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Der Ruf des weißen Raben (German Edition)

Der Ruf des weißen Raben (German Edition)

Titel: Der Ruf des weißen Raben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sanna Seven Deers
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dankte ihr für ihre Gaben. Anschließend richtete er sich an alle Geistwesen und erklärte ihnen, welch wichtige Aufgabe Runa bevorstand.
    »Runa ist in der vergangenen Nacht ein wichtiger Traum geschickt worden. Darin sah sie Menschen aus einem unbekannten Land, aus einer unbekannten Zeit, die in einer Zeremonie um Hilfe baten. Wofür, das wissen wir nicht. Aber Runa ist im Traum eine Botschaft übermittelt worden. Eine Botschaft in einer Sprache, die wir nicht verstehen. Ich habe auf ihr Bitten hin die Geister angerufen. Die Botschaft, die Runa im Traum überbracht wurde, enthält die Antwort auf den Wunsch nach Hilfe, den die Menschen in der Zeremonie geäußert haben. Und es ist die Forderung der Geistwesen, dass diese Botschaft von Runa allein dorthin überbracht wird, wo man ihre Sprache versteht.« Er hielt kurz inne, um seinen folgenden Worten, die an die Geister gerichtet waren, noch mehr Nachdruck zu verleihen.
    »Ich, Halvar, bitte in Runas Namen um Schutz und Führung während der Erfüllung ihrer Aufgabe. Möge alles, was dabei von ihr verlangt wird, von Erfolg gekrönt sein.«
    Als er geendet hatte, ließ er noch einmal seine Trommel sprechen.
    Plötzlich verstummte sie, und es war nur noch das Flüstern des Schamanen zu hören.
    Runa konnte seine Worte nicht verstehen.
    Halvar schritt um die junge Frau herum und stellte dabei Bärenschädel auf. Runa zählte sieben große Schädel, die restlichen waren viel kleiner. Insgesamt waren es dreizehn. Eine magische Zahl.
    Runa wusste, dass der Kreis aus Bärenschädeln sie beschützen sollte. Sie bewegte sich nicht.
    Jetzt holte Halvar ein Stück Baumrinde hervor, auf dem er Ocker gemischt hatte, und zeichnete damit etwas auf einen großen Felsbrocken in der Nähe. Runa lächelte dankbar, als sie erkannte, dass Halvar eine seiner besonderen Begabungen benutzte: Er malte ein positives Bild von Runas bevorstehender Reise. Die Zeichnung stellte in verschiedenen einfachen Symbolen dar, wie sie beschützt und geleitet, stark und gesund sein würde und wie sie ihre Aufgabe erfolgreich zu Ende brachte. Diese Art von Zauber, das wusste Runa, war sehr stark. Halvar konnte auf diese mentale Weise, allein durch seinen Willen, viele Dinge bewegen. Er konnte Tiere in eine bestimmte Gegend locken, damit die Jäger sie schnell fanden und die Jagd erfolgreich war. Er konnte Wolken herbeibringen und Bäume versetzen.
    Nun wandte Halvar sich an Runa. Er trat zu ihr und bemalte ihre Stirn mit dem Ocker.
    Runa wurde immer ruhiger. Sie hatte schon oft beobachtet, wie Halvar diese Art von Zauber anwandte. Bisher hatte er seine Wirkung nie verfehlt! Ihre Aufgabe musste noch gefährlicher, noch wichtiger sein, als sie bisher angenommen hatte. Und Halvar tat sein Bestes, um sie zu schützen. Sie senkte den Kopf und sprach leise ihren Dank aus.
    Runa stand noch immer in dem schützenden Kreis aus Bärenschädeln, als Halvar seine Worte an sie richtete: »Runa, Kind, höre mir gut zu! Was ich dir jetzt sage, kann ich nicht wiederholen.« Er hob seinen Kopf zum hell erleuchteten Nachthimmel empor und fuhr fort: »Ein Schamane aus jedem Gebiet, durch das du reisen musst, wird einen Traum über deine Ankunft haben, und er wird dich zu der jeweils östlichen Grenze seines Gebietes geleiten. Nicht alle Schamanen werden ihren Träumen Folge leisten, also sei auf der Hut. Du darfst niemandem trauen! Es wird gefährlich sein. Aber du wirst deine Botschaft schließlich an jemanden überbringen, der sie wahrhaftig versteht. Du wirst wissen, wer die Person ist, wenn du ihr begegnest. Deine Aufgabe endet dort.« Der Schamane richtete seinen Blick auf Runa. »Du wirst unser Dorf nicht wiedersehen – ihr beide werdet es nicht wiedersehen, denn Erdis wird dich begleiten.«
    Runa blickte erstaunt zu Erdis, aber deren Gesicht zeigte keine Überraschung. Es schien, als habe sie nichts anderes erwartet!
    Dann legte Halvar unvermittelt seine Hände auf Runas Schultern.
    »Mein Wissen wird von nun an auch dir gehören«, erklärte er und blickte die junge Frau ernst an. »Als Letztes«, fuhr Halvar fort, »möchte ich, dass du diesen Lederbeutel an deinem Gürtel befestigst und ihn immer bei dir trägst.« Er holte einen kleinen braunen, schon sehr abgenutzt aussehenden Lederbeutel hervor und übergab ihn Runa, die sich noch immer nicht bewegt hatte.
    Langsam und vorsichtig öffnete Runa den Beutel und starrte auf den Inhalt: Es handelte sich um einen Talisman aus Stein, etwa halb so groß wie ihre

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