Der Sand der Zeit
begleitet uns?«
Lasse nickte. »Ich glaube kaum, daß es sehr gesund für uns wäre, wenn wir uns im Moment hier irgendwo sehen ließen«, sagte er. »Leif Erickson ist ein kleinlicher Mensch, weißt du, er nimmt es übel, wenn man seine Priester erschlägt.«
»Dann komm«, sagte Setchatuatuan. »Aber der«, damit deutete er auf mich, »bleibt hier.«
»Das werde ich ganz gewiß nicht tun, Setchatuatuan«, sagte ich, bevor der Wikinger Gelegenheit zu einer Antwort hatte.
Weder Lasse noch Setchatuatuan würdigten die Tatsache, daß ich den Namen aussprach, ohne mich an meiner eigenen Zunge zu verschlucken, auch nur mit einem anerkennenden Blick. »Ich habe mit Lasse zu reden, und …«
»Schweig!« unterbrach mich Lasse hastig. »Du weißt nicht, mit wem du sprichst, Welpe.«
Welpe? Das war neu, und fast noch weniger schmeichelhaft als Junge. Ich hoffte, das Lasse nicht als nächstes auf den Gedanken kommen würde, mich hinter den Ohren zu kraulen.
Aber ich beherrschte meinen Ärger. »Ich heiße Robert«, sagte ich ruhig. »Also nenne mich nicht dauernd Junge oder Bursche. Ich sage auch nicht Kerl zu dir.«
Lasse unterdrückte mit Mühe ein Lachen, aber Setchatuatuans Gesicht verzerrte sich vor Zorn. »Was wird es so Wichtiges geben, das ein Sklave einem Krieger zu sagen hätte?« zischte er. »Schon dein Hiersein ist zuviel. Ich müßte dich töten, und …«
»Nicht so hastig, Setchatuatuan«, unterbrach ihn Lasse.
»Manchmal bist du selbst mir ein bißchen zu schnell mit dem Töten bei der Hand.« Er deutete auf mich. »Vergiß nicht, daß Leif Ericksons Speichellecker ihn umbringen wollten. Er ist unser Verbündeter.«
»So einen Verbündeten können wir nicht brauchen«, sagte Setchatuatuan mit einem verächtlichen Blick auf mich.
Wütend wollte ich aufbegehren. Zugegeben, ich werde meistens für jünger gehalten, als ich bin, und neben den drahtigen, durchtrainierten Indianern und schon gar neben den riesenhaften Wikingern machte ich wahrscheinlich keine allzu gute Figur, aber ganz so ein wehrloser Schwächling, wie Setchatuatuan anzunehmen schien, war ich doch nicht.
Ich verbiß mir jedoch den geharnischten Protest, der mir auf der Zunge lag. Der junge Mann vor uns schien über große Macht zu verfügen, Lasses Reaktion nach zu schließen. Ich mußte vorsichtig sein.
Lasse zuckte mit den Achseln. »Schaden kann er uns jedenfalls auch nicht.«
Setchatuatuan starrte ihn wütend an, fuhr dann mit einer abrupten Bewegung herum und ging zu seinen Männern zurück. Lasse atmete hörbar aus.
»Das war knapp«, murmelte er, so leise, daß nur ich die Worte hören konnte. Er wirkte mit einemmal besorgt, beinahe ängstlich. »Weißt du eigentlich, wer das ist?«
Ich verneinte.
»Setchatuatuan«, sagte Lasse. »Der Häuptling der Setchu-an-Olmeken, oder dem, was von seinem Stamm übrigge-blieben ist. Er ist ein tapferer Mann, und er ist ziemlich mächtig, obwohl er noch so jung ist. Ich hoffe um deinetwil-len, daß du mich nicht belogen hast. Es ist riskant, sich mit ihm anzulegen. Er wird diese Kränkung nicht so schnell vergessen.«
»Es war nicht als Kränkung gemeint«, sagte ich. »Aber ich muß mit dir reden. Ich … habe einen ziemlich weiten Weg gemacht, um dich zu finden.«
»Mich?« fragte Lasse verwundert.
»Dich, oder einen Mann wie dich«, antwortete ich. »Das bleibt sich gleich. Ihr habt mich gerettet, und ich schulde euch Dank.«
Lasses Miene verfinsterte sich noch weiter. »Das war Zufall«, sagte er. »Und jetzt sprich: Was weißt du von Hellmark?«
Ich zögerte einen Moment. Ich spürte, daß die nächsten Worte, die ich sprach, über mein Schicksal entscheiden würden.
»Ich … bin ihm begegnet«, sagte ich vorsichtig.
»Wann?« schnappte Lasse.
Ich musterte den hünenhaften Wikinger genau. Lasses Hand lag auf dem Schwert. Sein Gesicht war ausdruckslos, aber in seinem Blick flackerte etwas Undeutbares, Warnendes. »Vor
… langer Zeit«, sagte ich ausweichend. »Und ich habe ihm etwas versprochen, was …«
Lasses Hieb traf mich so schnell, daß ich seine Hand nicht einmal kommen sah. Ich taumelte, stolperte gegen einen Baum und fand im letzten Moment mein Gleichgewicht wieder. Mein Gesicht brannte.
»Lügner«, zischte Lasse. Plötzlich wirkte er überhaupt nicht mehr freundlich, sondern nur noch gefährlich. Ich spürte, daß er mich töten würde, wenn ich nur noch ein einziges falsches Wort sagte.
»Hellmark ist tot, seit beinahe acht Jahren«, sagte Lasse
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