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Der Samurai von Savannah

Der Samurai von Savannah

Titel: Der Samurai von Savannah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. Coraghessan Boyle
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getrunken, einen Aufriss gemacht und so ziemlich alles über eine Frau namens Brenda erfahren, die ihren Busen mit Rouge schminkte, und dabei hatte er den entsprungenen Japsen auf Tupelo Island ganz vergessen.
    Jetzt aber waren die Dinge total aus dem Ruder gelaufen. Ein IAADA -Alarm. Er hatte sich auf einen langen, ruhigen Vormittag, den neuen le Carré und eine duftende Kanne Filterkaffee gefreut, einen Vormittag, an dem es nichts, aber auch gar nichts zu tun gab, außer den Typistinnen im vorderen Büro zuzuhören, wie sie hie und da ein Studentenvisum ausfüllten und über die skandalösen Sexabenteuer von Leuten flüsterten, die sie kaum kannten. Ja. Und nun das. Müde ging er an seinen Schreibtisch, zündete sich eine Zigarette an und tippte eine Anfrage nach weiteren Informationen. Sofort füllte sich der Bildschirm:
    TANAKA, HIRO. JAPANISCHER STAATSBÜRGER. GEBOREN 12.6.70, KIOTO. MUTTER: SAKURAKO TANAKA, VERSTORBEN 24.12.70. VATER UNBEKANNT. LETZTE BEKANNTE WOHNADRESSE BEI GROSSMUTTER, WAKAKO TANAKA, 74, YAMAZATO-CHO, NAKA-KU, YOKOHAMA. DERZEIT AUF TUPELO ISLAND VOR KÜSTE VON GEORGIA. BEWAFFNET, GEFÄHRLICH, LÄUFT AMOK. HÖCHSTE VORSICHT GEBOTEN. AM 20. JULI, 13.00 UHR, VON JAPANISCHEM FRACHTER TOKACHI-MARU AUS SCHIFFSARREST GEFLÜCHTET, DABEI OFFIZIERE UND BESATZUNG ATTACKIERT. GRUNDLOSE ANGRIFFE AUF AUGENZEUGEN SAXBY LIGHTS, RUTH DERSHOWITZ UND OLMSTEAD WHITE, LETZTERER ERLITT VERBRENNUNGEN ERSTEN GRADES BEI BRANDSTIFTUNG IN SEINEM WOHNHAUS (TOTALSCHADEN).
    Du liebe Güte, jetzt zündete er Häuser an? Das waren schlechte Neuigkeiten. Schlimmer als das. Der Typ musste ja ein Psychopath sein, dachte er, ein Terrorist, ein japanischer Charles Manson. Und es wurde immer schlimmer: Seit einer Woche lief er nun frei herum, und schon füllte die Liste der Orte, an denen er gesehen worden war, den ganzen Bildschirm. Er war überall, vom Peagler Sound über Hog Hammock bis zu den Tupelo Shores Estates, schnellte aus Büschen hervor wie ein Schachtelteufel, verängstigte alte Damen, erschreckte Kriegsveteranen und Waschbärjäger, sodass über die ganze Insel von morgens bis in die tiefe Nacht ein unheilvoller Sturm von Gewehrschüssen krachte. Er hatte mehrere Leute in einem Lebensmittelgeschäft wüst beschimpft, drei Paar Damenunterhosen von einer Wäscheleine in der Künstlerkolonie entwendet und sich mit einem Blechnapf voll Hundefutter davongemacht, den der Sheriff persönlich auf die Veranda seines Hauses gestellt hatte. Das musste ein Ende haben. Detlef Abercorn wusste, was von ihm erwartet wurde.
    Die Sache war nur, er hatte keinerlei Erfahrung mit solchen Sachen. Seine zwölf Jahre in L. A. hatte er damit verbracht, Ausbeuterklitschen in Eagle Rock hochzunehmen und magere chinesische Hilfskellner in den schmierigen Tofuküchen von Chinatown herumzujagen. Was wusste er schon von Sümpfen und Senken – ja was wusste er überhaupt von Georgia? Klar, es war die Aufgabe der örtlichen Polizei, den Kerl zu erwischen, aber der Experte sollte eigentlich er sein, sein Job war es, das Netz auszulegen, sie zu beraten – beraten, was für ein Witz: Er konnte ja kaum ein Wort von dem verstehen, was die Leute hier im Süden redeten. Dazu kam, dass er noch nie, soweit er sich erinnerte, Schwierigkeiten mit Japanern gehabt hatte. Mit Insulanern aus Tonga, ja. Mit Ecuadorianern, Tibetanern und Liberianern, mit Bantus, Pakistani und Dajaks, mit allem und jedem. Aber nicht mit Japanern. Die reisten einfach nie illegal nach Amerika ein. Besaßen keinen Grund dazu. Sie waren der Ansicht, sie hätten drüben ohnehin alles und noch einiges mehr, also wozu? Viele von denen kamen her, um Fabriken zu leiten und Banken zu eröffnen und so, aber das geschah alles auf höchster Ebene. Und Detlef Abercorn arbeitete eben nicht auf höchster Ebene.
    Aber egal. Illegaler war Illegaler, und sie würden ihm den Arsch aufreißen, wenn er ihn nicht kriegte.
    Als er auf den Parkplatz kam, fing es an zu regnen. Natürlich, dachte er, was denn sonst? Die Reifen seines klapprigen, alten kackbraunen Datsun waren glatt wie Wassermelonen, und die Wischer so zerfasert, dass sie als Flaschenreiniger bessere Dienste geleistet hätten. Es würde eine unerfreuliche Fahrt werden.
    Zuvor musste er allerdings noch bei seiner Wohnung vorbei und seine kleine Reisetasche mit Unterwäsche, Zahnseide, Sonnencreme Schutzfaktor 30, Antihistaminika und einem Mittel gegen Schlangenbisse vollstopfen, seine hüfthohen Stiefel und die Regenjacke aus der großen

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