Der Sarg: Psychothriller
möchten. Auch was das Gespräch mit meinem Sohn angeht. Bitte …«, er deutete auf die Stühle. »Setzen Sie sich doch bitte wieder.«
Menkhoff sah erneut zu Reithöfer, und als sie seinen Blick mit einem kaum sichtbaren Lächeln erwiderte, hätte er sie am liebsten umarmt.
»Also, das Gespräch mit Jörg …«, begann Wiebking, kam aber nicht weiter, weil Menkhoffs Telefon klingelte. »Entschuldigung«, sagte er, was ihm im gleichen Moment angesichts seines vorangegangenen Ausbruchs geradezu lächerlich vorkam, und nahm das Gespräch an.
»Mossner hier, wir haben ein Problem. Dr. Leienberg, der Psychiater, ist schwer verletzt. Er ist mit einer Statue niedergeschlagen worden.«
»Was zum Teufel ist passiert? Und was ist mit Eva Rossbach?«
»Sie ist verschwunden.«
42
Als sie in der Praxis von Dr. Leienberg ankamen, standen einige Streifenwagen vor der Tür und die Fahrzeuge der Kollegen von der Spurensicherung. Der Psychiater war schon mit einem Krankenwagen abtransportiert worden. Dominik Mossner ging mit ihnen in Dr. Leienbergs Therapieraum, wo ein ziemliches Durcheinander herrschte. Eines der drei großen Fenster war zerbrochen, Stühle waren ebenso umgekippt wie eine Stehlampe mit einem Glasschirm, dessen Scherben sich großflächig auf dem Boden verteilten. Dazwischen bewegten sich vorsichtig zwei Kollegen auf der Suche nach verwendbaren Spuren. Etwa in der Mitte des Raums lag eine Statue aus Glas auf dem Boden, an die Menkhoff sich erinnern konnte. Es war ein Golfspieler auf einem Marmorsockel, an dem nun getrocknetes, fast schwarzes Blut klebte. Die Statue war ihm schon bei ihrem ersten Besuch auf dem Schreibtisch des Psychiaters aufgefallen.
»Ein Wunder, dass er nach einem Schlag auf den Kopf mit diesem Ding überhaupt noch lebt«, sagte Mossner. »Aber ob er durchkommt, ist noch nicht sicher.«
»Schon eine Ahnung, was passiert ist?«
»Nein, leider nicht. Wir sind hinter Frau Rossbach hergefahren und haben draußen gewartet, als sie hier reingegangen ist. Nach etwa zwanzig Minuten gab es plötzlich einen Knall und ein Klirren, und wir sahen, dass eine Fensterscheibe im Erdgeschoss des Hauses zerbrochen war. Wir sind dann gleich raus und haben auf der Straße eine demolierte Tischlampe liegen sehen, die jemand durch die Scheibe geschmissen haben muss. Wir sind ins Haus und durch den Flur ins Wartezimmer. Diese Tür hier zum Behandlungszimmer stand offen, und als ich ein Stück weit darauf zuging, sah ich gleich, dass etwas nicht stimmte. Ich bin dann rein, und da lag der Doktor reglos auf dem Boden mit blutüberströmtem Kopf.«
»Und von Eva Rossbach keine Spur?«
»Nein, nichts, außer denen da.« Mossner machte noch einen Schritt nach vorne und zeigte auf ein Paar Schuhe, das unterhalb der Ledercouch lag. Es waren Damen-Sneakers, und Menkhoff glaubte sich zu erinnern, sie schon an Eva Rossbach gesehen zu haben. Auf einem Sessel neben der Couch lag ein Schal, der ihr ebenfalls gehörte, da war er sicher.
»Hm … sieht aus, als hätte sie den Raum nicht ganz freiwillig verlassen. Und ihr habt nicht gesehen, dass jemand die Praxis nach ihr betreten hat?«
»Nein. Aber wir haben eine Zeugin, die jemanden gesehen haben will, der auf der gegenüberliegenden Straßenseite gestanden und das Gebäude angestarrt hat.«
»Was? Welche Zeugin?«, fragte Menkhoff. »Was genau hat sie gesehen?«
»Sie wohnt direkt über der Praxis im ersten Stock. Ihr Küchenfenster geht zur Straße raus. Sie sagt, der Kerl hatte schulterlange Haare, und er trug eine Lederjacke mit einer Jeansweste darüber. Könnte von der Beschreibung her die Kutte eines Motorradclubs sein.«
»Und warum habt ihr diesen Kerl nicht gesehen?«
»Na ja, wir haben uns auf das Gebäude konzentriert, in dem Frau Rossbach war.«
»Kann es sein, dass dieser Mann das Haus betreten hat, ohne dass ihr es mitbekommen habt?«
Mossner zuckte mit den Schultern. »Das kann ich nicht vollkommen ausschließen.«
Menkhoff nickte, nicht gerade begeistert. »Wo ist die Zeugin?«
»Oben, in Ihrer Wohnung.«
»Ist die Fahndung nach Eva Rossbach schon raus?«
»Klar, läuft schon.«
Menkhoff gab Reithöfer ein Zeichen. »Jutta, komm mit, ich will hören, was die Zeugin gesehen hat.«
Die Tür zur Wohnung im ersten Stock stand offen. Menkhoff klopfte zweimal gegen den Rahmen und trat dann ein. Die Frau saß mit einer Polizistin in der Küche, die sich direkt rechts neben dem Eingang befand. Sie trug eine bunte Schürze und eine Brille mit
Weitere Kostenlose Bücher