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Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch

Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch

Titel: Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ende
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nicht aus einem alten Rittergeschlecht, und meine Vorfahren waren auch nicht aus Neapel. Ehrlich gesagt, ich weiß nicht mal genau, wo das überhaupt ist. Und ich heiße auch nicht Maurizio di Mauro, das hab’ ich mir bloß ausgedacht. In Wirklichkeit heiße ich Moritz - einfach bloß Moritz. Du weißt wenigstens, wer deine Eltern waren - ich weiß nicht einmal das, weil ich in einem feuchten
    Kellerloch unter lauter streunenden, verwilderten Katzen aufgewachsen bin. Da hat mal die eine, mal die andere Mutter gespielt, wie’s eben grade so kam und wer grade Lust hatte. Die anderen Katzenkinder waren alle immer viel stärker als ich, wenn’s ums Futter ging. Darum bin ich so klein geblieben und mein Appetit so groß. Und ein berühmter Minnesänger bin ich erst recht nie gewesen. Ich hab’ noch nie eine schöne Stimme gehabt.«
    Es war eine Weile still.
    »Warum hast du’s dann erzählt?« fragte Jakob nachdenklich.
    Der Kater überlegte.
    »Ich weiß auch nicht recht«, gab er zu. »Es war eben der Traum meines Lebens, verstehst du? Ich wäre so gern ein berühmter Künstler geworden - groß und schön und elegant, mit einem seidigen, weißen Pelz und einer wundervollen Stimme. Eben einer, den alle lieben und bewundern.«
    »Hm«, machte Jakob.
    »Es war eben nur ein Traum«, fuhr der kleine Kater fort, »und ich habe eigentlich immer gewußt, daß er nie Wirklichkeit werden kann. Deswegen habe ich einfach so getan, als ob alles wahr wäre. Meinst du, das war eine große Sünde?«
    »Keine Ahnung«, schnarrte Jakob, »von Sünden und solchem frommen Zeugs versteh’ ich nix.«
    »Aber du - bist du mir jetzt böse deswegen?«
    »Böse? Ach Quatsch - ein bißchen plemplem find’ ich dich. Aber das macht nix. Du bist trotzdem ganz in Ordnung.«
    Und für einen Augenblick legte der Rabe seinen zerrupften Flügel um den Freund.
    »Und wenn ich mir’s überleg’«, fuhr er dann fort, »gefällt mir der Name Moritz eigentlich nicht so übel, im Gegenteil.«
    »Nein, ich meine, weil ich doch überhaupt kein berühmter Sänger bin.«
    »Werweiß«, sagte der Rabe tiefsinnig, »ich hab’s schon erlebt, daß Lügen nachträglich wahr geworden sind - und dann waren’s gar keine.«
    Moritz blickte seinen Weggefährten ein wenig unsicher von der Seite an, weil er nicht ganz verstanden hatte, was der meinte.
    »Glaubst du, ich könnte es noch werden?« fragte er mit großen Augen.
    »Wenn wir lang genug leben...«, antwortete Jakob, mehr für sich.
    Der kleine Kater fuhr aufgeregt fort: »Ich habe dir doch schon von Oma Mia erzählt, der alten, weisen Katze, die so viele geheimnisvolle Dinge wußte. Sie wohnte auch bei uns im Kellerloch. Jetzt ist sie schon lange beim Großen Kater im Himmel, wie alle anderen, außer mir. Kurz ehe sie starb, hat sie mir etwas gesagt: >Moritz<, sagte sie, >wenn du wirklich jemals ein großer Künstler werden willst, dann mußt du alle Höhen und Tiefen des Lebens kennenlernen; denn nur wer die kennt, kann alle Herzen erweichen.« Ja, das hat sie gesagt. Aber verstehst du, was sie damit gemeint hat?«
    »Na«, antwortete der Rabe trocken, »die Tiefen hast du ja nun schon so ziemlich erlebt.«
    »Meinst du?« fragte Moritz erfreut.
    »Klar«, krächzte Jakob, »viel tiefer geht’s ja wohl kaum mehr, Käterchen. Jetzt fehlen dir bloß noch die Höhen.«
    Und schweigend wanderten sie weiter durch Schnee und Wind.
    Fern am Ende der Straße ragte der Turm des großen Münsters in den nächtlichen Himmel.

    Inzwischen war im Labor die Arbeit bereits in vollem Gang.
    Als erstes ging es darum, die verschiedenen Substanzen zusammenzusuchen, die zur Herstellung des satanarchäolügenialkohöllischen Wunschpunsches erforderlich waren. Der lange Pergamentstreifen lag auf dem Fußboden ausgerollt und war mit Bücherstapeln beschwert, damit er sich nicht wieder zusammenwickelte.
    Nachdem Irrwitzer und Tyrannja noch einmal gründlich die Gebrauchsanweisung am Anfang durchstudiert hatten, fingen sie nun mit dem eigentlichen Rezept an. Beide standen über den Text gebückt und entzifferten, was da geschrieben stand. Das wäre für Nicht-Zauberer ganz unmöglich gewesen, denn es handelte sich um eine ungeheuer komplizierte Geheimschrift, den sogenannten Infernal-Code. Doch dessen Entschlüsselung beherrschten sie beide aus dem FF. Außerdem waren die Angaben über die nötigen Grundsubstanzen anfangs noch relativ leicht verständlich.
    In unserer Schrift geschrieben lautete der Beginn des Rezeptes

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