Der Ruul-Konflikt 6: Im Angesicht der Niederlage (German Edition)
Blick. Sein Respekt vor den Männern stieg. Nicht einer rührte sich von der Stelle. Soweit er es beurteilen konnte, bewegten sie sich kaum. Es gab keinen Moment, zu dem er durch das engmaschige Netz ihrer Aufmerksamkeit hätte schlüpfen können. Das war wirklich ärgerlich.
Es dauerte eine knappe Stunde, bis die Tür der Lagerhalle einen Spalt aufgestoßen wurde und vier Personen ins Tageslicht traten. Einer von ihnen war Grey.
Jonathan sog scharf die Luft ein. Einen der anderen drei kannte er nicht, wohl aber die beiden anderen Diese Gesichter zierten jedes Fahndungsplakat im Konglomerat. Bei den zwei Männern handelte es sich um hochrangige Mitglieder der Kinder der Zukunft. Sie gehörten zwar nicht zur Führungsriege, waren jedoch wichtig genug, um dem MAD in der Vergangenheit bei mehreren Gelegenheiten aufgefallen zu sein. Man musste kein Genie sein, um zu erraten, dass der Dritte im Bunde ebenfalls Offizier bei den Kindern sein musste. Und Grey gab allen dreien freundlich die Hand, lächelte sogar. Jonathan knirschte mit den Zähnen. Erst der Bruder ein Verräter und Colin Grey nun auch. Anscheinend unterhielt diese Familie immer noch enge Bande zu den schlimmsten Feinden der Menschheit.
Er musste etwas unternehmen, und zwar sofort.
»Hey! Was machen Sie da?«
Jonathans Körper versteifte unwillkürlich. Er drehte sich halb um. Hinter ihm stand ein ungepflegter Kerl mit einer großen Zahnlücke, wo einer seiner Schneidezähne hätte sein müssen. Der Mann war zwei Köpfe größer als Jonathan und strotzte nur so vor Muskeln. Was ihn jedoch am meisten beunruhigte, war die Waffe, die der Mann auf seinen Rücken gerichtet hielt. Es war kein Laser, sondern eine altmodische Projektilwaffe. Nicht dass das einen Unterschied gemacht hätte, tot war tot.
»Sie würden mir vermutlich nicht glauben, dass ich mich verlaufen habe?«
Der Mann spuckte abfällig aus.
»Hatte ich auch nicht erwartet.«
Der Mann spannte den Zeigefinger um den Abzug. Diesen Moment wählte Jonathan, um sich in einer fließenden Bewegung um die eigene Achse zu drehen. Mit einem Seitschritt bewegte er sich von der drohenden Waffe fort. Doch sein Gegner war beileibe kein Anfänger. Er rechnete offenbar mit derlei Aktionen und folgte der Bewegung.
Jonathan griff nach seiner eigenen Waffe, doch bereits in der Bewegung erkannte er, die Zeit würde nicht ausreichen. Der Mann folgte seiner Bewegung überraschend behände. Der Lauf deutete unmittelbar auf einen Punkt über seinem Herzen.
Plötzlich verdrehte der Mann die Augen. Ein gequältes Stöhnen drang aus seinem Mund. Sein Gegenüber knickte in den Knien ein und zog seine Waffe um wenige Millimeter nach rechts.
Die Pistole knallte. Jonathan ließ sich instinktiv fallen. Etwas Heißes zupfte an seinem linken Ärmel. Der MAD-Offizier biss die Zähne zusammen, zog die eigene Waffe, drückte jedoch nicht ab. Der Mann war bereits tot. Er kippte ohne einen weiteren Laut um. Hinter ihm stand Meredith Sorenson, mit einem blutigen Messer, das sie aus seinem Genick zog.
All dies spielte sich in Bruchteilen von Sekunden ab.
»Du?! Was zum Teufel tust du hier?«, schrie Jonathan, der über dieser Entdeckung sogar kurzzeitig die Schmerzen seiner Verletzung vergaß.
»Ich bin dir gefolgt, als du Grey gefolgt bist«, antwortete sie und zog ihn mit einer Hand auf die Beine. »Für alles andere haben wir später noch Zeit.« Sie deutete vielsagend über ihre Köpfe.
Die Auseinandersetzung hatte die Aufmerksamkeit der Wachposten auf den Dächern auf sich gezogen. Jonathan hechtete in Deckung. Gerade rechtzeitig, um drei Kugeln zu entgehen, die dort einschlugen, wo er eben noch auf dem Boden gekniet hatte.
Jonathan und Meredith rannten vom Ort des Geschehens weg, so schnell sie konnten. Sie mussten den Bereich des Störsenders verlassen und Coltor informieren. Was immer in dieser Fabrikhalle geplant worden war, Jonathans Entdeckung würde die Verschwörer dazu zwingen, ihre Pläne zu forcieren. Wenn er niemanden rechtzeitig informierte, könnte dies für sie alle nur übel enden.
11
Coltor beobachtete mit einem gehörigen Maß innerer Anspannung, wie die Delegierten quälend langsam ihre Plätze in dem neuen Konferenzsaal einnahmen.
Trotz der umfangreichen Sicherheitsvorkehrungen fühlte er sich enorm verwundbar. Der Schock des Bombenattentats saß tief und das Gefühl allgegenwärtiger Bedrohung würde noch eine Zeit lang anhalten. An der Art und Weise, wie die Delegierten sich
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