Der Sarg: Psychothriller
einem grauen Tischläufer stand eine knallrote Obstschale, und in diesem Stil ging es weiter. Menkhoff überlegte, dass er in einer solchen Atmosphäre nicht leben könnte, für seinen Geschmack wirkte das alles zu steril und ungemütlich, und daran änderte auch das verhältnismäßig sanfte Licht nichts, das eine dreiarmige Stehlampe an die Decke warf.
Sie setzten sich auf eine schwarze Couch, deren Oberfläche sich wie Samt anfühlte, und warteten, bis Wiebke Pfeiffer ihnen gegenüber Platz genommen hatte.
»Wie Ihnen meine Kollegin ja vorhin am Telefon schon gesagt hat, ist Frau Rossbach seit heute Mittag verschwunden«, begann Menkhoff. »Sie wurde aus der Praxis ihres Psychiaters entführt. Dr. Leienberg selbst liegt schwer verletzt im Krankenhaus, kann uns im Moment also auch nicht sagen, was vorgefallen ist.«
Wiebke Pfeiffer sah ihn entsetzt an: »O mein Gott. Burghard … Dr. Leienberg ist ein alter Freund von mir, müssen Sie wissen. Und ich habe ihn dazu überredet, Eva einen Termin zu geben.«
»Sie haben ihn überredet? Warum?«
»Nachdem Eva mir von diesen furchtbaren Träumen erzählt und mir dann auch noch ihre Verletzungen gezeigt hat, da habe ich ihr geraten, sich von Burghard Leienberg helfen zu lassen. Erst hat sie es abgelehnt, aber dann rief sie mich an und bat mich, sofort einen Termin für sie zu machen.«
Reithöfer sah von ihren Notizen auf. »Wissen Sie, woher der plötzliche Sinneswandel kam?«
»Nein, sie rief mich an und klang ziemlich aufgeregt. Sie sagte nur, ich solle schnellstmöglich einen Termin für sie machen, dann legte sie sofort wieder auf.«
»Hat Frau Rossbach mit Ihnen schon einmal über ihren Bruder Manuel gesprochen, der als Kind bei einem Unfall im Rhein ertrunken ist?«
Wiebke Pfeiffers Gesichtsausdruck veränderte sich schlagartig. Die Frage war ihr unangenehm, das spürte Menkhoff sofort. »Frau Pfeiffer, gibt es da etwas, das wir wissen sollten?«, hakte er nach.
»Nein, ich … Ich bin da in einer schwierigen Situation. Ich bin Evas einzige wirkliche Freundin, glaube ich, und … wenn sie mir etwas anvertraut und mich inständig darum bittet, nicht darüber zu reden, mit niemandem, dann … Ich weiß nicht, was ich jetzt tun soll, verstehen Sie?«
»Aber Sie wissen, dass Ihre Freundin verschwunden ist und wahrscheinlich in Lebensgefahr schwebt. Sollte das nicht ausreichen, Ihnen die Entscheidung leichtzumachen? Dahingehend, dass wir alles, und zwar restlos alles wissen müssen, um die Chance zu haben, Eva zu finden?«
»Ja, ich weiß, ja …«
»Frau Pfeiffer, geht es bei dem, was Frau Rossbach Ihnen im Vertrauen gesagt hat, darum, dass sie denkt, ihr Bruder sei noch am Leben?«, warf Reithöfer ein.
Wiekbe Pfeiffer sah sie ungläubig an. »Sie wissen davon?«
»Ja, von Frau Rossbachs Haushälterin.«
»Ah, Hildegard, ja, sie kennt Eva schon ihr ganzes Leben lang. Dann wissen Sie auch, dass Eva befürchtet, ihr Bruder könnte etwas mit dieser furchtbaren Sache zu tun haben?«
»Nein, wir haben es uns zwar gedacht, aber gesagt hat das so niemand.«
»Würden Sie uns bitte alles erzählen, was Sie darüber wissen?«, bat Menkhoff.
»Ja, also … Wenn Sie das mit ihrem Bruder sowieso schon wissen, dann verrate ich Ihnen kein Geheimnis mehr.« Sie stockte. »Ach, entschuldigen Sie, ich bin ganz durcheinander, ich habe Ihnen ja noch gar nichts angeboten. Möchten Sie ein Wasser? Oder vielleicht einen Saft?«
Menkhoff hatte tatsächlich einen trockenen Hals. »Ja, ein Wasser wäre prima, danke.«
Als sie mit einer Wasserkaraffe und Gläsern zurückkam, sagte Menkhoff: »Da fällt mir ein, was macht die Suche nach der Wohnung für Herrn Wiebking?«
Sie stellte die Gläser vor ihnen ab und füllte sie mit Wasser. »Ich war noch nicht sehr erfolgreich, er hat ganz konkrete Vorstellungen, das wird etwas dauern. Aber Sie sind nicht der Erste, der sich heute nach ihm erkundigt. Sein Vater hat hier angerufen und nach ihm gefragt. Er sagte, er sei heute Nachmittag einfach nicht in der Firma erschienen, und niemand wisse, wo er sei.«
»Hm … Seltsam. Sein Vater und Sie kennen sich?«
»Ja, durch Eva, und er hat wohl mitbekommen, dass ich für Jörg eine Wohnung suche.«
»Ah, verstehe. Ist Herr Wiebking bekannt dafür, dass er einfach so nicht an seinem Arbeitsplatz erscheint?«
»Das weiß ich nicht. Wir kennen uns doch kaum, bis auf … na ja, Sie wissen schon.«
»Also gut, Herr Wiebking wird sicher wieder auftauchen. Dann erzählen Sie
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