Der Sang der Sakije
Rauchtisch..,
Als Daüd eintrat, erhob sich das Häuflein, und die Begrüßung fand statt.
»Dein Tag sei glücklich!« sprach Daüd.
Abu-Katküs erwiderte: »Sei glücklich und gesegnet!«
Hierauf setzte man sich nieder und schwieg eine Weile. Dann erkundigte sich Daüd beim Hausherrn (den er noch vor zwei Stunden gesehen): »Wie geht es dir?«
»Gelobt sei Gott!« meinte Abu-Katküs und bot Zigaretten an.
Aber Daüd ließ nicht locker: »Geht es dir gut?«
Was Abu-Katküs zu der Antwort veranlaßte: »Allah ist groß; ja, wahrlich, es geht mir gut«, und alle damitwieder zu einem kurzen Schweigen verdammte, damit man dem Brauche Genüge leiste ...
Alle tauschten – es waren fünf Männer – ähnliche Begrüßungsformeln mit Daûd aus, was einige Zeit in Anspruch nahm, gerade solange, als man brauchte, um das Essen zu bereiten. Endlich kam es in einem großen Napf serviert. Es war ein schwer gepfeffertes Mahl, denn Abu-Katkûs war ein Leckermaul. Die Reihenfolge, die man innehielt, herzhaft mit den Fingern zulangend, war die: Reis mit Huhn, Zwiebeln in Tunke, gebratener Hammel. Diesen letzteren zerzupfte man mit den Fingern... Nur Hassan-Abu-Kêf, einer der Geladenen, ein Juwelier, trug ein Taschenbesteck bei sich; doch benützte er die Gabel nur dazu, um das gewählte Stück herauszufischen und nahm es dann, bevor er es in den Mund steckte, mit den Fingern von dem lästigen Instrument herab... Hierauf erschien süßer Reis mit Sahne und roher Salat. Den Beschluß bildeten Wasser- und Zuckermelonen, Mangofrüchte und kleine saure Äpfel.
Man aß mit Genuß, Ausdauer und Hingabe, man verschlang ungeheure Portionen und kaute, daß der Schweiß von den Schläfen rann.
Als sich nun alle gesättigt hatten und sich gegenseitig mit kräftigem Aufstoßen bewiesen, daß die letzte Luft aus ihren dankbaren Mägen verdrängt sei, entfernten zwei kümmerliche, offenbar für diesen Zweck von der Straße gemietete Diener die spärlichen Reste des Mahles und trugen einen Messingkessel mit Wasser auf, in dem man sich mit großem Geplätscher die Händereinigte. Darauf nun ward eine Literkanne, hübsch ziseliert, an einem Stiel hereingetragen und in winzige Tassen ausgeschenkt. Der Dampf des Kaffees erhob sich lieblich. Sechs geblähte Nüstern schnupperten ihn befriedigt ein.
Man machte es sich noch bequemer als vorher; man lockerte die Schärpen und nahm halbliegende Stellungen ein. Lobsprüche über das Mahl, in tiefstem Baß vorgebracht, erfreuten Abu-Katkûs' Herz. Ungeheures Geschlürf begann, das brühheiße, braune Naß hüpfte in becherförmig vorgestreckte Lippen; verzückte Augen drehten sich zur Decke empor, gespreizte Finger deuteten das um sich greifende Urbehagen an.
Die Unterhaltung war nun auf dem Punkte angelangt, daß Abu-Katkûs Daûd in den Vordergrund schieben konnte. Er sang eine Hymne auf ihn, was Daûd mit verbindlicher Miene geschehen ließ; ja, er unterstrich die blumigen Bezeichnungen, die man auf ihn häufte, noch durch beständiges Kopfnicken. Er war völlig davon überzeugt, daß man eine Perle an ihm verlor. Dies meinten auch die anderen (alles ältere Männer von der Art des Gastgebers), und sie bedauerten einstimmig Abu-Katkûs' Entschluß.
»Allah weiß, daß mir flugs die Hände abfallen, wenn ich ihn gern von mir gebe...«, meinte Abu-Katkûs geräuschvoll. Und er fuhr fort, er gab die Gründe preis. Nun kam allerlei Erbauliches zutage; und Succetti-Pascha wurde nach drei Minuten hingerichtet. Ganze Mistwagen von Verleumdungen (und zum Teil berechtigten) fuhr Abu-Katkûs hinter ihm her. Er selbst reinigte sich dröhnend von jedem Verdacht; ja, er saß am Schluß gekränkt und vereinsamt da und duftete von Unschuld.
Alle wandten nun ihre Gesichter Daûd zu und betrachteten ihn gedankenvoll. Nachdem sie sein Bild gründlich in sich aufgenommen, brummten sie beifällig. Habib-Mos-Tizi zog sein goldenes Zigarettenetui hervor, öffnete es nicht ohne selbstgefällige Umständlichkeit und reichte es geöffnet zu Daûd herüber. Der Tabak war mit Ambra imprägniert und war recht teuer. Beifallgrunzend sah man diesem Akt der Großherzigkeit zu und folgte dem kostbaren Gegenstand mit den Augen, bis er wieder bei dem Spender verschwunden war.
Zedân-Jussef-el-Albaza tat den Mund auf und sprach: »Bei Gott, Abu-Katkûs, es ist wahrlich an dem, daß du es bedauern mußt, diesen Knaben dahinzugeben. Er hat eine gute Art und Weise, und der Erbarmer hat ihn wohlerschaffen.«
Jedesmal, wenn
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