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Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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verstehen Sie? Völlig vergessen.«
    »Sie kommen!« sagte Grandma leise. »Andernfalls –«
    »Bitte versuchen Sie nicht, mich zu nötigen«, unterbrach Timothy sanft. »Ich wäre sehr traurig, wenn unsere Freundschaft – ich darf doch so sagen? – auf unschöne Weise endete. Ziehen Sie bitte auch Ihre Leute aus dem ›Nebraska‹ ab.«
    »Ganz im Gegenteil! Ich werde Anweisung geben, Sie notfalls mit Gewalt zu mir zu bringen.«
    »Bitte nicht«, sagte Timothy. »Ich möchte Ihnen eine Geschichte erzählen: Eine Bekannte von mir, eine schöne, einflußreiche und kluge Dame, hat ein kleines Geheimnis, das sie vor aller Welt verbergen möchte, sozusagen unsichtbar machen. Dummerweise gibt es Aufnahmen, auf denen auch sie selbst zu sehen ist, dann von einem Penthaus – aber, wie gesagt, die Dame ist nicht nur schön, sondern auch sehr klug.«
    »Ich verstehe«, zischte Grandma. »Dafür werden Sie bezahlen.«
    »Bitte keine Entschlüsse im Zorn«, erwiderte Timothy. »Ich bin sicher, auch Sie werden zu jenen zählen, die besonders um mein Leben besorgt sind.«
    Eine halbe Stunde später klingelte es an der Wohnungstür. Timothy streifte die Puppe über die rechte Hand, stellte sich so, daß nur der Kasperle auf den Bildschirm kam und fragte mit verstellter Stimme: »Seid ihr alle da?«
    Mauds Stimme antwortete. »Tiny? Mach bitte auf.«
    Sie stürzte an ihm vorbei ins Mausoleum.
    »Was ist los?« fragte Timothy. »Wo treibt Anne sich herum? Hat sie dir was gesagt?«
    »Zuerst einmal sage, wie es bei dir ausgegangen ist. Der Große Bruder ist sehr in Sorge, weil du dich nicht gemeldet hast. Du warst auch nicht zu erreichen!«
    »Mein Gott, das habe ich ja ganz vergessen!« rief Timothy. »Es war einfach zuviel für mich in den letzten Tagen.« Er gab Maud kurz Bericht. »Und nun verrate mir endlich, wo Anne sich herumtreibt. Sie wollte doch zu Hause bleiben.«
    »Sie mußte zum Friedhof. Der Bruder, der den Einstieg öffnen sollte, ist verunglückt, da hat Anne es übernommen. Weißt du, wie viele Engel es waren?«
    »Nein, warum?« fragte Timothy verwundert zurück. »Warum zählt ihr sie nicht einfach?«
    »Es hat einen Zwischenfall gegeben, Tiny. Wir befürchteten, es hätte auch dich erwischt. Als die Behörden mitbekamen, was los war, haben sie Hubjets zum Friedhof geschickt und den Zug bombardiert. Über achthundert Engel wurden gerettet, der Rest ist tot. Ebenso Butterbottom und seine Kollegen.«
    »Friede seiner Asche«, sagte Timothy leise.
    »Nicht einmal Asche, Tiny.« Maud schüttelte traurig den Kopf. »Sie haben Neutronenflashbomben geworfen. Butterbottom hat die Kameras auf sich richten lassen, man kann zusehen, wie er sich buchstäblich zu Luft auflöst.«
    »Vor aller Augen? Ich hätte nicht gedacht, daß sie sich das trauen.«
    »Niemand hat es gesehen«, sagte Maud. »Man hat die Bilder in der Zeitschleife herausgenommen. Wir wissen es auch nur, weil die Video-Guerillas die Übertragung zum Sender mitgeschnitten haben. Leider schafften wir es nicht, sie zu senden.«
    »Und was ist mit Anne? Red schon!«
    »Anne war noch draußen.«
    Timothy brauchte lange, bis er verstand, was Maud gesagt hatte. Dann erhob er sich mühsam, aschgrau im Gesicht, die Lippen nur noch schmale Striche, die Augen fast geschlossen.
    »Laß mich jetzt bitte allein«, sagte er fast unhörbar.
    »Ich habe den Auftrag, bei dir zu bleiben«, sagte Maud. »Der Große Bruder meint, du brauchst jetzt Hilfe, Tiny.«
    »Raus!« schrie Timothy. »Mach, daß du rauskommst!«
    Er schubste Maud aus dem Mausoleum, aus der Wohnung, blockierte mit zwei Handgriffen den Eingang, riß die Sicherungen des Communicatorblocks heraus, schlurfte ins Arbeitszimmer, klappte Napoleons stählernen Bauch auf, riß auch ihm die Sicherungen heraus, schleppte sich ins Schlafzimmer, ließ sich auf das Bett fallen, riß eine Packung Rosaperlen auf, schüttete den Inhalt auf die Hand, ein Teil der Perlen fiel zu Boden. Timothy stopfte die ganze Ladung in den Mund, setzte die fast volle Flasche »White Label« an die Lippen und trank sie aus, ohne abzusetzen, dann fiel er zur Seite.

Die Spur der Mutanten
    1.
    Der Löwe bellte. Spannte die breiten grünen Flügel aus und stieg in den purpurfarbenen Himmel. Timothy folgte ihm. Er fühlte sich leicht und beschwingt. Schwerelos. Unfaßbar glücklich. Jenseits aller Hoffnungen, Wünsche, Sehnsüchte. Eins mit sich und der Welt. Geborgen. Tief unten breitete sich eine fahl-lila Wüste aus, in der Rubine und

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