Der Sarg: Psychothriller
Polizisten das Blatt entgegen und sagte: »Können Sie das bitte nehmen? Das … das habe ich in meiner Küche gefunden. Ich weiß nicht, seit wann es schon da hängt, ich habe es erst vorhin bemerkt. Ich werde jetzt zu Dr. Leienberg in die Praxis fahren, ich kann jetzt nicht zu Hause bleiben.«
»Wo haben Sie das gefunden?«, fragte der Mann, während Eva hörte, wie sein Kollege auf der Beifahrerseite im Handschuhfach herumkramte.
»In der Küche, an meiner Pinnwand.«
Eine Hand tauchte neben der Schulter des Mannes auf und hielt ihm einen Gummihandschuh hin. Er streifte ihn über seine Linke und nahm ihr das Blatt dann aus der Hand. »Warten Sie bitte noch einen Moment, ich muss erst Hauptkommissar Menkhoff über diese Nachricht informieren.«
Menkhoff informieren? Das Letzte, was sie jetzt gebrauchen konnte, war dieser Menkhoff, der sie wieder mit seinen Fragen löchern würde. Dem schien es doch sowieso völlig egal zu sein, dass sie Todesängste ausstand. Eva schüttelte den Kopf. »Nein, ich … das geht nicht. Ich habe einen Termin.« Damit wandte sie sich ab und ging zurück auf ihr Grundstück. Keine drei Minuten später fuhr sie mit ihrem X 5 an den beiden Polizisten vorbei und sah im Rückspiegel, dass sie ihr folgten. Zumindest war sie auf diese Weise während der Fahrt halbwegs sicher.
Erkenne, dass du nicht allein bist. Er wird dich töten!
Die Nachricht ging ihr nicht aus dem Kopf. Plötzlich war keine Rede mehr von
vielleicht
. Was sollte das bedeuten? Zum wiederholten Mal fragte sie sich, wer ihr diese Botschaften schrieb und wieso derjenige zu wissen glaubte, was geschehen würde. War es der Täter selbst, der sie warnte? Aber weshalb sollte er sie vor sich selbst warnen, und warum sollte er dann in der dritten Person schreiben? Nein, es musste jemand anderes sein. Nur wer? Eva hoffte inständig, dass Dr. Leienberg ihr helfen konnte.
Sie parkte fast an der gleichen Stelle, an der sie auch bei ihrem letzten Besuch gestanden hatte. Die Tür vom Wartezimmer zu Leienbergs Therapieraum stand offen, als Eva hereinkam. »Kommen Sie gleich durch, Eva«, rief er ihr zu, ohne dass sie ihn sehen konnte. Als sie das Zimmer betrat, forderte er sie auf, die Tür hinter sich zu schließen. Er saß nicht an seinem Schreibtisch, sondern auf dem Stuhl schräg neben der Ledercouch. Nun stand er auf, kam auf sie zu und reichte ihr die Hand. »Guten Tag, Eva. Haben Sie sich von dem Schrecken der letzten Nacht erholt? Ich noch nicht.« Er sagte es freundlich, aber ohne dabei zu lächeln.
»Nein, das … ich habe eben schon wieder so eine Nachricht erhalten. Ich habe mittlerweile Angst, zu Hause zu sein, obwohl Polizisten vor meiner Tür stehen.«
Leienberg nickte und zeigte auf die Couch. »Machen Sie es sich bequem, dann redet es sich leichter.« Unsicher setzte sie sich hin und legte die Hände in den Schoß, doch er schüttelte den Kopf. »Nein, das ist nicht bequem genug. Legen Sie sich bitte hin, nur keine Angst.«
»Aber meine Schuhe …«
»Ziehen Sie sie einfach aus. Stellen Sie sich vor, Sie liegen zu Hause auf Ihrer eigenen Couch.«
Sie streifte die Sneakers ab, zog die Beine der Jeans gerade und legte sich dann auf den Rücken. Die Couch war wirklich sehr bequem, ein eingearbeiteter Wulst schmiegte sich angenehm um ihren Nacken. Sie sah zu Leienberg herüber, der mit übereinandergeschlagenen Beinen wieder auf dem Stuhl Platz genommen hatte. »Nein, sehen Sie nicht mich an, Eva, legen Sie den Kopf bitte gerade hin, und schließen Sie am besten die Augen.« Sie tat auch das.
»Dass Sie sich in Ihrem eigenen Haus nicht mehr wohl fühlen, ist vollkommen normal«, begann Leienberg mit sanfter Stimme. »Ein Haus oder eine Wohnung ist die sichere Burg, in die man sich zurückzieht, wenn man Schutz vor allem und jedem sucht oder auch einfach nur seine Ruhe haben möchte. Es ist ein sehr intimer Bereich, in dem wir unsere persönlichsten Dinge aufbewahren. Und der intimste Bereich darin ist das Schlafzimmer. Jemand ist in Ihr Haus und Ihr Schlafzimmer eingedrungen, ohne dass Sie etwas dagegen tun konnten. Damit hat er diesen intimen Bereich entweiht und Sie sehr verletzt und gedemütigt. Sie fühlen sich nun in Ihrem Haus nicht mehr geschützt, sondern wie auf einem Präsentierteller.«
Leienberg machte eine Pause, in der Eva Papier rascheln hörte. »Gibt es etwas Bestimmtes, worüber Sie mit mir reden möchten, Eva? Über die letzte Nacht vielleicht?«
»Ja. Nein. Ich meine, ich möchte über
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