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Der Ruf des weißen Raben (German Edition)

Der Ruf des weißen Raben (German Edition)

Titel: Der Ruf des weißen Raben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sanna Seven Deers
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abhielten. Dann streckten sich geisterhafte Arme aus Rauch nach ihr aus und lockten sie, ihnen zu folgen!« Sie blickte Chad triumphierend an. »Chad, es war euer Zeremonienhaus, das Runa in ihrem Traum gesehen hat. Ich bin mir sicher!«
    »Unser Zeremonienhaus«, wiederholte Chad langsam. »Das würde bedeuten, dass Runa aufgrund unserer Bitte um Hilfe von den Geistwesen im Reich der Ahnen auf den Weg geschickt worden ist.« Er blickte sie verwirrt an. »Aber die Legende existierte schon lange vor unserer Zeremonie … Ich verstehe es nicht.«
    Myra überlegte.
    »Vielleicht hat es etwas mit Runas Weg zu tun, mit ihrem Werdegang. Vielleicht geht es um etwas, das sie erlebt. Und vergiss nicht, die Legende wurde über eine lange Zeit von Generation zu Generation überliefert. Vielleicht fehlen einige wichtige Tatsachen.«
    »Du könntest recht haben«, meinte Chad nachdenklich. »Aber das können wir nicht wissen. Jedenfalls nicht im Augenblick.«
    »Runa spürt, dass das Leben der Gemeinschaft sich stark zu verändern beginnt. Das erleichtert ihr den Abschied ein wenig.«
    »Welche Veränderungen meint sie?«
    Myra sah ihn aufgeregt an. »Dass aus den frühen Nomaden in Europa sesshafte Bauern werden.«
    Chad schluckte.
    »Runa lebt in einer Zeit, in der es noch kein Metall gibt?«
    »Sie trägt ein Messer aus Flintstein bei sich, und auch sonst gibt es nur steinzeitliche Werkzeuge in ihrem Dorf«, erklärte Myra. Dann fügte sie bewegt hinzu: »Du kannst dir nicht vorstellen, wie Runa sich fühlt, Chad. Noch immer spüre ich die Schwere und die Leere in ihrem Herzen. Wir wissen, dass sie heil auf diesem Kontinent ankommt, aber sie selbst … Es kostet sie alle Kraft, ihre Gefühle zu meistern, nicht an die Familie und Dorfgemeinschaft zu denken, die sie zurücklassen muss, oder an die Gefahren, die vor ihr liegen. Denk nur an die Entfernung, die sie am Ende zurückgelegt hat und von der sie zu Beginn ihrer Reise nichts weiß!«
    »Verstehe«, meinte Chad beruhigend, als er sah, wie aufgeregt Myra war. »Aber noch mal zurück zum Talisman. Er ist Runa also zum Schutz mitgegeben worden. Gleichzeitig soll sie wiederum ihn schützen.«
    »So hat Halvar es Runa während der Zeremonie erklärt.«
    »Auf jeden Fall bin ich froh, dass du heil wieder hier bist. Ich hätte dich sonst sehr vermisst«, sagte Chad mit solchem Nachdruck, dass es Myra ganz warm ums Herz wurde.
    Sie schenkte ihm ein kleines Lächeln. Es war schon seltsam, wie die Dinge sich entwickelt hatten. Noch vor zwei Tagen hatte sie nichts von Chad gewusst. Jetzt hatte der Zufall sie zusammengeführt. Nein, nicht der Zufall, verbesserte sie sich in Gedanken. Sie glaubte nicht an Zufälle. Es war vom Schicksal so und nicht anders für sie bestimmt gewesen!
    Sie musterte Chads ebenmäßige Gesichtszüge, seine sportliche Figur, die Art, wie er entspannt und ungezwungen neben ihr saß, als würden sie sich schon lange kennen. Röte stieg in ihre Wangen. Chad war ihr so vertraut, und doch war alles gleichzeitig so neu. Myra senkte verlegen den Blick, als sie an den zärtlichen Kuss dachte, den Chad ihr in der Zukunft auf die Stirn gehaucht hatte. Wie lange würde sie ihre Gefühle im Jetzt noch verbergen müssen?
    Ihr Blick richtete sich auf die morgendliche Berglandschaft um sie herum. Die Sonne überflutete den Hang und die Stelle, an der sie saßen, und wärmte Myras Körper und Seele. Sie sog die frische Luft ein. Der Duft der Blumen lag über dem Berg, und Myra vergaß für eine Weile, warum sie hier war.
    »Woran denkst du?«, fragte Chad und stieß sie leicht an.
    Myra lächelte.
    »Daran, dass auch ich dich vermisst hätte! Seltsam, schließlich kennen wir uns ja kaum. Außerdem denke ich ans Essen. Ich bin sehr hungrig!«
    Chad lachte. »Dann sollst du als Erstes etwas zu essen bekommen. Anschließend machen wir uns langsam an den Abstieg.«
    Während des Abstiegs wechselten sie kaum ein Wort. Sie erreichten den Parkplatz, auf dem an diesem Tag – es war ein Werktag – nur wenige Autos standen. Chads roter Ford Explorer wartete unter einer großen Zeder auf sie.
    Chad öffnete den Kofferraum und verstaute die spärliche Campingausrüstung. Dann schloss er die Beifahrertür auf. Er musste lächeln, als er Myras nachdenklichen Blick sah.
    »Woran denkst du?«
    »Ich kann mir ungefähr vorstellen, wie man in der Geisterwelt in vergangene Zeiten reisen kann«, meinte Myra. »Aber ich verstehe nicht, wie man in der Zukunft verweilen kann. Die ist ja

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