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Der Ruf des weißen Raben (German Edition)

Der Ruf des weißen Raben (German Edition)

Titel: Der Ruf des weißen Raben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sanna Seven Deers
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Handfläche, der in einfacher Form zwei Vogelköpfe zeigte, die, seitlich miteinander verbunden, in entgegengesetzte Richtungen blickten. Vorsichtig ließ Runa den Talisman in ihre Hand gleiten. Der Stein, aus dem der Talisman gearbeitet war, war von blaugrüner Farbe und schien poliert zu sein, so glatt und geschmeidig lag er in der Hand. Runa spürte plötzlich eine angenehme Wärme in ihrer Handfläche. Schnell breitete sie sich in ihren ganzen Körper aus.
    Runa blickte Halvar erstaunt an. Doch dann zog der sorgfältig gearbeitete Talisman wieder ihren Blick auf sich. Von diesem Talisman hatte sie bisher nur in Legenden gehört. Nie hätte sie gedacht, dass er sich in Halvars Besitz befinden würde, geschweige denn, dass sie selbst ihn einmal in Händen halten würde! Es handelte sich um den Raben-Talisman aus längst vergangenen Zeiten. Er hatte sehr starke magische Kräfte, und er verkörperte das Geben und Nehmen von Leben, Heilung und Zerstörung. Er war ein Symbol des Gleichgewichtes und der vollkommenen Harmonie.
    Runas Hände begannen zu zittern.
    »Dieser Talisman wurde vor langer, langer Zeit von einem mächtigen Geistwesen erschaffen«, erklärte Halvar. »Er wurde einem bedeutenden Schamanen zum Schutz anvertraut. Vor seinem Tod übergab dieser Schamane den Talisman an einen würdigen Nachfolger, und so ging es weiter über viele Generationen, bis er schließlich in meine Obhut gelangte. Ich habe meinen Namen erhalten, als ich meine Aufgabe übernommen habe. Halvar bedeutet Hüter des Steins .« Er hielt inne und blickte direkt in Runas Augen. »Wir alle waren nur Hüter des Talismans, bis diejenige, für die der Talisman bestimmt ist, den Ruf des mächtigen Geistwesens vernimmt, das den Talisman vor langer Zeit erschaffen hat. In deinem Traum hast du den Ruf gehört.« Halvars ruhige Stimme ertönte klar und deutlich über die kleine Lichtung im Wald. »Der Talisman wird seine magischen Kräfte um ein Vielfaches verstärken – jedes Mal, wenn du auf deinem Weg einer Herausforderung begegnest und sie bewältigen musst. Am Ende wird er … Nun, er stellt den stärksten, aber auch einzigen Schutz dar, den ich dir mit auf den Weg geben kann! Schütze ihn mit deinem Leben, denn eure Schicksale sind von diesem Augenblick an unweigerlich miteinander verbunden.« Er hielt kurz inne. »Möge Frieden mit dir sein, wo immer du auch gehst!«
    Dann stimmte Halvar wieder einen leisen Gesang an.
    Der Kreis der Dorfbewohner, die in den Gesang einstimmten, löste sich auf. In einer langen Reihe gingen sie singend an dem lodernden Feuer vorbei und warfen kleine Opfergaben in die Flammen. Anschließend berührte jeder von ihnen den Kreis aus Bärenschädeln. Mit diesen Gesten segneten Runas Familie und Freunde sie – auf dass sie, von Schutz und Sicherheit umhüllt, die vor ihr liegende Reise ins Unbekannte antreten konnte.
    Als der neue Morgen dämmerte, fanden sich alle Dorfbewohner vor den Hütten von Runa und Erdis ein, um die beiden Frauen in aller Stille zu verabschieden.
    Niemand sagte ein Wort. Die Geister hatten zu Runa gesprochen, und daran ließ sich nichts ändern.
    Runa und Erdis wurde mit dem Verlassen des Dorfes das größte Opfer abverlangt. Die Familie und die Dorfgemeinschaft bedeutete ihnen alles. Ein Leben ohne sie war unvorstellbar. Für die beiden jungen Frauen würde das Leben von nun an vollkommen anders sein.
    Runa berührte hilfesuchend den Talisman, den Halvar ihr am vorherigen Abend überreicht hatte und den sie an ihrem Gürtel trug. Sie würde in den nächsten Augenblicken mehr Kraft brauchen als je zuvor in ihrem Leben. Kraft, um die Menschen zurückzulassen, die ihr am meisten auf dieser Welt bedeuteten.
    Den Zurückbleibenden wurde nicht viel weniger abverlangt. Es war ihnen nicht nur gewiss, dass sie Runa und Erdis in diesem Leben nicht wiedersehen würden, sie würden auch nie erfahren, was aus ihnen geworden war. Die letzte Erinnerung, die sie an die beiden jungen Frauen haben würden, war der Augenblick des Abschieds.
    Liebevoll und voller Wehmut drückte Runa ein letztes Mal die Hände ihrer Brüder. Stolz, aber auch ein wenig neidisch sahen die vier jungen Männer ihre Schwester nach. Es war eine große Ehre, eine solch wichtige Aufgabe für die Geister zu erfüllen, und jeder von ihnen hätte allzu gerne mit Runa getauscht. Aber die Geister hatten sie gewählt.
    Runa trat zu ihrem Vater. Auch in seinen Augen lag ein Anflug von Stolz. Doch obwohl er großes Vertrauen in den

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