Der Sang der Sakije
irgendein Name in der Tafelrunde fiel, schwamm eine Welle von breit verrinnendem Gelächter hinter ihm her. Denn diese Namen waren samt und sonders obszöne Spitznamen, die sich die Männer untereinander gaben, und sie erhielten auf diese Weise stets eine gleichmäßige Heiterkeit wach.
»Da hast du recht gesprochen«, erwiderte Abu-Katkûs. »Es ist ein schlechter Mensch, der ihn wegnimmt, Allah vertilge seine Art.«»Sage mir doch,« rührte sich jetzt Mohammed-Abu'l-Sikr, der »Vater des Taumels« (so zubenannt, weil er sich am schnellsten betrank), »sage mir doch, Abu-Katküs, wie geschah es, daß du diesen da aufgefunden hast?«
»Das ist sehr einfach zu erläutern, o Mohammed-Abu'l-Sikr. Er kam die Gasse herab; er war wie ein Weidenzweig, und mein Herz neigte sich ihm zu. So kamen wir ins Gespräch miteinander, und ich erkannte seine ungemeinen Talente und setzte ihn hinter meine Schuhe. Allah weiß: es war kein schlechter Handel.«
Daûd dankte ihm für diese Schmeichelei, indem er die Geste der Begrüßung andeutete.
»Eins jedoch zerbricht mir den Kopf«, fuhr der Vater des Taumels fort und wandte sich an Daûd. »Dein ehrenwerter Name ist ein Bauernname, und wenn ich dich ansehe, so kann ich nicht glauben, daß du in der Eselskrippe auf die Welt gekommen seist.«
Dieser Punkt schien der ganzen Gesellschaft schon Gedanken gekostet zu haben; denn sie belohnten die Frage mit Beifall und machten sich auf die Eröffnung gefaßt. Und Daûd, der bis jetzt als der Jüngste geschwiegen hatte, erkannte, daß die Zeit zu einer Aufklärung gekommen sei und zugleich die Möglichkeit für ihn, einen geheimnisvollen Glanz auf seinen Abgang zu werfen. Er räusperte sich darum und hielt folgenden bescheidenen Vortrag:
»Deine Frage, o Mohammed-Abu'l-Sikr, rührt an mein Herz, denn du hast wahrlich recht mit deiner Vermutung. Ich bin nicht der Sohn eines Zabal, einesDamûm, Zuggâba oder Gabâz – Fluch über solche Namen, denn sie hören sich an wie geblökt von Jungvieh, und ihr Geruch sticht in die Nase. Die Wege des Erbarmers sind unerforschlich; so hat er mich denn in die Grube gesetzt und mir die Bestallung der Sakije überwiesen. Als die Zeit reif war, hat er meinen Kopf erleuchtet und mir offenbart, daß ich von besserer Herkunft sei.«
»Das muß wahr sein«, unterbrach ihn Hassan-Abu-Kêf, der dickste unter den Männern. »Du bist fett und hell. Du bist kein Sprößling eines Mistschleppers, denn sonst wärst du nach Allahs Ratschluß und nach der Gepflogenheit der Umstände schwarz und dürr. Denn die Kinder von Affen sind Affen und keine Katzen. Da du aber keine Katze bist, Sohn des rechtgläubigen Unbekannten, so ist daraus zu schließen, daß du die Wahrheit sprichst, und daß unser eigenes Blut auch in deinen Adern rollt.«
»Gut gesprochen«, freute sich jetzt Habib-Mos-Tizi. »Denn wenn du als Fellache geboren wärst, so wärst du einer geblieben, und Abu-Katkûs hätte Bedenken getragen, diese seine ehrenwerten Freunde um deinetwillen zu einem Mahl zu versammeln. Denn die Fellachen bleiben Schweine ihr Leben lang; und Gesittung bleibt ihnen fremd. Und hätte man ihnen auch deine Erziehung angedeihen lassen, so hätte es nicht die Frucht getragen wie bei dir, weil du von besserem Blute bist. Wie sagt der Imam-el-Schâfei?« Habib-Mos-Tizi tremolierte und schob den krächzend geleiertenVers ein: »Wer die Unwissenden mit Wissen beschenkt, verdirbt sie, und wer, die es verdienen, abhält, frevelt!«
Habib-Mos-Tizi tat sich nicht wenig darauf zugute, daß ihm dieser Vers zur guten Stunde einfiel. Er hatte ihn kürzlich von einem seiner Kunden, einem halbverblödeten Schreiber, gehört und zufällig behalten. Er ließ, um gleichsam anzudeuten, daß er den Vortrag der folgenden Verse nur aus Bequemlichkeit unterlasse, die hohle Hand noch eine Weile im Nacken beben, wobei er verheißungsvoll und unverständlich grölte; und dann schwieg er und schlürfte ein Schlückchen Kognak, sich aus der Flasche bedienend, die der kluge Abu-Katkûs inzwischen von der Suffeh heruntergeholt.
»Was die Fellachen anlangt,« rührte sich jetzt Zedân-Jussef-el-Abaza, »so muß ich euch insgesamt eine höchst lächerliche Geschichte berichten, die mir neulich begegnet ist. Ich hatte ein Geschäft zu Edavi, in der Nähe von Kafr-el-Zaiat, und begleitete den Dorfschulzen nach Iskandrije. Als wir nun im Speisewagen saßen, sprach dieser Unerleuchtete: ›,Mein Bruder, du hast mich in ein Wirtshaus geführt statt in einen
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