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Der Sandner und die Ringgeister

Der Sandner und die Ringgeister

Titel: Der Sandner und die Ringgeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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gelegen, ein paar Straßen weiter, im Neuperlacher Krankenhaus.
    Ganz in Gedanken verharrt der Sandner vor seiner Wohnungstür. Kurz lauscht er, dann sperrt er auf.
    Im Gang stehen ein paar Frauenstiefel.
    Auf der Couch liegt die Apfelmaid und schläft. Der Tisch ist übersät mit den Resten von Ömers Lunchpaket und diversen Flaschen.
    Er setzt sich in einen Sessel und beobachtet sie.
    Den Mund hat sie halb geöffnet, einen Arm unter dem Kopf. Plötzlich ruckt sie hoch, verwirrter Ausdruck in den Augen. »Scheiße!«
    »Des sagst du immer, wenn du mich siehst.« Es ist ihm gar nicht aufgefallen, dass er sie duzt. Warum sollte man jemanden siezen, den man nachts auf seinem Sofa vorfindet?
    »Das hätt ich auch gekonnt.« Er zeigt auf die Flaschen.
    »Was heißt das?«, herrscht sie ihn an. Die verwaschene Stimme steht ihr gut.
    »Na ja, ich hab mir gedacht, Gespräch unter Frauen. Und die Kathrin?«
    »Liegt besoffen in deinem Bett. Wollt nicht nach Haus in ihrem Zustand – Gespräch unter Frauen, ganz klar. Weißt du was? Du bist so was von einem Arschloch, Herr Sandner.«
    Er nimmt sich ein Glas und schenkt sich einen Rest Rotwein ein.
    »Ja, das kann sein.«
    »Das darf nur ich sagen, nicht du. Komm mir nicht mit Selbstmitleid, ruf mir lieber ein Taxi.«
    »Gleich. Was habts ihr ...?«
    »Geht dich bestimmt nichts an.«
    Er nickt. Schweigend trinkt er.
    Sie greift sich die Whiskyflasche und trinkt ohne Glas. Husten muss sie.
    »Musst du die Scheißmütze auflassen, du siehst aus wie ... ach, ist egal.«
    »Genauso will ich grad ausschauen – egal.«
    Dass sie jetzt aufsteht, unsicher schwankend, auf ihn zukommt und ihm die Mütze vom Kopf reißt, schiebt der Sandner auf fortgeschrittenes Trunkenheitsstadium. Sie winkt ab. »Auch nicht besser.«
    Er nimmt ihr die Whiskyflasche aus der Hand.
    »I glaub, ich muss aufholen.«
    »Einen Scheiß musst du.«
    Wer jetzt wen küssen wollte, kommt nicht so recht raus. Passieren tut es jedenfalls. Von Abwarten keine Spur. Dann lässt sich die Apfelmaid auf ihn plumpsen, oder es ist unvermeidlich, wegen der leidigen Geschichte mit dem Gleichgewicht. Eintauchen könnte er in das Gefühl, den weichen Körper der Frau und ihren Geruch. Schmecken möchte er sie, aber es ist ein Kübel Eiswasser, weil der Schmerz ihn beim Wickel packt.
    »Was hast’n?«, will sie wissen, wie es ihm das Gesicht verreißt. Er verändert seine Lage, nimmt einen Schluck, schnauft auf.
    »In die Eier hams mir treten, heut Mittag.«
    »Kein Wunder, das wünscht sich bestimmt die halbe Stadt. Und – hast du sie wenigstens gleich erschossen, ja?«
    »Ned wirklich.«
    »Auch schade.«
    Sie macht sich los und schwankt zurück zur Couch. Selbst das sieht tänzerisch aus. Der Sandner steht auf.
    »Wenn du duschen gehst, lass die Flasche da. Und bild dir nichts ein«, sagt sie.
    Auf dem Tisch liegt ein Packerl Marlboro light, Kathrins Marke. Die Apfelmaid steckt sich eine an und beobachtet ihn. Sogar Rauchringe kann sie. Wenn du duschen gehst – das Taxi scheint keine Priorität mehr zu haben. Verstören, damit er handelt.

Wie das Handy spielt, fährt der Sandner aus dem Schlaf. Nackt auf dem Sofa liegt er. So wie das bisherige Leben ihn gemeißelt hat. Nicht gerade Michelangelo, aber auch nicht VHS Anfängerkurs. Allein ist er. Geschunden kommt er sich vor, als wär er im Foltermuseum zu Rothenburg Bestandteil einer Live-Demonstration gewesen. Zerkratzt und mit Bissspuren bis hinauf zum Hals. Sauber. In der Nase hat er ihren Grasgeruch. Wittern muss er, der Jagdhund in ihm, dass ihm nichts verloren geht. Obwohl gerädert, ist er aufgeräumt. Er schaut an sich herunter. Den vielen unwahrscheinlichen Dingen, in die er in seinem Leben hineinstolpern durfte, kann er wieder eines hinzufügen. Heute Nacht hat sich die Apfelmaid mit ihm eingelassen. Nein – zammgepackt haben sie sich, wie die Biber.
    Der eine bleibt auf bis in der Früh, phantasiert sich händeringend die Dirndln herbei und hat am Ende einen staubtrockenen Schlund und einen nassen Bauch vor Einsamkeit und Fleischesgusto. Der andere braucht sich nur zur Seite drehen und das Hirn ausknipsen, da spürt er etwas Weiches, Warmes, Empfängliches neben sich, und das ist weder die Heizdecke noch die Katz. Gerecht mag das nicht sein, aber biochemisch ausgefuchst, mit Pheromonen und Dopamin und was ein Körper alles brauen mag. Manchmal braucht es kaum Worte dazu. Wenn zwei Bescheid wissen und auf kleiner Flamme köcheln, plapperst du nur, um den

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