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Der Sang der Sakije

Titel: Der Sang der Sakije Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Seidel
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einen spärlichenSchlammkranz erzeugte, der ein Asyl für einige große Frösche war. Diese Frösche hatten schauerliche Kraft in ihrer Stimme. Im Zwielicht begannen sie ihr klebriges Schnarchen, so heftig und unermüdlich, daß es weit über die Straße scholl. Um die stammlosen Palmenarten, deren Wedel dicht auf der Erde saßen, und um die Feigenbäume und Zierkakteen schwelte tagsüber gleißender Sonnenglast, und all das Pflanzenwesen war vom Straßenstaub vieler Monate bepudert.
    Es war ein Garten der Verlassenheit, er hatte etwas Mumienhaftes und stand gleichsam mit blinden Blättern im Tag ...
    Durch das Haus jedoch wehte die Kühle frischer Wäsche und anheimelnd einfacher Eleganz. Während Jane verschwand, ließ sich Daûd wie gewöhnlich in eine Unterhaltung mit dem Personal ein: einer irischen Köchin, deren unschönes Gesicht dem Klima eine scharlachrote Farbe verdankte, der Zofe, einem hübschen, blassen Ding, das mit Eingeborenen nur aus der Entfernung verhandelte, dem sanften, dummen Dongolaner, der aufzuräumen hatte, und schließlich dem uralten, weißbärtigen Bauwab, der, wenngleich er stets in einem Dämmerzustand lebte, seinen Pflichten noch wie ein gespensterhaftes Uhrwerk nachkam. Er paßte gut in den Garten, dieser Bauwab. Er hatte sein Häuschen und seine Bank beim Eingangstor, und sein halberloschener Blick hellte sich in keiner Gemütsbewegung mehr auf, ebensowenig, wenn er irgendeinen Besuch passieren ließ. Zuweilen betrank er sich an schlechtemWhisky, doch nur an Tagen, wo man dieser Verfehlung nicht auf die Spur kommen konnte. Dann geschah es auch, daß er mit hohler Stimme zu singen anhob, es den Fröschen gleichtat und sie an Ausdauer schier überbot ...
    Jetzt kam Mr. John mit seinem Sohn von einem Gang nach der Zitadelle zurück. Sie waren erhitzt und hungrig, und in der Küche begann man mit Geschirr zu klappern. Daûd machte sich proper, putzte sich und goß sich Wasser über den Kopf. Er hatte ein Kammerchen neben der Badestube inne: das war eine Bevorzugung, die er zu schätzen wußte, denn dem Neger gönnte man nur eine Matratze unter der Treppe.
    – – – Ein leiser Gongschlag dröhnte durch das Haus, der sich zu einer ausgelassen schotternden Tonorgie steigerte. Daûd stand am Geländer, oberhalb des offenen Flurs, und verkündete: »Dinner is on the table!« – Er berauschte sich an dem Lärm, bis der Honorable Aldridge etwas Gereiztes hinaufrief. Dann ließ er die Tonwellen abflauen und hielt das Kupferbecken noch eine Weile lauschend ans Ohr.
    Jetzt tröpfelte die Familie aus den Zimmern hervor: der Vater im Smoking, die Mutter im leichten Hauskleid von Crêpe de Chine, der Sohn und die Tochter frisch gewaschen und gekämmt: alle bereit, mit den netten kleinen Zeremonien soignierter Abendländer ihren gesunden Appetit zufriedenzustellen. Daûd schleppte die Gänge in das Dining-room. Das, was die Leute aßen, gefiel ihm nicht. Aber doch servierte ergern und klinkte die Tür jedesmal mit einer leisen Erwartung auf, denn dann sah ihm Percys Gesicht, oval und herb, vom Oberlicht einer grün verhangenen Glühbirne bestrahlt, tolerant liebenswürdig entgegen: – ein Ausdruck, der leider zweifellos mehr dem Eßeifer als der natürlichen Sympathie zu Daûd zuzuschreiben war.
    Und Daûd servierte – er tat es mit Geschick. Man war zufrieden ... er ging, schwere Schüsseln auf fünf gespreizten Fingern balancierend, wie er es bei den Sudanesen in Luksor gesehen, mit derselben gewinnsüchtig-rücksichtsvollen Geschicklichkeit umher ... geflüsterte Wünsche nahm er mit der gleichen leisen Andacht entgegen – verruchtes Sakrileg wäre es gewesen, hätte er einmal herausgekichert oder lärmend geäußert, daß ihm wohl zumute, daß er der Situation gewachsen sei.
    Er zauberte Weinflaschen hervor, er ließ Gänge, die gut gemundet, in zweiter Auflage gleichsam aus dem Nichts entstehen. Zwischendurch, wenn es weniger zu tun gab, stand er maßvoll und gespannt auf dem Teppich und versenkte seinen Blick tief und etwas melancholisch in Percys gleichgültig-reines Profil – bis ihn ein neuer Auftrag aufscheuchte oder der so gründlich Betrachtete ihn durch ein belangloses Scherzwort wieder zu emsiger Hantierung bewog.
    Zuweilen; vor der Tür, mit geleerten Tellern beladen, verzog er sein Gesicht zu einer ermüdeten Grimasse, zu einem Anflug von gelangweiltem Trotz,der seine Pupillen vergrößerte und seine ausdruckslose Unterlippe noch tiefer als gewöhnlich herabzog.
    Es gab etwas,

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