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Der Sand der Zeit

Titel: Der Sand der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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blieben die Wikingerkrieger zurück. Die Beile und Speere, die dem Wagen nachgeworfen wurden, fielen weit hinter uns harmlos zu Boden.
    Aber es war kein Spuk gewesen. Die zertrümmerte Windschutzscheibe und der Speer, der zitternd über uns aus dem Wagendach ragte, bewiesen das eindeutig! Ich versuchte in diesem Augenblick gar nicht erst zu verstehen, was ich erlebt hatte. Halb von Sinnen vor Angst und Panik jagte ich den Wagen über die schmale Straße, die zum Dorf hinaufführte.
    Über den Dünen tauchten die ersten Dächer von Santa Maria De La Arenia auf.
    Ich warf einen Blick über die Schulter auf Becker, der von der Rückbank gefallen und zwischen die Sitze gerutscht war, dann trat ich das Gaspedal entschlossen bis zum Boden durch und raste auf Havillands Villa zu.

    Wir brauchten nur wenige Minuten, um Havillands Haus zu erreichen. Ich fuhr den Wagen rücksichtslos auf den Rasen hinauf und über den schmalen Kiesweg bis direkt vor die Haustür, wo ich ihn quietschend zum Stehen brachte. Dann sprang ich heraus und kümmerte mich um Crandell und Becker. Der junge Bootsbesitzer war weniger schlimm verletzt, als ich im ersten Moment befürchtet hatte. Er krabbelte benommen aus dem demolierten Wagen und blieb auf dem Rasen hocken, aber es war nur der Schock, eine erste, flüchtige Untersuchung bewies mir, daß er mit ein paar Hautabschürfungen und Prellungen davongekommen war.
    Jake Becker hatte es schlimmer erwischt. Er stöhnte leise auf, als ich versuchte, ihn aus dem Wagen zu ziehen. Seine Schulter mußte verrenkt sein, wenn nicht gar gebrochen.
    »Gibt es einen Arzt hier?« wandte ich mich an Crandell.
    »In diesem Kaff?« Crandell zog eine Grimasse und schüttelte den Kopf. »Nein. Aber der Professor versteht ein wenig von Erster Hilfe. Die Einheimischen kommen zu ihm, wenn sie kleine Verletzungen haben.«
    »Dann helfen Sie mir«, sagte ich und fügte hinzu: »Wenn Sie sich kräftig genug fühlen.«
    Crandell grummelte eine Antwort, die ich nicht verstand, stemmte sich aber bereitwillig in die Höhe und half mir, Becker aus dem Wagen zu ziehen. Er lehnte es ab, von uns getragen zu werden, stützte sich aber schwer auf unsere Schultern. Ich blieb noch einmal stehen, als wir den Wagen umrundeten, blickte finster zum Haus hinüber und zog aus einem Impuls heraus die Streitaxt aus der zertrümmerten Motorhaube des Dodge. Dann wankten wir weiter.
    Die Haustür war nicht verschlossen. Ich stieß sie so kräftig mit dem Fuß auf, daß sie drinnen gegen die Wand flog. Der Knall mußte im ganzen Haus zu hören sein, aber von Havilland zeigte sich trotzdem keine Spur. Allmählich mischte sich Sorge in meinen Zorn. Was, wenn sie auch hier schon zugeschlagen hatten? Aber sie hatten nicht.
    Wir humpelten durch die große Eingangshalle und den Korridor, und als ich die Tür zu Havillands Wohnküche aufstieß, saß er friedlich am Tisch, trank Kaffee und blätterte scheinbar gelangweilt in einer Zeitung. Das Geräusch an der Tür ließ ihn aufsehen, und ein jäher Schrecken flog über sein Gesicht, als er unseren bemitleidenswerten Zustand gewahrte.
    »Um Gottes willen, was ist passiert?« rief er Ich antwortete nicht gleich, aber mich brachte der Anblick, wie er dasaß und in aller Seelenruhe Zeitung las, so auf, daß ich ein wenig unbeherrschter reagierte als gewohnt. Wütend stampfte ich auf ihn zu, hob die Streitaxt und ließ sie so wuchtig auf den Tisch niedersausen, daß die Klinge fast zur Hälfte in der Platte verschwand. Heißer Kaffee und Porzel-lansplitter spritzten in alle Richtungen, und Havilland sprang mit einem erschrockenen Ausruf hoch.
    »Das ist passiert, Havilland!« antwortete ich zornig. »Crandell und Becker sind fast tot, und Ihr Dodge hatte die Halluzination, von einem Kampfspeer durchbohrt zu werden!«
    Havilland starrte mich einen Moment lang aus weit aufgerissenen Augen an, blickte fassungslos auf seinen demolierten Tisch herab und fand endlich seine Beherrschung wieder.
    Ohne ein weiteres überflüssiges Wort dirigierte er Jake zu einer Bank neben der Tür, legte ihn behutsam darauf nieder und begann ihn aus der Jacke zu schälen.
    »Wir,«, begann Crandell, aber Havilland unterbrach ihn sofort.
    »Später, Hendrick. Ich will erst nach Jake sehen.« Er hob kurz den Blick, musterte erst Crandell und dann mich und kam daraufhin sichtlich zu dem Schluß, daß ich von uns dreien wohl noch am wenigsten mitgenommen war.
    »Kümmern Sie sich um Crandell!« sagte er. »In der Schublade rechts neben

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