Der Ruul-Konflikt 6: Im Angesicht der Niederlage (German Edition)
auf den Hocker neben ihm. »Sollten artige, kleine MAD-Offiziere um diese Zeit nicht längst im Bett liegen?«
Er lächelte bei ihrer freundlichen Stichelei. »Ich kann irgendwie nicht schlafen.«
Mit einem Wink bedeutete sie dem Barmann, ihr dasselbe zu bringen wie ihrem Gesprächspartner. Erst als ihr Drink gebracht wurde, sprach sie weiter.
»Schlimmer Tag?«
»Schlimmes Leben«, antwortete er verschmitzt.
»Oha, doch so schlimm. Willst du drüber reden?«
Für einen Moment erwog er tatsächlich, Coltors Verbot zu ignorieren und die Informationen, die er erhalten hatte, zu teilen, doch er brachte es nicht über sich. Meredith war ohne Zweifel vertrauenswürdig, doch Befehl war Befehl. Und Coltors Vertrauen zu missbrauchen, kam nicht infrage.
»Würde ich gern, aber dann müsste ich dich töten.«
»Na dann lassen wir das lieber«, sagte sie und nahm einen Schluck ihres Cocktails.
»Und bei dir?«
»Ähnlich frustrierend wie bei dir. Wir kommen einfach nicht weiter, was diesen Attentäter angeht. Sobald wir eine heiße Spur finden, landen wir kurz darauf in einer weiteren Sackgasse. Wer immer das ist, versteht sich gut darauf, falsche Fährten zu legen.«
»Dann hatten wir heute wohl beide einen miesen Tag«, sagte er und hob sein Glas zum Salut, sodass Meredith es leicht mit ihrem berühren konnte. Das leise Klirren war das einzige Geräusch in der Hotelbar. Die letzten Gäste machten sich gerade auf den Weg und auch der Barmann wartete ungeduldig darauf, endlich Feierabend machen zu dürfen.
»Meredith? Darf ich dich mal was fragen?«
»Klar.«
»Mal angenommen, du hättest etwas erfahren, etwas von solcher Tragweite, dass es nicht nur dein Weltbild ins Wanken bringt, sondern auch die Zukunft einer äußerst wichtigen Veranstaltung. Was würdest du tun?«
»Reden wir gerade von einer ganz bestimmten, wichtigen Konferenz?«
»Ich meine das alles rein hypothetisch.«
»Aber natürlich«, grinste sie, wurde jedoch schnell wieder ernst. »Also gut. Mal angenommen, ich hätte solche Informationen bekommen, dann würde ich alles tun, was in meiner Macht stünde, um diese Bedrohung auszuschalten oder dafür sorgen, dass es gar nicht erst zu einer Bedrohung kommt.«
»Und wenn es gegen einen direkten Befehl verstößt?«
»Auch dann.«
Jonathan nickte zustimmend. »Genau das dachte ich auch.« Er beugte sich vor und hauchte ihr einen Kuss auf die Wange. »Danke dir.«
»Ähm … gern geschehen. Und jetzt?«
Er drehte sich um und rutschte von dem Barhocker. »Ich werde mir wohl jemanden zur Brust nehmen müssen.«
Meredith lächelte ihn mit schiefem Grinsen an. »Und das hat nicht bis morgen früh Zeit?«
10
Jonathan erwachte wenige Stunden später aus unruhigem Schlaf. Die Sonne ging gerade am Horizont auf.
Colin Grey.
Der Name ging ihm nicht mehr aus dem Sinn. Nach allem, was Coltor ihm erzählt hatte, unterhielt die Familie Grey in der Vergangenheit durchaus enge Kontakte zu den Ruul. Für gewöhnlich lebte Jonathan nicht nach der Devise, alle über einen Kamm zu scheren, doch sein Misstrauen war geweckt.
Es stand einfach zu viel auf dem Spiel, um jemandem wie Grey Zugang zu einer solchen Konferenz zu ermöglichen. Wie es Grey geschafft hatte, überhaupt nach MacAllister zu kommen, blieb Jonathan ein Rätsel. Jeder Soldat, Diplomat, Assistent eines Diplomaten und sogar die niedrigsten Bürokraten waren einer akribischen Sicherheitsüberprüfung unterzogen worden. Er erwog für eine Sekunde, dass Grey einfach durch das Raster gefallen war, doch dies schien angesichts des Aufwands, den MAD und SES betrieben hatten, um die Konferenz zu schützen, überaus unwahrscheinlich. Die einzig logische Antwort war: Jemand hatte ihm Zugang verschafft. Aber wer? Und warum?
Es gab nur eine Möglichkeit, Antworten zu finden. Er musste Grey auf den Zahn fühlen. Er griff nach dem Kommunikator in seiner Tasche, um seine beiden Freunde von den ROCKETS zu benachrichtigen, steckte ihn jedoch wieder weg, als ihm einfiel, dass sie nicht zur Verfügung standen.
Angesichts der hohen Verluste, die die ROCKETS erlitten hatten, mussten die beiden Teamleiter die Sicherheit der Präsidentin gewährleisten. Zu diesem Zweck hatten sie sich erneut zu ihren Teams gesellt. Letzte Nacht hatte er eine wichtige Entscheidung gefällt: Coltors Befehl zu ignorieren. Man durfte Grey nicht trauen. Also musste er observiert werden.
Er warf einen Blick zurück ins Schlafzimmer. Meredith lag noch immer in die Laken
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