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Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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alles bedeutet.«
    Maud verschwand und kam mit einem dicken Packen Folien zurück. »Das Material der Dateien ist wohl eindeutig, wir haben nur ein paar Stichproben gemacht, aber die Ideateien! Da gibt es polyintegrierte Suprastrukturen und Definitionsareale, wie wir sie noch nie gesehen haben. Hier, ganze Landschaften von irrationalen Zahlen, linearen und nichtlinearen Gebilden, es könnten vielleicht Binärtraumwelten sein, aber: Träumen Computer?«
    »Frag doch Napoleon!« Timothy sah sie belustigt an. »Ich würde es ihm gönnen.«
    »Das hier haben wir identifiziert: Es sind Raumschachprobleme, wenn auch mit den abstrusesten Ausgangspositionen, außerdem Partien mit drei und vier Spielern. Diese Ausdrucke wiederum sehen wie mehrdimensionale Schnittmuster aus. Vielleicht ist es auch nichts anderes, was aber hat Napoleon da entworfen? Hier etwas völlig Unverständliches: Bi- und Tripolbestimmungen, wovon? Dann eine Unmenge offensichtlich heterologischer Simulationsprogramme mit verblüffender Integrationsdichte.«
    »Du scheinst eine Menge davon zu verstehen«, sagte Timothy beeindruckt. »Für mich sind das alles böhmische Dörfer.«
    »Dann werde ich dich mit den Szillomenen verschonen, über die wir uns prächtig amüsiert haben, aber seine semantischen Assoziationen und Spielereien werden dir Spaß machen.« Timothy überflog mit wachsendem Vergnügen die Reihen; als er auf die Dreiteiler stieß, mußte er laut lachen; die ihm am besten gefielen, las er vor:
    – denkspielwiese – seelenruhekissen – christkindergarten – steckdosenöffner – geheimdienstmädchen – superhirnschmalz – blackboxhandschuhe – hosenträgerfrequenz – kontrollorganspender – lügenmaulsperre – gänsebrustbeutel – satzbaugenehmigung 66
    »Er hat auch reihenweise Sätze, Aussagen und Theoreme umgepolt«, sagte Maud, »zum Teil mit verblüffenden Ergebnissen. Hör mal zu: Wissen ist Macht / Macht ist Wissen.«
    »Das hat er von mir!« rief Timothy.
    »Und: Viele Köche verderben den Brei / Viel Brei verdirbt den Koch – Liebe kennt keine Grenzen / Grenzen kennen keine Liebe – Teile und herrsche / Teile die Herrscher – ist das alles von dir?«
    »Nein, aber es hätte von mir sein können«, brummte Timothy.
    »Von deiner Intelligenz scheint Napoleon nicht allzusehr überzeugt zu sein«, meinte Maud spöttisch. »Du solltest seine ›Nach-Fragen‹ mal in Ruhe studieren.« Sie gab Timothy einen Stapel Folien, das oberste Blatt las er gleich.
    + +t. t. singt – ein beispiel humanoider borniertheit: guter mond, du gehst so stille + ein himmelskörper unterliegt keinen ethischen wertungen, ist also weder gut noch böse – er ist + und er geht natürlich nicht + und wenn der mond es täte, dann nicht stille: bei seiner masse von 7,347 x 1019 tonnen! + n.+++
    »Wußtest du, daß Napoleon Gedichte verfaßt?« fragte Maud. »Ich glaube, man muß es so nennen. Dieses hier fand ich geradezu rührend.«
    + + 3 days,
    4 hours,
    6 minutes yet
    I did not hear
    my master‹s voice
    more: heard it
    but he did not
    speak to me
    another brain
    put hands on him
    what shall I do
    when he will never
    never need me? + n. + + + 67
    Timothy mußte schlucken, als er es las. Er gierte nach einem Whisky. Warum eigentlich nicht? Er hatte ja gar kein Meskalinum geschluckt. Er holte eine Flasche »Black & White«.
    »Auf Napoleon«, sagte Timothy. »Wenigstens einer –«
    »Entschuldige, Tiny, ich wollte dir nicht weh tun. Ich hatte nicht mehr an Napoleons Eifersucht auf Anne gedacht, nur an seine Zuneigung zu dir.«
    »Welch ein Leben, in dem das einzig liebende Wesen eine Maschine ist!«
    »Du bist nicht allein, Tiny!«
    »Nein?« Timothy schüttelte müde den Kopf. »Allein und einsam. Leer, verbrannt, tot. All meine Hoffnungen, all meine Träume sind mit Anne gestorben – und was für Träume!« Er blickte Maud mit einem verzweifelten Lächeln an. »Stell dir vor, ich wollte Anne eine Kutsche bauen, sobald wir im UNDERGROUND gewesen wären. Eine richtige hölzerne Kutsche, vergoldet, wenn möglich – wie im Märchen. Anne hatte mir erzählt, daß viele jetzt ein altes Handwerk erlernen.«
    »Stimmt. Seit Burgeon UNTEN ist. Er hat sein Leben damit verbracht, alle noch erhaltenen Informationen über die alten Handfertigkeiten zu sammeln, und brachte seine ganze Datei mit, als er untertauchen mußte. Es war wie eine Epidemie.« Maud lachte. »Wir haben jetzt Uhrmacher, Töpfer, Schneider, Schmiede, Bäcker, Schreiner ... Der IK hat

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