Der Ruul-Konflikt 6: Im Angesicht der Niederlage (German Edition)
nervös von einem Fuß auf den anderen.
Kerrelak schwieg lange Zeit, bevor er antwortete: »Und der Angriff auf Neu-Asalti?«
»Wurde abgewehrt.« Falls überhaupt möglich, wurde der Offizier noch nervöser und schluckte schwer.
»Dann schicken wir jetzt die nächste Welle.«
»Herr?«
»Schick die nächste Welle«, befahl Kerrelak ungehalten. »Sofort!«
19
Die Kronos hatte beinahe ein Drittel ihrer Torpedobewaffnung eingebüßt, doch so makaber es schien, sie war von all ihren Schiffen noch am besten in Schuss, mit Ausnahme des Sca’rith-Schlachtschiffes, das, unbeeindruckt von den Kämpfen, über dem Nordpol der Kolonie seine Position hielt.
Vincent überprüfte die Schadens- und Verlustberichte seiner Einheiten. Es sah nicht gut aus. Die Lydia verlor inzwischen keinen Sauerstoff mehr, da die Schadenskontrollmannschaften die zahlreich entstandenen Mikrorisse behelfsmäßig abgedichtet hatten. Das war allerdings auch die einzige gute Nachricht. Vier Decks waren immer noch durch Trümmer vom Rest des Schiffes abgeschnitten, die Feuerleitung durch mehrere Kurzschlüsse im Moment unzuverlässig und die Munitionsaufzüge für die Raketenbatterien beschädigt und dadurch nur bedingt einsatzfähig. Bei einem kurzen Schlagabtausch wäre dies kein Problem. Bei einem längeren Gefecht mit einem starken Gegner jedoch konnte sich vor allem der Schaden an den Munitionsaufzügen als tödliches Handicap erweisen.
Die Besatzung des Schweren Kreuzers der Night-Klasse TKS Potemkin wurde durch interne Feuer in Atem gehalten. Die Feuer drohten Antrieb und Reaktor zu erreichen. Sollte dies geschehen, wäre das Schiff verloren. Der andere Night-Kreuzer, die TKS Las Vegas , verfügte nur noch über einen Bruchteil seiner ursprünglichen Feuerkraft. Außerdem musste ein Teil seiner Besatzung auf die Kronos evakuiert werden, da die Lebenserhaltung beeinträchtigt und nicht mehr in der Lage war, das komplette Schiff mit ausreichend Sauerstoff zu versorgen.
Der Schwere Kreuzer Thunderbolt hatte sich während des Gefechts mit einem der ruulanischen Schlachtträger angelegt und die entsprechende Quittung kassiert. Die Panzerung war mit Kratern und verschmorten Geschützstellungen übersät, die Schutzschilde irreparabel beschädigt. Dass der Zerstörer Aggressive überhaupt noch als kampffähig durchging, grenzte an ein Wunder, wenn man die Liste der Schäden betrachtete.
An die vier überlebenden Leichten Kreuzer des MacAllister-Wachgeschwaders wollte Vincent gar nicht denken. Sie alle wiesen schwerste Schäden auf. Leichte Kreuzer waren nicht dafür gedacht, in ein solches Inferno aus Geschützfeuer geschickt zu werden, jedenfalls nicht ohne erheblich schwerere Unterstützung, als ihnen im Augenblick zur Verfügung stand.
»Commodore?«
Als Ivanov näher trat, bemerkte Vincent, dass dieser seinen linken Fuß nachzog. Augenblicklich überkamen ihn Schuldgefühle, weil er seinen XO noch nicht einmal nach dessen Befinden gefragt hatte.
»Alles in Ordnung?« Der Commodore der TKS Lydia wies auf das offenbar verletzte Bein.
Ivanov tat die Verletzung mit einem Achselzucken ab. »Hab schon Schlimmeres erlebt.«
Vincent nickte müde. Erschöpfung machte sich unter der ganzen Crew bemerkbar. Er selbst war ebenfalls nicht davor gefeit. Wer bis jetzt noch auf den Beinen stand, klammerte sich mental mühsam an seine Pflichten, um nicht umzukippen.
»Sicher haben Sie das«, lächelte Vincent. »Neuigkeiten?«
Ivanov schüttelte den Kopf. »Unsere Einheiten sind noch dabei, sich neu zu formieren. Vielleicht sollten wir in Erwägung ziehen …«
Ein durchdringender Alarmton unterbrach die Ausführungen seines XO. Ivanov eilte sofort zur taktischen Station und beachtete nicht einmal die Schmerzen seines verletzten Beins.
Der XO der Lydia überflog die einkommenden Daten und sah schließlich mit aschfahlem Gesicht auf.
»Feindliche Angriffswelle im Anflug.«
»Wie viele?«
»Mindestens sechzig Schiffe.«
Vincent schluckte schwer, bevor er seine Gestalt straffte.
»Alle Mann auf Gefechtsstation!«
»Auf welchem Kurs?«, verlangte Mansu zu wissen.
»Die eine Hälfte nimmt Kurs auf MacAllister, die andere auf Neu-Asalti«, antwortete Xerex hektisch. Der junge Asalti hielt sich verhältnismäßig gut, wenn man bedachte, dass er seinen Posten noch nicht lange innehatte. Wie bei den meisten seines Volkes war dies auch für Xerex das erste Gefecht. Mansu behielt den jungen Offizier, so gut es ging, im Auge, um
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