich zu ihr um, denn er wollte ihr Gesicht sehen, wenn er es ihr sagte. »Weil ich den Hain verloren habe.«
    »Was?«, fragte sie verständnislos.
    Er verschränkte die Arme, lehnte sich mit einer Schulter gegen das Glas und genoss das Vergnügen, das Messer in der Wunde zu drehen. »Ich habe ihn verloren. Beim Kartenspiel.« Und jetzt der Todesstoß. »An Dane Satyr.« Ihr Gesicht verfärbte sich, während sie ihn nur anstarren konnte. Er hatte es tatsächlich einmal geschafft, sie sprachlos zu machen, und das verschaffte ihm ein Gefühl von Macht.
    Doch sogleich spürte er einen schmerzhaften Kniff in die Rippen und jaulte auf. »Verdammt, Mutter!«
    »Wenn wir allein wären, würde ich dich schlagen«, erklärte sie ohne eine Spur von Reue. »Das könnte unser Untergang sein, du wertloser Köter! Oh, warum bin ich nur mit solch einem Sohn gestraft?«
    Er ballte seine Hände zu Fäusten. Der Einzige, der hier gestraft war, war er. Es gab so

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