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Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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Er zog eine Schleife um das Grabmal der Märtyrer des Haymarket Riot 63 . Wahrlich, dies war ein geeigneter Platz für die Rettung der Engel! Hoffentlich dachte Butterbottom daran, es in seine Reportage einzubauen. Timothy gab ihm den Tip über die Sprechfunkfrequenz, doch Butterbottom reagierte nicht.
    Etwa drei Kilometer hinter dem Friedhofsgelände wimmelte es nur so von Bewaffneten. Der Exway war mit hohen Plastplatten abgeriegelt, Panzer standen bereit, Helicopter und Hubjets fielen in dichten Schwärmen ein. Ein Stück nördlich des Berkeley-Knies traf Timothy auf die Spitze des Paradezuges, ein gewaltiges Musikcorps in historischen Uniformen, allen voran ein martialischer Captain auf einem Apfelschimmel, mit beiden Händen ein riesiges Sternenbanner haltend, das im Wind knatterte. Die Kapelle spielte gerade den Yankee-Doodle. Timothy drehte ab und begann vergnügt zu pfeifen: die Hymne der Engel »Milky Instant wird uns helfen.«
    16.
    Hank wartete wie verabredet auf dem verlassenen Werkgelände. Timothy fühlte sich nicht stark genug, ihm zu helfen. Nun, da die Anspannung vorüber war, spürte er die Erschöpfung; er fror und schwitzte zugleich, alle Glieder schmerzten, vor allem der Schädel und der Nacken, er schluckte zwei Pervitinal – zum vierten Mal in den letzten zwanzig Stunden, morgen würde er mit einem mächtigen Kater dafür bezahlen müssen –, trank gierig den heißen Kaffee und aß die Brühe gleich aus dem Thermophor, während er dankbar zusah, wie Hank die Zusatzausrüstung demontierte. Er hätte das jetzt kaum geschafft.
    »Glückwunsch«, rief Hank zu ihm herüber. »Ich habe die Übertragung verfolgt. Mann, war ich froh, als die Engel in den Friedhof einschwenkten. Das war die aufregendste Videoshow meines Lebens.«
    Die Droge begann zu wirken, tiefes Glücksgefühl durchströmte Timothy. Und ein Gefühl unbändiger Kraft. Stark genug, Bäume auszureißen, dachte er vergnügt. Er wußte, daß er in Wirklichkeit nur noch wenig Kraftreserven besaß, aber einen Augenblick spielte er mit dem Gedanken, den »Laurin« ein letztes Mal, und dieses Mal für einen sehr privaten Zweck, zu nutzen, bevor er ihn ablieferte, um zu Deborrah Johnsons Penthaus zu fliegen und ihr den Klee zu stehlen, während sie sich in ihrem Hauptquartier abmühen mochte, das Geheimnis um den Zug der Engel zu lüften. Oder saß die Bachstelze im Wagen des Präsidenten? Timothy schaltete Hanks Videogerät ein. Der Paradezug bog gerade vom Exway hinüber zur Loop, der City von Chicago. Als die Kamera auf den gläsernen Panzer des Präsidenten schwenkte, schien es Timothy, als erblickte er schemenhaft Deborrah Johnsons Hängebäckchen hinter dem lachenden, winkenden Präsidenten.
    Timothy gönnte sich lieber eine lange Pause, bevor er aufbrach. Man soll das Glück nicht herausfordern. Er mußte froh sein, daß alles so gut geklappt hatte und daß er nun den »Laurin« wie verabredet und ohne halsbrecherische Auflüchte abliefern konnte.
    Obwohl er einen weiten Bogen schlug, um den Sicherheitskordon zu umgehen, traf er zu früh ein und mußte warten, bis ein Hubjet in den Farben der GENERAL MOTORS sich langsam Grandmas Schloß näherte. Timothy setzte sich unter die Maschine und flog in ihrem Schatten in die Klimasphäre ein. Das Kirchentor stand weit offen. Grandma saß in einer Bank, als sei sie in ein Gebet vertieft. Sie schreckte hoch, als Timothy sich räusperte.
    »Sind Sie es, Mister Truckle?« fragte sie leise.
    »Ja. Wo soll ich landen?«
    »Warten Sie, ich schließe das Tor.« Grandma stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. »Hinter dem Altar finden Sie Container für die Geräte.«
    Grandma beobachtete argwöhnisch, wie Timothy den »Laurin« von seinem »Monofly« abkoppelte. Sie hatte Holografien bei sich, anhand derer sie sorgfältig den Zustand des Gerätes überprüfte. »Okay«, sagte sie schließlich, »bringen Sie das Gerät in den linken Container, Ihren ›Monofly‹ in den rechten. Er wird Ihnen zugestellt, sobald Sie wieder zu Hause sind. Ich dachte, Sie bleiben erst einmal bei mir; wir müssen ja überlegen, was wir nun tun wollen.«
    »Das ist mir sehr angenehm«, erwiderte Timothy. »Ich muß gestehen, daß der Flug mich ziemlich mitgenommen hat, etwas Ruhe wird mir wohltun. Ich glaube, es war doch keine gute Idee, und ich bin heilfroh, daß ich das Gerät wieder los bin.«
    »Leclercq wird sich um Sie kümmern«, sagte Grandma. »Ich muß zum Empfang des Präsidenten, aber ich denke, ich bin um

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