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Der Sandner und die Ringgeister

Der Sandner und die Ringgeister

Titel: Der Sandner und die Ringgeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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Sofa, gleich einer Springmesserklinge, annähernd zwei Meter muss er sein, und ist durch die Tür, bevor die Ermittler Piep sagen können.
    Die Schrecksekunde entfällt.
    Hinter dem Hartinger hastet der Sandner ins Freie.
    Zwanzig Meter weiter sieht er den Mann springen.
    Weit ausholende Schritte, seltsam schlenkernde Arme, der Pinocchio trainiert wohl für den Hundertmeterlauf. Er hat einen ordentlichen Vorsprung, offenbar will er Richtung Bahnhof.
    Der Hauptkommissar betrachtet unschlüssig seinen Kaffeebecher, den muss er wegwerfen, um loszujoggen.
    »Scheißdreck!« Fangermandl spielen am Morgen!
    Sein hurtiger Kollege hat schon den Spurt angezogen – der Lange ist erstaunlich flink. Raumgreifend, wie auf Stelzen. Er umrundet einige gleichgültige Passanten, keine ernstzunehmenden Hürden.
    Der Sandner rennt, was Beine und Lungenflügel hergeben, muss aber bald durchschnaufen. Ein stechender Schmerz in der Hüfte lässt ihn verharren. Seitenstechen nach fünfzig Metern! Kruzifix! Falls der Dodel ihnen auskommt, lacht das ganze Präsidium sich krumm und bucklig.
    Der Flüchtende, weiterhin wie von Furien gehetzt – hinter ihm drein springt die letzte, weil einzige hochmotivierte Furie namens Hartinger.
    Sandner reicht es, er mag nicht den Deppen geben.
    «Hirsiz!«, brüllt er mit seinen letzten Atemreserven – das einsame Krächzen eines Raben – und weist nach vorne.
    Vereinzelte Passanten drehen sich zu ihm, gaffen dann dem ausgestreckten Arm nach. Selbst der Verfolgte wendet kurz den Kopf. Böser Fehler!
    Ein Rollkoffer wird sein Verhängnis, den ihm ein alter Mann vehement zwischen die Beine stößt.
    Der Länge nach schlägt er hin.
    Szenenapplaus vom Sandner. Ja sauber!
    Ein Knäuel aus umherwirbelnden Gliedmaßen. Ein zappelnder Krake auf dem Trockenen.
    Der Hartinger kommt schon über ihn, packt ihn beherzt am Kragen, grimmig beobachtet vom Besitzer des Koffers.
    Einen ausgebeulten schwarzen Polyesteranzug trägt der zum stoppeligen Dreiwochenbart, das graue Haar ein kurzrasierter Kranz. Die dunklen Augen funkeln aufgeregt.
    Der Sandner, gleich zu ihm hin, drückt ihm die Hand, während sich sein Kollege noch mit seinem Fang abplagt.
    »Tesekkürler«, sagt er.
    Der Alte nickt bloß stumm und begutachtet mit finsterem Blick das Schauspiel. Er scheint einverstanden mit Hartingers Nahkampftechnik, kein Grund für ihn, ernsthaft Hand anzulegen. Bedächtig bückt er sich, mustert seinen Rollkoffer und fährt mit der Hand prüfend über die Oberfläche. Wie er sich aufrichtet, ist er offenbar zufrieden mit dem Erhaltungszustand. Gemessenen Schrittes setzt er seinen Weg fort.
    Der Krake gibt erst auf, als der Sandner ihm seinen Polizeiausweis ins schweißnasse Gesicht drückt.
    Das Zeichen für die Umstehenden, unauffällig weiterzugehen. Niemand will hier Aufmerksamkeit haben, die zwei Polizisten freizügig verschenken wollen. Bescherung sieht anders aus.
    »Was haben Sie es denn gar so eilig, Herr van Leyden?«, fragt der Sandner, als der Hartinger ihn auf die Füße gestellt hat.
    »Verdammich, was wollt ihr von mir?«, kriegt er zur Antwort.
    Wenn der Sandner geahnt hätte, dass er heute den van Leyden das letzte Mal prae mortem sieht und was er noch für Kopfschmerzen durch ihn haben wird, hätte er sicherlich Antworten parat gehabt oder ihn erst mal eingesackelt.
    Gesünder wäre es natürlich für den van Leyden, er hätte das geahnt, aber das führt in den Wald – wenn ein jeder seine Zukunft wüsste, könnte das Schicksal Hartz 4 beantragen. Doch ein wenig voraussehen können, hätte er das schon.
    Der Mensch glaubt ja oft, dieses oder jenes passiert nur den anderen, Stichwort Autobahn.
    Der Sandner ist eher einer, der sich wundert, mit einem Schuss Dankbarkeit, dass er von manchem, bis dato, verschont geblieben ist. Er hat ja ständig vor Augen, dass der Tod die Menschen aufpickt, wie ein blinder Gockel die Körndl. Hauptsache, was zu fressen, egal, ob du gerade noch deinen Maserati gewienert oder auf die U5 gewartet hast, ob lammfromm oder hinter Klostermauern.
    Dass der Holländer davongelaufen ist, weil er ein Mörder ist, will dem Ermittler nicht einleuchten.
    Oft ist das Leben ausgesucht banal, die vertrackten Theorien, welche gleich die letzte Hirnwindung verstopfen, bis du sie nur noch mit Schnaps ausspülen kannst, eignen sich für Schriftsteller, die ihre tüftelnde Leserschaft vom gesunden Schlaf abhalten.
    Für die Friedhofsgeschichte kommt der Lange ihm zu hypermotorisch, zu spontan

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