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Der Sand der Zeit

Titel: Der Sand der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Sekunde lang aus weit aufgerissenen Augen an, ließ dann mit einer absurd langsamen Bewegung seine Waffe fallen und griff sich an die Schulter, ehe er mit einem schrillen Schmerzensschrei in die Knie brach.
    Aber es war sinnlos. Der Kampf war vorbei. Die vier Indios, die zu meinem Schutz zurückgeblieben waren, waren bewußtlos oder gar tot, und ich sah mich plötzlich allein einem knappen Dutzend schwer bewaffneter Olmeken gegenüber.
    Einer der Männer hob seine Keule. Ich duckte mich und wich einen Schritt zurück. Verzweifelt sah ich mich nach einem Fluchtweg um, aber es gab keinen. Hinter meinem Rücken tobte der Kampf zwischen Ericksons Kriegern und Setchatuatuans Männern, und der Busch rings um mich wimmelte von feindlichen Indios. Ich überlegte fieberhaft, ob der Brauch des Skalpierens auch unter den mittelamerikanischen Indianern verbreitet gewesen war. Kam aber zu keinem Ergebnis. Aber so, wie es aussah, würde ich es herausfinden. Ziemlich bald sogar.
    Langsam begann sich der Halbkreis der Olmeken zusammen-zuziehen. Auf dem Gesicht des Kriegers an ihrer Spitze erschien ein häßliches Lächeln. Er sagte etwas, das ich nicht verstand und von den anderen mit wieherndem Gelächter quittiert wurde, ließ seine Keule plötzlich fallen und breitete die Arme aus. Ich musterte ihn abschätzend. Der Mann war sehr groß und unglaublich muskulös, aber er bewegte sich langsam und alles andere als elegant, er war es gewohnt, sich allein auf seine zweifellos gewaltige Körperkraft zu verlassen.
    Unter normalen Umständen hätte ich mich nicht vor einem Gegner wie ihm gefürchtet. Aber die Umstände waren nicht normal, und selbst wenn ich diesen Krieger besiegte, waren noch zehn andere da …
    Nein, es war einfach nicht fair!
    Schritt für Schritt wich ich weiter zurück, bis ich mit dem Rücken gegen einen Baum stieß. Der Indio lachte glucksend und bewegte die Hände, als wolle er nach mir greifen. Ich duckte mich und hackte mit der Handkante nach seinem Arm, aber der Krieger zuckte blitzschnell zurück; mein Hieb ging ins Leere. Ein böses, vielstimmiges Gelächter erscholl aus der Reihe der Angreifer.
    Was dann kam, ging fast zu schnell, als daß ich jede Einzelheit gesehen hätte. Ein schwarzes, gewaltiges Etwas brach mit einem ungeheuren Brüllen aus dem Unterholz zu meiner Linken, sprang den Indio an und riß ihn zu Boden. Fingerlange Reißzähne und Krallen wie kleine gebogene Dolche blitzten auf. Der Indio schrie und riß die Arme hoch, dann schlossen sich die fürchterlichen Kiefer mit einem Laut, als schnappe eine gewaltige Bärenfalle zu. Der Jaguar brüllte, ließ von seinem Opfer ab und fuhr mit einer unglaublich schnellen Bewegung herum.
    Seine Krallen zerfetzten den Umhang des zweiten Mannes und rissen, in der gleichen Bewegung, einen dritten zu Boden.
    Die Olmeken wichen mit gellenden Schreckensschreien zurück. Der Jaguar fauchte, blieb einen Moment über seinem reglosen Opfer stehen und starrte die Indios aus kleinen, haßerfüllten Augen an. Sein Schwanz peitschte.
    »Nicht!« rief ich laut, als sich das Tier auf die vor Furcht erstarrten Krieger zubewegen wollte. Die Raubkatze blieb stehen, wandte den Kopf und fauchte. Ihre Ohren lagen eng am Schädel, und von den Reißzähnen tropften Blut und Geifer.
    Aber das Wunder geschah. Der schwarze Jaguar drehte sich herum, wenn auch deutlich widerwillig und sehr langsam, kam wie ein Schoßhund zu mir zurückgetrottet und blieb neben mir stehen.
    Auf den Gesichtern der Olmeken erschien ein Ausdruck grenzenloser Verblüffung. Einer nach dem anderen ließ die Waffen fallen, wich entsetzt vor mir und der gewaltigen Raubkatze zurück oder starrte mich nur ungläubig an.
    Langsam richtete ich mich auf und trat auf die Krieger zu.
    Einer der Männer schrie auf, fuhr herum und verschwand im Unterholz, ein zweiter fiel auf die Knie und begann mit schriller, überschnappender Stimme zu beten.
    »Nicht«, sagte ich. »Ihr braucht keine Angst vor mir zu haben. Ich bin nicht,« Meine Worte übten eine andere Wirkung auf die Krieger aus, als ich geglaubt hatte. Die Männer erwachten aus ihrer Erstarrung, schleuderten ihre Waffen fort und verschwanden schreiend im Unterholz. Selbst der eine, der vor mir auf die Knie niedergesunken war, sprang auf, warf dem gewaltigen Jaguar neben mir einen letzten, furchterfüllten Blick zu und floh.
    Sekundenlang starrte ich ihm einfach nur fassungslos hinterher, dann wandte ich mich verstört um und blickte auf den riesigen schwarzen

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