Der Sarg: Psychothriller
darauf, dass es etwas Geschäftliches war, über das Herr Wiebking mit Ihrer Frau gesprochen hat?«
Glöckner hob die Schultern. »Inge erwähnte so etwas. Ich habe dann nicht weiter nachgefragt, aber immerhin hat er eine hohe Position in der Firma, die Inges Vater gehörte.«
»Und die jetzt Eva Rossbach gehört.«
»Wie gesagt, ich weiß nicht, worüber die beiden gesprochen haben. Vielleicht fragen Sie ihn besser selbst.«
»Ja, das werden wir tun.«
Menkhoff ging an Glöckner vorbei nach draußen, Reithöfer folgte ihm. Als sie im Auto saßen, sagte sie: »Wer hätte gedacht, dass
eine Zeitlang
in der Wiebking’schen Definition eineinhalb Wochen sind.«
Menkhoff nickte grimmig. »Auf das Gespräch mit Herrn Wiebking junior bin ich schon sehr gespannt. Wir werden gleich nachher noch mal zu ihm fahren, aber zuerst muss ich was essen. Hast du Hunger? Ich lad dich ein.«
Reithöfer warf ihm einen schmunzelnden Blick zu. »Wer kann einer solch charmanten Einladung schon widerstehen, Herr Hauptkommissar.«
13
Nur wenige Sekunden, nachdem Eva die Augen geöffnet hatte, wusste sie, wo sie sich befand, und die Erkenntnis entlud sich in einem langgezogenen Schrei, der ihr selbst durch Mark und Bein ging. Als ihr die Luft wegblieb, atmete sie gierig wieder ein und schrie erneut: »Nein, neiiiiiiiin.« Ihre Hände schnellten hoch und drückten kraftlos gegen den gepolsterten Deckel, die Füße stießen schon nach Zentimetern auf Widerstand. Sie kämpfte gegen die Panik an, die sich wie eine schwere, kratzende Decke über sie legte und ihr die Luft zum Atmen rauben wollte, sie brüllte sich selbst zu: »Nein, nicht, es nützt nichts, du weißt es doch.« Und doch begannen ihre Arme und Beine zu zucken in dem Drang, gegen die Wände und den Deckel des Sargs zu hämmern, in dem sie erneut eingeschlossen war. Ihr Atem ging stoßweise, aber sie zwang sich, nicht wild um sich zu schlagen. Sie musste Ruhe bewahren.
»O Gott, das ist kein Traum.« Sie erkannte ihre eigene Stimme nicht wieder. »Das ist real. Ich … ich bin eingesperrt. Das ist kein Traum. Kein Traum.« Beim letzten Wort brach ihre Stimme, die Panik überrollte sie. Sie bäumte sich auf und schlug wild um sich. Sie spürte keine Schmerzen, hatte keine Gedanken außer dem einen:
Ich muss raus.
Die Welt war ein Chaos aus dumpfen, wummernden Geräuschen und verdrehten Gliedmaßen, aus Schreien und einem schnell näherkommenden schwarzen Abgrund. Selbst als es wieder erste sinnvolle Bruchstücke des Denkens gab, war ihr ganzer Körper noch in unkontrollierter Bewegung. Schließlich wurden ihre Bewegungen langsamer und mündeten in einen letzten, kraftlos ausgeführten Schlag gegen die Seitenwand. Dann lag Eva still. Sie schnappte nach Luft, aber was sie mühsam einatmete, schmeckte alt und muffig. Die Atemluft wurde knapp. Sie hatte mit ihrem irren Gezappel zu schnell zu viel verbraucht. Das kostete sie nun wertvolle Minuten. Minuten ihres Lebens? Sie musste … ja, sie
musste
ruhiger werden, flacher atmen, Sauerstoff sparen. Ruhig, ja, ruhig war wichtig, wenn sie überhaupt eine Chance haben wollte.
Flach atmen, Eva, ganz flach.
Wie war es beim letzten Mal? Irgendwann war alles schwarz geworden, und dann war sie in ihrem Bett aufgewacht. Ja, in ihrem Bett, vielleicht würde sie gleich wieder in ihrem Bett liegen? Natürlich würde sie das. Es musste einfach so sein. Genau. Aber was, wenn nicht?
Flach atmen, ruhig bleiben. Nachdenken.
Was, wenn das letzte Mal nur ein Vorgeschmack auf das gewesen war, was noch kommen sollte? Was jetzt kam? Nein, nein, halt, das war nicht gut. Gar nicht gut. Keine guten Gedanken. Wenn man im einen Moment zu Hause in seinem Bett ist, und im nächsten eingeschlossen in einen Sarg, und gleich darauf wieder in seinem Bett aufwacht, dann ist das eindeutig ein Traum. Dann
musste
es ein Traum sein. Ein sehr realistischer, zugegeben, aber … ein Traum. Eva kicherte, und es hörte sich für sie selbst irre an. Sie lag jetzt wahrscheinlich in ihrem Bett und schlug wie wild um sich, und wenn sie gleich aufwachte, tat ihr wieder alles weh, und sie würde sich wundern, wie das sein konnte. Und dabei sah sie jetzt, hier, in diesem Traum-Sarg, vollkommen klar und wusste, wie alles zusammenhing. Ein böser, ein ganz übler Traum. Konnte man im Traum ersticken, wenn die Luft knapp wurde? Wieder kicherte sie, brach abrupt ab. War sie verrückt?
O nein, schlimmer Gedanke. Geh weg.
Vielleicht schlief sie ja gar nicht? Vielleicht lag sie schon
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