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Der Sandner und die Ringgeister

Der Sandner und die Ringgeister

Titel: Der Sandner und die Ringgeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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vorbei. Der Störtebeker aus der Hansastraße.
    Das Krankenhaus macht die Menschen krank.
    Unentschlossen lungert er im Wohnzimmer herum. Hinlegen will er sich nicht mehr, weil er nicht weiß, ob er wieder hochkommen tät.
    Ein Gleichklang von Körper und Geist ist schwer zu erreichen, falls man sein Leben nicht als Guru fristet. Mal zwickt es den einen, mal ist der andere malad. In einem seltenen Moment der Eintracht haben dem Sandner beide signalisiert, dass sie die Schnauze gründlich voll haben von der Schinderei. Er hätte ein Spezialbier vom Lehnharter gurgeln können, oder besser, ein paar Tabletten von dessen Angetrauter.
    Immerhin hat sie selig im Schlummer liegen dürfen, während ihr Mann drunten im Keller sakrische Angst hatte zu verdursten. Vielleicht hat sie grad deswegen so gut geschlafen.
    Das Unglück und das Glück halten akkurat die Waage in der Vertikalen. Bei eBay, bei den Bodenschätzen im Kongo, bei den Sechzgern und bei einer Gewalttat sowieso.
    Zumindest das leibliche Wohl will der Sandner bedienen. Hunger hat er. Das Frühstück ist ausgefallen, und seit ihn der Aschenbrenner sanft erweckt und ins Präsidium gekarrt hatte, sind Kaffee und undefinierbare Kekse das Einzige gewesen, was er sich einverleibt hatte. Er wäre gerne einer dieser fiktiven Gourmet-Ermittler, die ihre Fälle nebenher lösen, während sie sich die exzeptionellen Gerichte ihrer Frauen, alternativ Haushälterinnen, schmecken lassen und deren bester Spezl, ein Dreisterne-Koch, fußläufig erreichbar, immer einen freien Platz für sie hat.
    Nach kurzem Kontrollblick in seinen Kühlschrank entscheidet er sich für ein Käsebrot. Wenigstens Bergkäse. Am Küchentisch sitzend, Füße auf dem Stuhl, lässt er es sich schmecken. Einen Brei hätte er gebraucht, das Kauen zieht ihm bis zu den Haarwurzeln. Seit seiner Kindheit ist er nicht mehr bekocht worden, zumindest nicht regelmäßig oder selbstverständlich. Nach Abzug aller kulinarischen Vorteile bliebe da die Rechnung in Form von einem Heimchen am Herd, das ihn mit häuslicher Geschäftigkeit und Anhänglichkeit aus der Stube treiben tät. Das bräuchte er wie einen Kropf. Den Sandner haben immer die eigenständigen Frauen angezogen, die nicht alle Karten gleich auf den Tisch legen, wo es spontan und vogelwuid zugehen kann und du nicht alles zerfieseln musst, was grad daherkommt. Das Eigenständige, alternativ Eigensinnige, ist sein Metier. Da hat er Zweifel, ob er mit einem Zweiten im Takt bleiben kann, ohne dass man sich gegenseitig die Füße schundig tritt. Holprig fühlen sich seine Tage manchmal an, wie wenn du über eine alte Landstraße tuckerst, und die Stoßdämpfer haben längst den Geist aufgegeben.
    Eine Weile lang hat ihm das Schicksal einflüstern können, mit der Corina, mit der könne er sie stemmen, die Zweisamkeit. Nie war es ein gemeinsamer Rhythmus gewesen, die Honeymoonphase ausgenommen, aber auch wenn jeder in einem anderen Orchester gelärmt hat, so haben sie doch die Geschwindigkeit und die Töne des anderen respektiert. Seit drei Jahren sind sie kein Paar mehr, und natürlich hat es hundert Gründe dafür gegeben, aber vielleicht auch bloß einen. Sandners kurzzeitige Liebelei mit der Ylona, der Schwester eines alten Spezl, könnte man allenfalls als »grande finale« betiteln. Sein Selbstwert hat ihm das Messer auf die Brust gesetzt, bei all den damischen Debatten.
    Überhaupt – dass sich die Corina mit dem Doktor Wenzel verbändelt hat, konnte er auf seinem Pannenkonto verbuchen. Wo die Liebe hinfällt, musst du für fruchtbaren Boden Sorge tragen, fette Erde, und der Sandner war unfreiwillig als Pflugochs zugange gewesen. Eine schnurgerade Furche hat er gekerbt, damit gescheit was gedeihen kann.
    Als wieder Ruhe eingekehrt war, die Trennung abgehandelt, war er mit der Corina zum Mittagessen verabredet gewesen, wegen der Sanne, beim Häusl-Wirt. Da ist ihm prompt eine Leiche bei der Großhesseloher Brücke dazwischengekommen, und der Wenzel, wohl zufällig beim Häusl, hat Witterung aufgenommen. Während die Corina sich über Sandners SMS geärgert hat, musste er sie angeschwanzelt haben. Gleich die Saat ausgebracht. »Sind Sie nicht? – und blablabla.« Gekannt hat er sie von einer Beerdigung oder einem kollegialen Ringelpiez.
    Anfangs war dem Sandner die Turtelei wurscht wie ein chinesischer Reissack, aber er hat gemerkt, dass der Wenzel den gestelzten Gockel gibt, sich aufplustert, als wäre der Sandner frisch geschlüpft auf dem Hof. Da

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