Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sarg: Psychothriller

Der Sarg: Psychothriller

Titel: Der Sarg: Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
Vom Netzwerk:
mal ihr leibliches Kind, sondern nur ihre Stieftochter war. Und ich kann auch mehr als verstehen, dass sie daran zweifelt, dass ihr kleiner Bruder tatsächlich durch einen Unfall ertrunken ist.«
    »Und was sagst du zu ihrer Theorie, dass er noch lebt?«
    »Keine Ahnung, aber unmöglich ist in dieser Familie nichts.«

47
    Britta fühlte sich beschissen. Sie lief eine Straße entlang, ohne darauf zu achten, wo sie war. Sie hatte gesehen, dass er eine weitere Frau getötet hatte. Nicht, wie bei den beiden davor, nur geahnt oder gewusst, nein, sie hatte es dieses Mal
gesehen
. Es interessierte sie keinen Deut, ob irgendeine Schlampe lebte oder tot war. Was ihr aber zu schaffen machte, war, dass er zugelassen hatte, dass sie ihn beobachtete. Sie wusste, sie hätte das niemals sehen können, wenn er es nicht gewollt hätte, dazu war er viel zu schlau. Nein, dieser Scheißkerl hatte sie ganz bewusst angelockt, und dann hatte er so getan, als merke er nicht, dass sie ihn beobachtete. Sie war sicher, er hatte dieses Gefühl genossen, das Gefühl, dass er die Macht hatte, einen Menschen vor ihren Augen zu töten, ohne dass sie auch nur das Geringste dagegen tun konnte. Und dadurch, dass es dieses Mal anders war als bei den anderen zuvor, ließ er sie sogar wissen, dass er nun das ganz große Spektakel vorbereitete. Und noch etwas war ihr nun absolut klar geworden: Er würde sie alle mit in den Abgrund reißen. Eva, sie und sich selbst. Die vielen anderen drum herum interessierten sie nicht.
    Sie kam an eine Kreuzung und hielt an, sah sich nach allen Seiten um und versuchte sich zu orientieren. Es war nicht so einfach im Dunkeln, die Straßenbeleuchtung tauchte die Häuserzeilen in ein anderes Licht und zog ihnen zuweilen hässliche Masken an. Aber sie erkannte die Häuser, diese Kreuzung war nur einige Straßen von Evas Haus entfernt. Entschlossen bog sie nach rechts ab, dort würde sie an eine Bushaltestelle kommen.
    Britta hatte einen Entschluss gefasst, der ihr nicht leichtgefallen war: Sie würde zu den Bullen gehen, es war die einzige Möglichkeit, ihn aufzuhalten. Im Moment konnte sie zwar nicht einschätzen, welche Konsequenzen das im Einzelnen haben würde, aber es war ihr egal, alles war besser, als jetzt nichts zu tun. Die Frage war nur, ob er sie beobachtete. Wenn er das tat – und sie traute es dem Mistkerl ohne Zögern zu –, würde er wahrscheinlich versuchen, sie daran zu hindern. Mit einem Mal packte sie eine unbändige Wut. Sie hatte nicht die geringste Chance gegen ihn. Was immer sie tat, er würde es bemerken und sie davon abhalten.
    Britta beschleunigte ihre Schritte, denn sie hatte das Gefühl, dass ihr nicht mehr viel Zeit blieb. Die überdachte Bushaltestelle kam in Sicht. Nur noch etwa hundert Meter, dann hatte sie dieses erste Stück geschafft. Sie dachte daran, dass sie keine Ahnung hatte, wo sich das nächste Polizeirevier befand. Der Busfahrer würde es sicher wissen. Zum ersten Mal bereute sie, dass sie kein Handy hatte. Öffentliche Telefonzellen gab es fast keine mehr, und jemanden anzusprechen hatte keinen Zweck. Sie wusste, wie diese Spießer auf sie reagierten. Ihr würde weder jemand sein Telefon geben noch würde man ihr glauben, dass sie wusste, wer die Frauen lebendig begraben hatte, von denen ganz Köln in der Zeitung gelesen hatte.
    Sie erreichte die Haltestelle und überflog den Fahrplan. Sie hatte keine Uhr, wusste nur, dass es früher Abend sein musste. Wieder sah sie sich um. Was war das nur für eine verschissene Gegend hier? Piekfeine Häuser, aber kein Mensch weit und breit. Es würde ihr nichts anderes übrigbleiben, als zu warten. Die Busse fuhren im Abstand von 20  Minuten, es konnte also nicht ewig dauern, bis einer kam. Sie setzte sich auf die vergammelte Bank unter der Überdachung und betrachtete den überfüllten Mülleimer, in dem mehrere große Bierflaschen steckten. Ihr war kalt, und sie zog den Mantel fester um sich.
    Da war es wieder, dieses Ziehen im Hinterkopf. Meist kamen dann diese verdammten Bilder, diese Erinnerungen, gegen die sie nichts ausrichten konnte. »Nein«, sagte sie laut und presste die Fingerknöchel gegen die Schläfen. Sie musste irgendetwas tun, das durfte jetzt nicht schon wieder losgehen. »Scheiße«, stieß sie aus, »nicht jetzt, Scheiße, Scheiße.« Sie stampfte mit dem Fuß auf, dass es weh tat, sie zwickte sich in die Wange, sie …
    … möchte den Arm heben, um sich an der Nase zu kratzen, aber das geht nicht. Auch den anderen

Weitere Kostenlose Bücher