Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch
folgendermaßen:
Vierfach fließen durch die Hölle Flüsse,
dunkler Qualen Quelle:
Der Cocytus, Acheron,
Styx und Pyriphlegeton.
Eis und Feuer, Gift und Schlamm,
nimm davon je hundert Gramm.
Mix’ im Shaker flott und flink
Lügenpunsches Basis-Drink.
Wie jeder gut ausgerüstete Labor-Zauberer hatte auch Irrwitzer alle vier Substanzen in ausreichender Menge vorrätig. Während er sie zusammensuchte und dann andächtig in einem Spezialshaker mixte, las Tyrannja den nächsten Punkt vor:
Jetzo brauchst du flüssiges Geld:
Leg zehntausend Taler fest,
die du auf der ganzen Welt
armen Leuten abgepreßt.
Flüssig mache nur den Zins –
dreieinviertel Liter sind’s.
Schütte sie ins Glas hinein,
wahre den gesetzlichen Schein!
Wie man Geld flüssig machte, war der Hexe selbstverständlich bekannt. Binnen kurzem glänzten die dreiviertel Liter im Punschglas aus Kaltem Feuer. Ein goldener Schein verbreitete sich im Raum.
Nun goß Irrwitzer seine Höllenflüssigkeit aus dem Shaker dazu, und das Leuchten erlosch. Schwarz wie die Nacht war nun der Sud, aber da und dort durchzuckten ihn Blitze, die wie pochende Adern aussahen und sogleich wieder verschwanden.
Die dritte Anweisung lautete:
Krokodilstränen mußt du vergießen
in reichlicher Menge (soviel du vermagst),
und lasse sie tropfenweis fließen,
indem du dein Opfer beklagst.
Nach kräftiger Rührung (doppelt gemeint)
misch den geweinten Wein
in die vorige Mischung hinein,
bis sich beides völlig vereint.
Das war nun natürlich schon etwas schwieriger, denn böse Zauberer und Hexen können ja, wie schon gesagt wurde, keine Tränen vergießen - nicht einmal falsche. Aber hier wußte nun wieder Irrwitzer Rat.
Er erinnerte sich nämlich, daß er mehrere Flaschen eines besonders ertragreichen Jahrgangs solcher Krokodilstränen in seinem Keller gelagert hatte. Ein gewisses Staatsoberhaupt, das zu Irrwitzers Vorzugskunden gehörte, hatte sie ihm vor Zeiten zum Geschenk gemacht. Er holte die Flaschen herauf - es waren sieben Stück - und nachdem er deren Inhalt in das schwarze Gebräu gegossen und heftig umgerührt hatte, verfärbte sich die Flüssigkeit abermals und wurde nach und nach rot wie Blut.
So ging es immer weiter, einmal wußte Irrwitzer, was zu tun war, das andere Mal Tyrannja. Von ihrem gemeinsamen bösen Willen beflügelt, arbeiteten sie so mühelos zusammen, als hätten sie nie im Leben etwas anderes getan.
Nur einmal kam es doch noch zum Streit, nämlich als sie zu einer Stelle kamen, die folgendermaßen lautete:
Nimm vom Hirnschmalz eine Menge
(miß genau und irre nicht!),
die exakt der halben Länge
deiner Lieblingsfarb’ entspricht.
Wie man die Länge einer Farbe mißt, war ihnen beiden durchaus klar, da lag nicht das Problem. Die Uneinigkeit entstand über der Frage, wessen Lieblingsfarbe hier gelten sollte. Tyrannja bestand darauf, daß es die ihre sein müsse, weil der Teil der Pergamentrolle, auf dem diese Anweisung stand, ihr gehörte. Irrwitzer dagegen versteifte sich darauf, daß es sich nur um seine Lieblingsfarbe handeln könne, da das ganze Experiment in seinem Labor stattfand. Wahrscheinlich wären sie über diesen Punkt nicht so bald einig geworden, wenn sich nicht zu ihrer beider Erleichterung herausgestellt hätte, daß die Hälfte von Schwefelgelb ganz genau gleich lang war wie die Hälfte von Giftgrün. So löste sich auch diese Frage.
Nun wird gewiß niemand ernstlich erwarten, hier die ganze Liste aller Zutaten abgedruckt zu finden, die zur Bereitung des satanarchäolügenialkohöllischen Wunschpunsches erforderlich sind. Der Grund, darauf besser zu verzichten, liegt nicht nur darin, daß eine solche vollständige Liste diese Geschichte über Gebühr in die Länge ziehen würde (immerhin war die Rezeptrolle ja etwa fünf Meter lang), sondern viel mehr noch in einer wohlbegründeten Sorge: Es ist ja niemals vorherzusehen, in wessen Hände ein Buch wie dieses hier geraten wird, und es soll niemand in Versuchung geführt werden, sich möglicherweise selbst an das Brauen dieses diabolischen Getränks zu machen. Es gibt sowieso schon viel zu viele Leute vom Schlage Irrwitzers und Tyrannjas auf der Welt. Der vernünftige Leser wird deshalb um Verständnis dafür gebeten, daß hier der größte Teil der Angaben übersprungen werden muß.
Jakob Krakel und Moritz saßen zu Füßen des Münsterturms, der sich wie eine riesenhafte, vielfach gezackte Gebirgswand in den Nachthimmel erhob. Beide hatten den Kopf weit in den Nacken gelegt
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